Außensteuergesetz – und die Hinzurechnungsbesteuerung

Bei der Ermittlung der dem Hinzurechnungsbetrag zugrunde liegenden Einkünfte (§ 10 Abs. 3 Satz 1 AStG) sind im Falle von Geschäftsbeziehungen zwischen (Kapital-)Gesellschaft und Gesellschafter zu nicht fremdüblichen -d.h. durch das Gesellschaftsverhältnis bestimmten- Bedingungen die hierdurch veranlassten Einkünfteminderungen und verhinderten Einkünfteerhöhungen ebenso wie die Zuführungen zum Gesellschaftsvermögen in entsprechender Anwendung von § 8 Abs. 3 Satz 2 bzw. Satz 3 KStG -mithin durch den Ansatz von vGA und verdeckten Einlagen- zu korrigieren.

Außensteuergesetz – und die Hinzurechnungsbesteuerung

Die Grundsätze des EuGH-Urteils „Cadbury Schweppes“[1] zur Rechtfertigung der britischen Hinzurechnungsbesteuerung sind auch im Bereich der §§ 7 ff. AStG zu beachten. Von der Hinzurechnungsbesteuerung ist hiernach jedenfalls dann abzusehen, wenn die der Hinzurechnung unterliegenden Einkünfte auf einer „wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeit“ und damit auf einer von der Zwischengesellschaft selbst ausgeübten Tätigkeit beruhen.

Die §§ 7 bis 14 AStG regeln den inländischen Steuerzugriff auf Gewinne aus ausländischen Zwischengesellschaften ohne aktive Geschäftstätigkeit. Der inländischen Besteuerung unterliegen dabei auch thesaurierte Gewinne aus sog. passiven Tätigkeiten i.S. von § 8 Abs. 1 AStG. Rechtsgrundlage für die Zurechnung der Einkünfte der C Ltd. ist § 14 Abs. 1 AStG, der die Hinzurechnungsbesteuerung bei sog. nachgeschalteten Zwischengesellschaften in der Weise regelt, dass niedrig besteuerte passive Einkünfte einer ausländischen Untergesellschaft im Wege der sog. übertragenden Zurechnung anteilig einer ausländischen Obergesellschaft (im Streitfall: der B B.V.) zuzurechnen sind (sog. Zurechnungsverfahren). Der so zugerechnete Betrag ist Grundlage der Hinzurechnungsbesteuerung gemäß § 7 Abs. 1 und 2 AStG bei dem inländischen Anteilseigner der Obergesellschaft.

Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 AStG sind die dem Hinzurechnungsbetrag zugrunde liegenden Einkünfte in entsprechender Anwendung der Vorschriften des deutschen Steuerrechts zu ermitteln. Demgemäß sind im Falle von Geschäftsbeziehungen zwischen (Kapital-)Gesellschaft und Gesellschafter zu nicht fremdüblichen -d.h. durch das Gesellschaftsverhältnis bestimmten- Bedingungen die hierdurch veranlassten Einkünfteminderungen und verhinderten Einkünfteerhöhungen ebenso wie die Zuführungen zum Gesellschaftsvermögen in entsprechender Anwendung von § 8 Abs. 3 Satz 2 bzw. Satz 3 KStG- mithin durch den Ansatz von verdeckten Gewinnausschüttungen (vGA) und verdeckten Einlagen- zu korrigieren[2]. Dem steht das Rechtsinstitut der Hinzurechnungsbesteuerung bereits deshalb nicht entgegen, da Gegenstand der Hinzurechnung die von der ausländischen Zwischengesellschaft als eigenes Rechtssubjekt erzielten Einkünfte sind[3].

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall bedeutete dies: Ausgehend von den tatsächlichen und den Bundesfinanzhof bindenden Feststellungen der Vorinstanz sind die an die C Ltd. geleisteten Lizenzzahlungen der anderen Konzerngesellschaften als vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG an die Obergesellschaft als inländische Muttergesellschaft zu werten, die alsdann von der Obergesellschaft im Wege der verdeckten Einlage über die B B.V. in das Vermögen der C Ltd. geleistet wurden.

