Bei Einkünften aus einem in Spanien belegenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb wird nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. b Doppelbuchst. ee DBA-Spanien die spanische Steuer auf die deutsche Steuer angerechnet. Ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb fällt nach dem DBA-Spanien nicht unter den Begriff des Unternehmens und kann damit keine Betriebstätte begründen.

Die Besteuerung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft wird durch das DBA-Spanien nicht gehindert. Art. 6 Abs. 1 DBA-Spanien weist zwar das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen dem Spanischen Staat als dem Vertragsstaat zu, in dem das unbewegliche Vermögen liegt; die Bundesrepublik Deutschland ist jedoch als Wohnsitzstaat nicht an einer Besteuerung dieser Einkünfte gehindert. Nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. b Doppelbuchst. ee DBA-Spanien wird auf die deutsche Steuer von den aus Spanien stammenden Einkünften aus unbeweglichem Vermögen die spanische Steuer angerechnet, die nach diesem Abkommen gezahlt worden ist, „sofern dieses Vermögen nicht zu einer in Spanien gelegenen Betriebstätte tatsächlich gehört“. Das Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Spanien steht damit Deutschland zu, denn es handelt sich hierbei in Einklang mit jener Regelung um Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen, die nicht zu einer in Spanien belegenen Betriebstätte tatsächlich gehören.
Dem Begriff des „unbeweglichen Vermögens“ im Rahmen des Art. 23 Abs. 1 Buchst. b Doppelbuchst. ee DBA-Spanien ist keine andere Bedeutung beizumessen als dem in Art. 6 DBA-Spanien. Es ist aus dem Abkommen nicht ersichtlich, dass der Begriff in einem anderen Sinne gebraucht wird. Dazu hätte es eines ausdrücklichen Hinweises in dem Abkommen bedurft[1]. Zu den Einkünften aus unbeweglichem Vermögen gehören auch die Einkünfte aus land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, da dort die Nutzung von Grund und Boden im Vordergrund steht[2]. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass Art. 6 Abs. 1 DBA-Spanien – anders als Art. 6 Abs. 1 des Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and Development zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen – keinen Klammerzusatz enthält, wonach Einkünfte aus land- und forstwirtschaftlichen Betrieben zu den Einkünften aus unbeweglichem Vermögen gehören. Denn es handelt sich bei dem angesprochenen Zusatz lediglich um eine Klarstellung und nicht um eine definitorische Erweiterung[3].
Der Begriff der „Betriebstätte“ in Art. 23 Abs. 1 Buchst. b Doppelbuchst. ee DBA-Spanien knüpft an die Definition der Betriebstätte in Art. 5 DBA-Spanien an. Aus dem Abkommen selbst ist nicht ersichtlich, dass der Begriff in einem anderen Sinne gebraucht wird. Dazu hätte es wiederum eines ausdrücklichen Hinweises in dem Abkommen bedurft[4]. Auch sprechen die Sachzusammenhänge und die systematischen Verknüpfungen zwischen dem sog. Verteilungsartikel des Art. 6 DBA-Spanien einerseits und dem sog. Methodenartikel des Art. 23 Abs. 1 DBA-Spanien andererseits dafür, dass beiden Regelungen ein einheitliches Verständnis des Begriffs der Betriebstätte zugrunde liegt, auch wenn sich der Verteilungsartikel in erster Linie an den jeweiligen Quellenstaat, der Methodenartikel aber an den Wohnsitzstaat richtet[5].
Nach Art. 5 Abs. 1 DBA-Spanien bedeutet der Ausdruck „Betriebstätte“ eine „feste Geschäftseinrichtung, in der die Tätigkeit des Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird“. Vorausgesetzt wird damit die Existenz eines Unternehmens, wobei der Begriff des Unternehmens selbst im DBA-Spanien nicht näher definiert wird. Denn in der allgemeinen Begriffsbestimmung in Art. 3 Abs. 1 Buchst. g DBA-Spanien wird der Begriff des Unternehmens bereits vorausgesetzt. Soweit das Finanzgericht aus der fehlenden abkommensrechtlichen Definition indes schließt, es sei für die Auslegung auf die nach dem deutschen innerstaatlichen Recht maßgebliche Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen des § 15 Abs. 2 EStG 1997 abzustellen, pflichtet der BFH dem nicht bei. Was als Unternehmen anzusehen ist, muss vielmehr (zunächst) unter Berücksichtigung des Wortlauts und des Zwecks des Art. 5 DBA-Spanien sowie seines systematischen Zusammenhangs mit anderen Abkommensbestimmungen ermittelt werden[6]. Der Unternehmensbegriff ist daher primär aus Art. 7 DBA-Spanien zu bestimmen[7]. Er lässt sich mittelbar durch die in Art. 7 DBA-Spanien angelegte Abgrenzung zu Art. 6 Abs. 1 und Art. 14 DBA-Spanien ableiten. Abkommensrechtlich fällt damit alles, was als Land- und Forstwirtschaft i.S. des Art. 6 Abs. 1 DBA-Spanien anzusehen ist, nicht unter den Begriff des Unternehmens i.S. des Art. 7 DBA-Spanien und kann damit auch keine Betriebstätte begründen[8]. Dies folgt letztlich aus dem abkommensrechtlichen Prinzip des Vorrangs der speziellen Einkunftsart, das als Sachgesetzlichkeit bei der Auslegung von Abkommensbestimmungen zu beachten ist[9].
