Ausfuhrerstattung für Rindfleisch ohne BSE-Schnelltest

Eine Ausfuhrerstattung für Rindfleisch ist ausgeschlossen, wenn sich die ordnungsgemäße Durchführung des BSE-Schnelltests nicht nachweisen lässt.

Ausfuhrerstattung für Rindfleisch ohne BSE-Schnelltest

Nach Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 1 und 2 der im Streitfall anzuwendenden VO Nr. 800/1999 wird Ausfuhrerstattung nicht gewährt, wenn die Erzeugnisse am Tag der Annahme der Ausfuhranmeldung nicht von gesunder und handelsüblicher Qualität sind. Dieser Anforderung entsprechen die Erzeugnisse nur, wenn sie im Gebiet der Union unter normalen Bedingungen und der im Erstattungsantrag aufgeführten Bezeichnung vermarktet werden können und, falls diese Erzeugnisse zur menschlichen Ernährung bestimmt sind, ihre Verwendung zu diesem Zweck aufgrund ihrer Eigenschaften oder ihres Zustands nicht ausgeschlossen oder wesentlich eingeschränkt ist. Es handelt sich hierbei um eine materielle Voraussetzung für die Gewährung von Ausfuhrerstattungen[1]. Das im Streitfall ausgeführte Rindfleisch erfüllte diese materielle Voraussetzung nicht.

Wie der Bundesfinanzhof bereits entschieden hat[2], waren Rinder im Alter von über 24 Monaten gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung zur fleischhygienerechtlichen Untersuchung von geschlachteten Rindern auf BSE vom 01.12.2000[3] in der Fassung der ersten Änderungsverordnung vom 25.01.2001[4] im Rahmen der Fleischuntersuchung mit einem unionsrechtlich anerkannten Test (Schnelltest) in einem dafür zugelassenen Labor zu untersuchen. Die Anwendung dieser nationalen und unionsrechtlichen Vorschriften ist im vorliegenden Fall nicht im Streit, so dass insoweit wegen der Einzelheiten auf die Ausführungen in vorgenanntem Urteil verwiesen werden kann.

Die vorgeschriebenen Schnelltests sind „sonstige Untersuchungen“ i.S. des § 5 Abs. 3 Nr. 4 Fleischhygiene-Verordnung (FlHV[5]), deren Durchführung mit negativem Ergebnis- Voraussetzung für die Beurteilung des Fleischs als tauglich zum Genuss für Menschen ist (§ 10 Fleischhygienegesetzes (FlHG) i.V.m. § 6 Abs. 1 FlHV)), ohne die es nicht in Verkehr gebracht werden darf. Ein nicht durchgeführter oder nicht den Vorschriften entsprechender Schnelltest steht daher der Verkehrsfähigkeit des Fleischs entgegen. In einem solchen Fall ist die materielle Erstattungsvoraussetzung der gesunden und handelsüblichen Qualität der Ausfuhrerzeugnisse nicht erfüllt.

Der Nachweis der Erstattungsvoraussetzung der gesunden und handelsüblichen Qualität der Ausfuhrerzeugnisse ist zu verlangen, falls die zuständige Behörde insoweit Zweifel äußert[6]. Zu der Frage, wann solche Zweifel berechtigt sind und die Nachweispflicht auslösen, hat sich der EuGH in jenem Verfahren, in dem es um Rindfleisch ging, das möglicherweise trotz des bestehenden Ausfuhrverbots aus dem Vereinigten Königreich verbracht worden war, nicht erklärt, sondern hat „gewisse Anhaltspunkte“, das ausgeführte Rindfleisch „könnte“ dem Ausfuhrverbot unterliegen, ausreichen lassen, um dem nationalen Gericht die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen zu überlassen.

Der Bundesfinanzhof hat in einem Parallelverfahren aus jenem EuGH-Urteil die Auffassung hergeleitet, Anhaltspunkte, die das Verlangen eines Nachweises der gesunden und handelsüblichen Qualität rechtfertigten, könnten sich nicht nur aufgrund der Beschaffenheit und anderer objektiver Merkmale der Ausfuhrware, sondern auch aus sonstigen, diese Ware mittelbar betreffenden Erkenntnissen ergeben, und hat in Anbetracht der Verdachtsmomente gegen den Lieferanten des Ausführers die Schlussfolgerung der Vorinstanz, es bestehe ein erheblicher Verdacht, dass die ausgeführten Erzeugnisse dem Ausfuhrverbot unterlegen hätten, als möglich und rechtlich nicht zu beanstanden angesehen[7].