Das Finanzgericht Münster[4] hat hierzu in der Vorinstanz erläutert, dass die Urheberkontakte durch die (anderen) Gesellschaften im Namen der C Ltd. auf Buchmessen in der Ukraine, in Russland und anderen russisch-sprachigen Staaten hergestellt wurden und die C Ltd. (lediglich) administrative Aufgaben wahrgenommen hat. Zur Frage, ob die C Ltd. auf Zypern einer wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgegangen sei, hat das Finanzgericht ausgeführt, die C Ltd. habe ihre wirtschaftliche Kernfunktion nicht selbst von Zypern aus ausgeübt und nicht selbst das Personal beschäftigt, das erforderlich gewesen wäre, um ihr Kerngeschäft, den Ankauf, die Verwaltung und die Weitergabe von Lizenzen gegen Entgelt, selbständig zu betreiben. Die wesentlichen, den Unternehmensgegenstand der C Ltd. charakterisierenden unternehmerischen Entscheidungen seien nicht auf Zypern, sondern durch die in Russland und der Ukraine ansässigen Konzerngesellschaften der Obergesellschaft getroffen worden. Wenn hiernach -was auch von der Obergesellschaft nicht bestritten wird- das „know-how“ des Verlagsgeschäfts bei den Konzerngesellschaften lag, ist es nicht ersichtlich, dass ein ordentlicher und gewissenhaft handelnder Geschäftsleiter dieser Gesellschaften (Rechtsfigur entsprechend den Bedingungen des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG) bereit sein konnte, für die Erlangung von Unterlizenzen an die C Ltd. ein höheres Entgelt als im Falle der Einräumung einer Hauptlizenz zu entrichten. Tut er dies dennoch, handelt er im Interesse des Konzerns und damit aus Gründen, die im Gesellschaftsverhältnis zur Muttergesellschaft (hier: Obergesellschaft) liegen. Demgemäß sind die entsprechenden Zahlungen bei der C Ltd. als verdeckte Einlage der Obergesellschaft zu erfassen[5] mit der weiteren Folge, dass die Zwischeneinkünfte in entsprechender Höhe auf der Grundlage des § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG zu mindern sind.

Dieser einlagebedingten mindernden Korrektur des Zurechnungsbetrags stehen weder § 8 Abs. 3 Satz 4 noch Satz 5 KStG entgegen. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Regelungen, die im Sinne einer materiellen Korrespondenz die Sicherung der Einmalbesteuerung bezwecken[6], sind nicht erfüllt.

Nach § 8 Abs. 3 Satz 4 KStG erhöht sich das Einkommen bei der die Einlage empfangenden Körperschaft, soweit eine verdeckte Einlage das Einkommen des (die Einlage leistenden) Gesellschafters gemindert hat. Letzteres ist hier nicht der Fall, weil sich das Einkommen der Obergesellschaft im Zuge der Leistungsbeziehungen der Konzerngesellschaften nicht gemindert hat.

Nach § 8 Abs. 3 Satz 5 KStG gilt die in Satz 4 der Regelung angesprochene Erhöhung des Einkommens auch für eine verdeckte Einlage, die auf einer vGA einer dem Gesellschafter nahestehenden Person beruht und bei der Besteuerung des Gesellschafters nicht berücksichtigt wurde, es sei denn, die vGA hat bei der leistenden Körperschaft das Einkommen nicht gemindert. Diese Regelung zielt auch in sog. Dreieckskonstellationen auf die Sicherung der Einmalbesteuerung, entweder beim Gesellschafter als Empfänger der (mittelbaren) vGA durch die nahestehende Person oder beim Begünstigten der durch den Gesellschafter bewirkten Einlage durch die Rückausnahme von der Regelung des Satzes 3.

Die Sperrwirkung des § 8 Abs. 3 Satz 5 KStG scheitert im Streitfall am Tatbestandsmerkmal der Nichtberücksichtigung der vGA beim Gesellschafter. Denn die vGA wäre, wenn sie bei der Veranlagung der Obergesellschaft Berücksichtigung gefunden hätte, bei der Obergesellschaft als Körperschaftsteuersubjekt gemäß § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG steuerfrei gewesen.