Dieses Ergebnis wird für das DBA-Spanien auch durch Art. 6 Abs. 4 DBA-Spanien bestätigt, der explizit von „Einkünften aus unbeweglichem Vermögen eines Unternehmens“ in Abgrenzung zu Einkünften aus unbeweglichem Vermögen, das der Ausübung eines freien Berufs dient, spricht. Aus dem Zusammenhang mit Art. 6 Abs. 1 und 2 DBA-Spanien ergibt sich eine weitere Abgrenzung zu Einkünften land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, die eben keine „Unternehmen“ im Sinne des DBA-Spanien darstellen. Aus der klarstellenden Formulierung in Art. 6 Abs. 4 DBA-Spanien, wonach auch „Unternehmen“ Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen beziehen können, kann (umgekehrt) dagegen nicht abgeleitet werden, dass ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb als „Unternehmen“ anzusehen ist und damit eine Betriebstätte begründen kann[10]. Eine derartige Auslegung ist dem Wortlaut nicht zu entnehmen und lässt das abkommensrechtliche Prinzip des Vorrangs der speziellen Einkunftsart unberücksichtigt.
Soweit das Finanzgericht schließlich mit Teilen des Schrifttums davon ausgeht, dass der Begriff der Betriebstätte in Art. 5 Abs. 1 DBA-Spanien keine Eingrenzung auf eine bestimmte Einkunftsart vornehme[11], vermag dem der Bundesfinanzhof nicht zu folgen. Auch diese Auslegung wird dem Abkommenszusammenhang nicht gerecht.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 27. Oktober 2011 – I R 26/11
- vgl. BFH, Urteil vom 19.05.1982 – I R 257/78, BFHE 136, 363, BStBl II 1982, 768; Herlinghaus in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 23 Spanien Rz 25; Suchanek, IStR 2007, 654, 657[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 12.12.1990 – I R 127/88, BFH/NV 1992, 104, sowie Reimer in Vogel/Lehner, DBA-, 5. Aufl., Art. 6 Rz 35[↩]
- vgl. Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., MA Art. 6 Rz 16; Herlinghaus in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 6 Spanien Rz 1; Suchanek, IStR 2007, 654, 656; Ellsel in Gosch/Kroppen/Grotherr, DBA-, Art. 6 DBA-Spanien Rz 1; differenzierend Reimer in Vogel/Lehner, a.a.O., Art. 6 Rz 52[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 136, 363, BStBl II 1982, 768 zur Auslegung des Begriffs des unbeweglichen Vermögens[↩]
- s. auch BFH, Urteil vom 04.06.2008 – I R 62/06, BFHE 222, 255, BStBl II 2008, 793, zu der Abkommenslage bei typisch stillen Beteiligungen nach Abschn. 11 Satz 2 des Schlussprotokolls i.d.F. des Ergänzungsprotokolls vom 15.06.1973, BGBl – II 1978, 111, zu den Art. 5, 7 und 13 DBA-Luxemburg[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 27.01.1972 – I R 37/70, BFHE 105, 8, BStBl II 1972, 459, zum DBA-Schweiz 1931 vom 15.07.1931 i.d.F. des Zusatzprotokolls vom 20.03.1959, BStBl I 1959, 1006[↩]
- Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., MA Art. 3 Rz 23[↩]
- vgl. Vogel in Vogel/Lehner, a.a.O., Art. 3 Rz 41a; Görl in Vogel/Lehner, a.a.O., Art. 5 Rz 11; Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., MA Art. 6 Rz 16a; ders. in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., MA Art. 5 Rz 26; ders. in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., MA Art. 7 Rz 15, 44; Ellsel in Gosch/Kroppen/Grotherr, a.a.O., Art. 6 DBA-Spanien Rz 10; Erhard in Flick/Wassermeyer/Kempermann, Doppelbesteuerungsabkommen DeutschlandSchweiz, Art. 3 Rz 112; Strunk/Kaminski in Strunk/Kaminski/Köhler, AStG/DBA-, Art. 3 OECD-MustAbk Rz 21; Suchanek, IStR 2007, 654, 656; vgl. auch BMF, Schreiben vom 23.03.1982, BStBl I 1982, 372[↩]
- Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., MA Art. 7 Rz 16a, 44; vgl. hierzu auch BFH, Urteil vom 23.10.1996 – I R 10/96, BFHE 182, 51, BStBl II 1997, 313[↩]
- so aber Reimer in Vogel/Lehner, a.a.O., Art. 6 Rz 43a, 204[↩]
- vgl. hierzu auch Herlinghaus in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 23 Spanien Rz 25; Grotherr in Gosch/Kroppen/Grotherr, a.a.O., Art. 23 DBA-Spanien Rz 27; Debatin, Der Betrieb 1988, 1285[↩]