Im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall ergibt sich, dass der Schlachthof ES – X in dem Zeitraum, in welchen die streitige Ausfuhr der Klägerin fällt, mit einem Labor zusammengearbeitet hat, das während dieser Zeit durch fehlerhaft durchgeführte BSE-Schnelltests aufgefallen war und gegen das daraufhin auch strafrechtliche Ermittlungen wegen Verstoßes gegen das FlHG geführt wurden. Da Teile der streitigen Ausfuhrsendung von vorgenanntem Schlachthof bezogen worden waren, liegen somit die Ausfuhrerzeugnisse mittelbar betreffende Erkenntnisse vor, wonach diese nicht dem fleischhygienerechtlich vorgeschriebenen BSE-Schnelltest unterzogen worden sein könnten. Hierbei handelt es sich um eine konkret in Betracht zu ziehende Möglichkeit und nicht lediglich um einen vagen Verdacht oder eine ins Blaue hinein geäußerte Vermutung des Hauptzollamt, weshalb es gerechtfertigt erscheint, den Nachweis zu verlangen, dass die streitige Ausfuhrsendung Fleisch enthielt, welches einen ordnungsgemäß durchgeführten BSESchnelltest durchlaufen hatte. Die Schwelle für das Erfordernis eines solchen Nachweises hoch anzusetzen, verbietet sich insbesondere angesichts der vom EuGH hervorgehobenen gesteigerten Prüfungspflicht bei unionsrechtlichen Anforderungen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit vor schweren Krankheiten und Epidemien[8].

Der Umstand, dass dieser Nachweis eines ordnungsgemäßen BSESchnelltests und damit der gesunden und handelsüblichen Qualität der ausgeführten Erzeugnisse nicht erbracht worden ist, wirkt sich zum Nachteil des Ausführers aus, da er insoweit die Feststellungslast zu tragen hat[9].

Es kommt auch nicht auf die Überlegungen des Finanzgericht an, in welchem Maß ein BSEBefall des ausgeführten Rindfleischs oder einer der im betreffenden Labor fehlerhaft untersuchten Proben wahrscheinlich oder unwahrscheinlich ist. Da dem Ausführer nicht ein in beliebiger Weise zu erbringender Nachweis obliegt, dass das ausgeführte Rindfleisch aus BSE-freien Beständen stammt, sondern die gesunde und handelsübliche Qualität auszuführenden Rindfleischs einen unionsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Schnelltest (mit negativem Ergebnis) erfordert[10], stellt sich vielmehr die entscheidende Frage, inwieweit es wahrscheinlich oder unwahrscheinlich ist, dass die Ausfuhrerzeugnisse in dem betreffenden Labor fehlerhaft getestet wurden. Dass diese Möglichkeit aber in einer zu vernachlässigenden Weise unwahrscheinlich ist und somit nichts gegen die gesunde und handelsübliche Qualität der Erzeugnisse spricht, kann nicht angenommen werden. Eine angenommene gewisse Wahrscheinlichkeit für die Herkunft des Fleischs von BSE-freien Rindern kann nach alledem einen fehlenden ordnungsgemäß durchgeführten Schnelltest nicht ersetzen.

Zweifellos befindet sich der Ausführer in einer schwierigen Beweislage, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass ein mit der fleischhygienerechtlichen Probenuntersuchung befasstes Labor, mit dem er keinen unmittelbaren Geschäftskontakt hat, nicht sorgfältig oder fehlerhaft gearbeitet hat. Dies rechtfertigt aber weder eine Beweislastumkehr, da die Beweislage des Hauptzollamt nicht etwa besser und das Fehlverhalten des Labors auch nicht wie das Finanzgericht meint- seiner Sphäre zuzuordnen ist, noch kommt es in Betracht, das Vorliegen einer fehlenden erstattungsrechtlichen Voraussetzung zu fingieren, weil der Ausführer ihr Fehlen nicht zu vertreten hat[10].

Bundesfinanzhof, Urteil vom 26. Januar 2012 – VII R 24/10

  1. EuGH, Urteil vom 01.12.2005 C-309/04 [Fleisch-Winter], Slg. 2005, I-10349[]
  2. BFH, Urteil vom 24.08.2010 – VII R 47/09, BFHE 231, 437, ZfZ 2010, 334[]
  3. BGBl I 2000, 1659[]
  4. BGBl I 2001, 164[]
  5. in der Fassung der Bekanntmachung vom 29.06.2001, BGBl I 2001, 1366[]
  6. vgl. EuGH, Urteil in Slg. 2005, I-10349, Rz 35[]
  7. BFH, Beschluss vom 08.02.2008 – VII R 21/03, BFH/NV 2008, 1219, Rz 20; vgl. auch BFH, Beschluss vom 30.07.2010 – VII B 187/09, BFH/NV 2011, 86, sowie das vorangegangene Urteil des FG Hamburg vom 25.06.2009 – 4 K 85/08[]
  8. vgl. EuGH, Urteil in Slg.2005, I10349, Rz 33[]
  9. vgl. EuGH, Urteil in Slg.2005, I10349, Rz 35[]
  10. vgl. BFH, Urteil in BFHE 231, 437, ZfZ 2010, 334[][]