Bestimmend hierfür ist zum einen, dass die Freistellung der vGA nicht nach Maßgabe von § 8b Abs. 1 Satz 2 KStG ausgeschlossen ist. Zwar ist nach dieser Vorschrift die Steuerfreiheit zu versagen, wenn die vGA das Einkommen der leistenden Gesellschaft gemindert hat. Die Regelung steht jedoch in sog. Dreiecksfällen nach der Gegenausnahme des § 8b Abs. 1 Satz 4 KStG unter dem Vorbehalt, dass die vGA das Einkommen einer dem Steuerpflichtigen nahestehenden Person erhöht hat und die Anwendung des § 32a KStG auf die Veranlagung der nahestehenden Person keine Anwendung findet. An beidem besteht im Streitfall mit Rücksicht auf die mittelbare Alleinbeteiligung der Obergesellschaft an der C Ltd. sowie den Umstand, dass die Lizenzeinnahmen den in Zypern angesetzten Gewinn erhöht hat und schließlich auch die Veranlagung der C Ltd. nicht der Korrekturbestimmung des § 32a KStG unterliegt, kein Zweifel.

Tragend für die Beurteilung des Sperrwirkungstatbestands des § 8 Abs. 3 Satz 5 KStG, d.h. für die „Nichtberücksichtigung der vGA beim Gesellschafter“, ist zum anderen, dass es keinen Unterschied begründen kann, ob eine vGA im Rahmen der Veranlagung des Gesellschafters formal erfasst („berücksichtigt“) und sodann aber aufgrund der Steuerfreiheit wieder vom Gewinn abgesetzt oder ob sie -mit dem nämlichen Ergebnis- schlichtweg von vornherein nicht angesetzt worden ist[7]. Keine Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Regelung des § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG, derzufolge 5 % der Bezüge nach Abs. 1 der Vorschrift als nichtabziehbare Betriebsausgaben gelten (sog. Schachtelstrafe). Dies bereits deshalb, weil es sich nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs[8] bei der Schachtelstrafe nicht um eine partielle Rücknahme der Steuerbefreiung nach § 8b Abs. 1 KStG, sondern -entsprechend dem Gesetzeswortlaut- um eine typisierende und pauschalierende Kürzung von Betriebsausgaben handelt. Im Rahmen des § 8 Abs. 3 Satz 3 ff. KStG geht es indessen nicht um die Kürzung von Betriebsausgaben, sondern um die korrespondierende Erfassung von vGA und Einlagen in Dreiecksverhältnissen.

Für Einkünfte in der nach Maßgabe der Ausführungen zu 1. modifizierten Höhe -die sich demnach nur auf die die administrative Tätigkeit abgeltenden Einnahmen (und die damit im Zusammenhang stehenden Ausgaben) bezieht- ist ein Zurechnungsbetrag betreffend die C Ltd. nicht festzustellen. Sein Ansatz widerspräche den unionsrechtlichen Grundfreiheiten. Auch wenn die einfachrechtlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a AStG erfüllt sein sollten -was unter den Beteiligten umstritten ist; vom Finanzgericht aber so erkannt wurde-, stehen deren Rechtsfolge die unionsrechtlichen Maßgaben zur Gewährleistung der Grundfreiheiten entgegen.

Ist eine ausländische Gesellschaft allein oder zusammen mit unbeschränkt Steuerpflichtigen gemäß § 7 AStG an einer anderen ausländischen Gesellschaft (Untergesellschaft) beteiligt, so sind für die Anwendung der §§ 7 bis 12 AStG die Einkünfte der Untergesellschaft, die einer niedrigeren Besteuerung unterlegen haben, gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 AStG der ausländischen Gesellschaft zu dem Teil, der auf ihre Beteiligung am Nennkapital der Untergesellschaft entfällt, zuzurechnen, soweit nicht nachgewiesen wird, dass die Untergesellschaft diese Einkünfte aus unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 AStG fallenden Tätigkeiten oder Gegenständen erzielt hat oder es sich um Einkünfte i.S. des § 8 Abs. 1 Nr. 8 bis 10 AStG handelt oder dass diese Einkünfte aus Tätigkeiten stammen, die einer unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG fallenden eigenen Tätigkeit der ausländischen Gesellschaft dienen.

Das Finanzgericht hat hierzu erkannt, die C Ltd. habe mit ihren Einkünften die Voraussetzungen für die übertragende Zurechnung erfüllt. Die B B.V. sei als ausländische Gesellschaft Alleingesellschafterin der C Ltd. und damit i.S. von § 7 Abs. 1 AStG an dieser beteiligt gewesen; insoweit habe aus der Sicht der Obergesellschaft vermittels ihrer Alleinbeteiligung an der B B.V. eine (mittelbare) Alleinbeteiligung an der C Ltd. vorgelegen. Die Einkünfte der C Ltd. seien auch in Zypern i.S. von § 8 Abs. 3 AStG besteuert worden, da der dortige Körperschaftsteuersatz im Streitjahr 10 % betragen habe. Auch habe die Obergesellschaft nicht nachgewiesen, dass die C Ltd. ihre Einkünfte aus unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG fallenden (aktiven) Tätigkeiten erzielt habe; sie seien mithin als (passive) Einkünfte i.S. von § 8 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a AStG anzusehen.

Die Revision rügt insoweit die fehlerhafte Anwendung materiellen (und nationalen) Rechts. Dazu ist im Streitfall keine Entscheidung zu treffen, da von einer Zurechnung der Einkünfte der C Ltd. jedenfalls nach Maßgabe des EuGH-Urteils Cadbury Schweppes[9] abzusehen ist. Nach den vom Finanzgericht im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen, die das Revisionsgericht gleichfalls binden (§ 118 Abs. 2 FGO), sind entgegen der Rechtsansicht der Vorinstanz die Voraussetzungen einer „wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeit“ der C Ltd. im Ansässigkeitsstaat als sog. Gegenbeweis erfüllt.

Der EuGH hat in dieser Rechtssache[10], die die britischen Rechtsvorschriften über die Hinzurechnungsbesteuerung („Foreign-Companies-Regeln“) betraf, entschieden, dass Art. 43 und 48 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft i.d.F. des Vertrags von Nizza zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte -EG-[11], jetzt Art. 49 und 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union i.d.F. des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft -AEUV-[12] über die unionsrechtlich verbürgte Niederlassungsfreiheit dahin auszulegen sind, dass es ihnen zuwiderläuft, dass in die Steuerbemessungsgrundlage einer in einem Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft die von einer beherrschten ausländischen Gesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat erzielten Gewinne einbezogen werden, wenn diese Gewinne einem niedrigeren Besteuerungsniveau als im erstgenannten Staat unterliegen, es sei denn, eine solche Einbeziehung betrifft nur rein künstliche Gestaltungen, die dazu bestimmt sind, der normalerweise geschuldeten nationalen Steuer zu entgehen. Von der Anwendung einer solchen Besteuerungsmaßnahme ist folglich abzusehen, wenn es sich auf der Grundlage objektiver und von dritter Seite nachprüfbarer Anhaltspunkte erweist, dass die genannte beherrschte Gesellschaft ungeachtet des Vorhandenseins von Motiven steuerlicher Art tatsächlich im Aufnahmemitgliedstaat angesiedelt ist und dort wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeiten nachgeht. Diese Maßgabe[13] ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auf §§ 7 ff. AStG zu übertragen[14]. Der deutsche Gesetzgeber hat auf diese EuGH-Rechtsprechung mit der durch das Jahressteuergesetz 2008[15] in das Gesetz eingefügten Bestimmung des § 8 Abs. 2 AStG (AStG n.F.) reagiert, nach der Gesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der EU bzw. des Europäischen Wirtschaftsraums nicht Zwischengesellschaft für Einkünfte sind, für die nachgewiesen wird, dass die Gesellschaft insoweit einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht; diese Regelung ist gemäß § 21 Abs. 17 Satz 1 Nr. 1 AStG n.F. erstmals für den Veranlagungszeitraum, für den Zwischeneinkünfte hinzuzurechnen sind, die in einem Wirtschaftsjahr der Zwischengesellschaft entstanden sind, das nach dem 31.12 2007 beginnt, anzuwenden.

Die Rechtsgrundsätze des EuGH-Urteils Cadbury Schweppes[9] sind auch im Streitfall anzuwenden. Zwar ist § 8 Abs. 2 AStG n.F. nach seinem zeitlichen Anwendungsbereich nicht einschlägig (s.o.). Insoweit ist jedoch der Anwendungsvorrang des Primärrechts der EU und damit der unionsrechtlichen Grundfreiheiten vor nationalem Recht auch mit Blick auf die Steuerbelastungen der §§ 7 ff. AStG zu beachten[16]. Demgemäß ist dem Steuerpflichtigen der unionsrechtlich gebotene Gegenbeweis über seine tatsächlichen wirtschaftlichen Aktivitäten im Einzelfall auch vor Inkrafttreten des § 8 Abs. 2 AStG n.F. zu eröffnen[17].

Allerdings ist auch -umgekehrt und insoweit entgegen der Ansicht der Obergesellschaft- von einer solchen Prüfung nicht schon unter dem Gesichtspunkt abzusehen, dass die C Ltd. nicht von der Obergesellschaft errichtet wurde, sondern im Zuge des Erwerbs der Beteiligung an der B B.V. auf sie übergegangen ist. Dazu ist im angefochtenen Urteil vom Finanzgericht zutreffend ausgeführt worden, dass der EuGH in seiner Entscheidung Cadbury Schweppes[9] nicht darauf abgestellt hat, ob eine Steuerminderung durch die Nutzung einer vom Steuerpflichtigen gegründeten oder einer durch Rechtsnachfolge übernommenen Gesellschaft erreicht wird.

Nach Auffassung des EuGH in seinem Urteil Cadbury Schweppes[9] können nationale Maßnahmen, die die Niederlassungsfreiheit beschränken, gerechtfertigt sein, wenn sie sich speziell auf rein künstliche Gestaltungen beziehen, die darauf ausgerichtet sind, der Anwendung der Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaates zu entgehen[18]. Bei der Beurteilung des Verhaltens des Steuerpflichtigen ist insbesondere das Ziel der Niederlassungsfreiheit zu berücksichtigen, das darin besteht, es den Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats zu erlauben, in einem anderen Mitgliedstaat eine Zweitniederlassung zu gründen, um dort ihren Tätigkeiten nachzugehen, und so die gegenseitige wirtschaftliche und soziale Durchdringung auf dem Gebiet der selbständigen Erwerbstätigkeit innerhalb der Gemeinschaft zu fördern[19]. Der Niederlassungsbegriff soll dabei die tatsächliche Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung in diesem Staat auf unbestimmte Zeit erfordern, weshalb die Niederlassungsfreiheit eine tatsächliche Ansiedlung der betreffenden Gesellschaft im Aufnahmemitgliedstaat und die Ausübung einer wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeit in diesem voraussetzt[20].

Im Urteil Cadbury Schweppes[21] heißt es weiter: Eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit lässt sich nur dann mit Gründen der Bekämpfung missbräuchlicher Praktiken rechtfertigen, wenn das spezifische Ziel der Beschränkung darin liegt, Verhaltensweisen zu verhindern, die darin bestehen, rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltungen zu dem Zweck zu errichten, der Steuer zu entgehen, die normalerweise für durch Tätigkeiten im Inland erzielte Gewinne geschuldet wird[22]. Der Steuerpflichtige muss dabei die Gelegenheit haben, die in den gesetzlichen Regelungen zum Ausdruck kommende Missbrauchsvermutung zu widerlegen[23]. Dieser Gegenbeweis erfordert zum einen den Nachweis, dass das Hauptziel oder eines der Hauptziele der gewählten Gestaltung nicht in einer Steuerminderung bestand[24], die Gestaltung also nicht überwiegend steuerlich motiviert war (subjektives Element). Zum anderen muss anhand von objektiven Anhaltspunkten feststellbar sein (objektives Element), dass die Gründung einer beherrschten ausländischen Gesellschaft ungeachtet des Vorhandenseins von Motiven steuerlicher Art mit einer wirtschaftlichen Realität zusammenhängt, wobei die Gründung der Gesellschaft mit einer tatsächlichen Ansiedelung zusammenhängen muss, deren Zweck darin besteht, wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeiten im Aufnahmemitgliedstaat nachzugehen[25].

Zu den objektiven Anhaltspunkten für eine tatsächliche Ansiedelung gehören eine stabile und kontinuierliche Teilnahme am Wirtschaftsleben des Ansässigkeitsstaates[26], die Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung[20] und das Vorhandensein von Geschäftsräumen, Personal und Ausrüstungsgegenständen[27]. Führt die Prüfung solcher Anhaltspunkte zu der Feststellung, dass die beherrschte ausländische Gesellschaft keine wirkliche wirtschaftliche Tätigkeit im Aufnahmemitgliedstaat entfaltet, ist ihre Gründung als rein künstliche Gestaltung anzusehen[28]. Der Umstand, dass die Tätigkeiten der beherrschten ausländischen Gesellschaft ebenso gut im Ansässigkeitsstaat des beherrschenden Gesellschafters hätten ausgeführt werden können, lässt demgegenüber nicht den Schluss auf eine rein künstliche Gestaltung zu[29]. Wenn es sich auf der Grundlage objektiver und von dritter Seite nachprüfbarer Anhaltspunkte erweist, dass die beherrschte ausländische Gesellschaft ungeachtet des Vorhandenseins von Motiven steuerlicher Art tatsächlich im Aufnahmemitgliedstaat angesiedelt ist und dort wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeiten nachgeht, ist von der die Niederlassungsfreiheit beschränkenden Besteuerungsmaßnahme abzusehen[30].

Das Finanzgericht hat sich im angefochtenen Urteil in seiner unionsrechtlichen Prüfung ausschließlich auf die Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EG, Art. 49 AEUV) bezogen. Nach den Prüfungsgrundsätzen zum Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit einerseits und der Kapitalverkehrsfreiheit andererseits, die der Bundesfinanzhof in seinem Beschluss in BFHE 256, 223, BStBl II 2017, 615 dargestellt hat und die hier nicht zu wiederholen sind, ist allerdings auch der Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 EG, Art. 63 AEUV) eröffnet[31].

Für die Abgrenzung der objektiven Anwendungsbereiche ist unabhängig davon, ob (wie hier) tatsächlich ein „sicherer Einfluss“ auf die Unternehmensleitung bestanden hat[32], auf den Tatbestand der betreffenden nationalen Regelung abzustellen; die Hinzurechnungsbesteuerung des § 7 Abs. 1 AStG setzt zwar eine „Inländerbeherrschung“ voraus, zieht die Rechtsfolge aber unabhängig von der konkreten Beteiligungshöhe bei jedem unbeschränkt steuerpflichtigen Beteiligten.

Gleichwohl bedarf die Abgrenzung der Grundfreiheiten im anhängigen Verfahren keiner weiteren Erörterung, da jedenfalls die beschriebenen Maßgaben der EuGH-Rechtsprechung zum sog. Gegenbeweis unter dem Gesichtspunkt der sog. Konvergenz der Grundfreiheiten[33] auch den Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit konkretisieren[34]. Demgemäß kann dann auch dahinstehen, ob -wie in der Literatur geltend gemacht wird[35]– im Rahmen der Kapitalverkehrsfreiheit andere (z.B. nicht „ortsgebundene“) Nachweisanforderungen gelten.

Das Finanzgericht hat seine Würdigung im Ausgangspunkt zutreffend daran ausgerichtet, ob die beherrschte ausländische Gesellschaft (hier: C Ltd.) eine wirkliche wirtschaftliche Tätigkeit im Aufnahmemitgliedstaat (hier: Zypern) ausübt[36]. Soweit es hierbei „qualitative“ Substanzanforderungen formuliert hat, bedarf dies mit Rücksicht auf die nach den vorstehenden Ausführungen gebotene Kürzung des Hinzurechnungsbetrags um die Lizenzeinnahmen keiner Entscheidung durch den Bundesfinanzhof, da für die in den Räumlichkeiten der C Ltd. wahrgenommenen administrativen Aufgaben der Nachweis einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit (durch D) erbracht worden ist. Dies ist von den Beteiligten auch in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bekräftigt worden. Der Ansatz eines Hinzurechnungsbetrags aus dem hieraus erzielten Gewinn scheidet nach dem Vorstehenden aus.

Die Revision gegen das angefochtene Urteil ist -soweit der Hinzurechnungsbescheid angesprochen ist- unbegründet (§ 126 Abs. 2 FGO). Das Finanzgericht hat diesen Bescheid zu Recht als Folgebescheid angesehen, soweit es um die im anhängigen Verfahren streitigen Voraussetzungen der §§ 7 ff. AStG mit Blick auf die mittelbare Beteiligung der Obergesellschaft an der C Ltd. geht.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs[37] sind Einkünfte einer nachgeschalteten Zwischengesellschaft i.S. des § 14 Abs. 1 AStG nicht in dem Bescheid festzustellen, in dem über die Hinzurechnung von Einkünften der Obergesellschaft bei dem inländischen Anteilseigner entschieden wird (Hinzurechnungsbescheid). Vielmehr ist hierüber ein eigenständiger Feststellungsbescheid (Zurechnungsbescheid) zu erlassen, der Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. 10 AO für den Hinzurechnungsbescheid ist. Daran ist festzuhalten[38].

Soweit die Obergesellschaft vorträgt, dass der Gesetzeswortlaut von § 14 Abs. 1 Satz 1 und § 8 Abs. 2 AStG n.F. nicht eindeutig regele[39], ob die Substanzanforderungen bei einer nachgelagerten Zwischengesellschaft im Rahmen des Zurechnungs- oder des Hinzurechnungsbescheids zu prüfen sind, ist dies für den vorliegenden Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich, da § 8 Abs. 2 AStG n.F. -wie dargelegt- im Streitfall nicht anzuwenden ist. Unabhängig hiervon entspricht es zudem dem verfahrenskonzentrierenden Zweck einer gesonderten Feststellung[40], diese Rechtsfrage gerade mit Blick auf die mögliche Beteiligung weiterer Personen an der nachgelagerten Zwischengesellschaft im Zurechnungsbescheid abschließend zu beurteilen. Da das maßgebliche Tatbestandsmerkmal der „tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit“ darüber hinaus die „andere ausländische Gesellschaft (Untergesellschaft)“ betrifft, spricht auch der Gesichtspunkt der Sachnähe dafür, diese Frage nicht dem Hinzurechnungsbescheid zu überantworten[41].

Bundesfinanzhof, Urteil vom 13. Juni 2018 – I R 94/15

  1. EuGH, Urteil Cadbury Schweppes vom 12.09.2006 – C-196/04, EU:C:2006:544, Slg. 2006, I-7995[]
  2. z.B. BFH, Urteile vom 20.04.1988 – I R 41/82, BFHE 153, 530, BStBl II 1988, 868; vom 01.07.1992 – I R 6/92, BFHE 169, 138, BStBl II 1993, 222; vom 02.07.1997 – I R 32/95, BFHE 183, 496, BStBl II 1998, 176; Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, Außensteuerrecht, § 10 AStG Rz 302; Bauernschmitt in Haase, AStG/DBA, 3. Aufl., § 10 AStG Rz 67; Blümich/Vogt, § 10 AStG Rz 69; s.a. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen -BMF- vom 14.05.2004, BStBl I 2004, Sondernummer 1/2004, 3, Tz.09.0.1 u. 10.01.1.1[]
  3. z.B. BFH, Urteile vom 23.10.1991 – I R 40/89, BFHE 166, 323, BStBl II 1992, 1026; vom 10.06.1992 – I R 105/89, BFHE 168, 279, BStBl II 1992, 1029; Wassermeyer, ebenda; Bauernschmitt, ebenda, Rz 71; Vogt, ebenda, Rz 14[]
  4. FG Münster, Urteil vom 20.11.2015 – 10 K 1410/12 F[]
  5. s. allgemein zur Konzeption bei vGA bei Schwestergesellschaften BFH, Beschluss vom 26.10.1987 – GrS 2/86, BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348; BFH, Urteil vom 04.02.2014 – I R 32/12, BFH/NV 2014, 1090, m.w.N.[]
  6. s. die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 16/2712, S. 70: „Verhinderung von Besteuerungslücken“[]
  7. vgl. Gosch/Roser, KStG, 3. Aufl., § 8 Rz 125a[]
  8. vgl. z.B. BFH, Urteil vom 31.05.2017 – I R 37/15, BFHE 258, 484, BStBl II 2018, 144, m.w.N.[]
  9. EU:C:2006:544, Slg. 2006, I-7995[][][][]
  10. EuGH – C-196/04[]
  11. ABl.EG 2002, Nr. C 325, 1[]
  12. ABl.EU 2008, Nr. C 115, 47[]
  13. bestätigt z.B. im EuGH, Urteil Glaxo Wellcome vom 17.09.2009 – C-182/08, EU:C:2009:559, Slg. 2009, I-8591[]
  14. s. BFH, Urteil vom 21.10.2009 – I R 114/08, BFHE 227, 64, BStBl II 2010, 774; BFH, Beschluss vom 12.10.2016 – I R 80/14, BFHE 256, 223, BStBl II 2017, 615[]
  15. Gesetz vom 20.12 2007, BGBl I 2007, 3150, BStBl I 2008, 218[]
  16. z.B. BFH, Urteile in BFHE 227, 64, BStBl II 2010, 774; vom 18.12 2013 – I R 71/10, BFHE 244, 331, BStBl II 2015, 361; vom 19.07.2017 – I R 87/15, BFHE 259, 435 – „geltungserhaltende Reduktion“[]
  17. vgl. BMF, Schreiben vom 08.01.2007, BStBl I 2007, 99[]
  18. s. dort zu Rz 51[]
  19. EuGH, Urteil a.a.O., Rz 52 f.[]
  20. EuGH, Urteil a.a.O., Rz 54[][]
  21. EuGH, a.a.O.[]
  22. EuGH, Urteil a.a.O., Rz 55[]
  23. EuGH, Urteil a.a.O., Rz 51 ff.[]
  24. EuGH, Urteil a.a.O., Rz 62[]
  25. EuGH, Urteil a.a.O., Rz 64 ff.[]
  26. EuGH, Urteil a.a.O., Rz 53[]
  27. EuGH, Urteil a.a.O., Rz 67[]
  28. EuGH, Urteil a.a.O., Rz 68[]
  29. EuGH, Urteil a.a.O., Rz 69[]
  30. EuGH, Urteil a.a.O., Rz 65, 69[]
  31. mit diesem Ergebnis auch Linn/Pignot, IWB 2016, 466, 470; Köhler, Internationale Steuer-Rundschau -ISR- 2016, 119, 124; Haase, Internationales Steuerrecht -IStR- 2016, 767, 770[]
  32. s.a. Kraft, IStR 2017, 327, 328 – mit Hinweis auf EuGH, Urteil SECIL vom 24.11.2016 – C-464/14, EU:C:2016:896 [Prüfung der Kapitalverkehrsfreiheit bei einer tatsächlichen Beteiligung von 98, 72 %][]
  33. z.B. Reimer in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, 2015, Rz 7.35[]
  34. im Ergebnis ebenso Reiche in Haase, a.a.O., § 8 AStG Rz 142; Blümich/Vogt, § 8 AStG Rz 159[]
  35. Linn/Pignot, IWB 2016, 466, 470; Köhler, ISR 2016, 119, 124[]
  36. EuGH, Urteil Cadbury Schweppes, EU:C:2006:544, Rz 54, Slg. 2006, I-7995[]
  37. z.B. BFH, Urteil vom 18.07.2001 – I R 62/00, BFHE 196, 243, BStBl II 2002, 334, m.w.N.[]
  38. s.a. BMF, Schreiben in BStBl I 2004, Sondernummer 1/2004, 3, Tz. 18.01.04.2[]
  39. vgl. auch Scheipers/Linn, IStR 2011, 601, 605 f.[]
  40. z.B. Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Vor § 179 AO Rz 1 f.; Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 179 AO Rz 51[]
  41. so im Ergebnis auch Linn/Pignot, IWB 2016, 466, 471[]