Finale Verluste einer ausländischen Tochterkapitalgesellschaft

Unterstellt, ein Abzug von Verlusten einer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Tochterkapitalgesellschaft bei ihrer inländischen Mutterkapitalgesellschaft wäre aus unionsrechtlichen Gründen geboten, käme ein solcher Verlustabzug nicht im Veranlagungszeitraum des Entstehens der Verluste, sondern nur in jenem Veranlagungszeitraum in Betracht, in welchem sie tatsächlich „final“ geworden sind[1].

Finale Verluste einer ausländischen Tochterkapitalgesellschaft

Durch Urteil vom 9. Juni 2010[2]. hat der Bundesfinanzhof bereits entschieden, dass der Abzug der Verluste einer im Ausland unterhaltenen Betriebsstätte nur ausnahmsweise aus Gründen des Gemeinschaftsrechts (wegen Verstoßes gegen die Niederlassungsfreiheit, Art. 43 EG i.V.m. Art. 48 EG[3] (jetzt Art. 49 AEUV i.V.m. Art. 54 AEUV[4]) und frühestens im Veranlagungszeitraum des Eintritts der „Verlustfinalität“ in Betracht kommen kann.

Das ist für die im Streitfall in Rede stehende Situation einer ausländischen Tochterkapitalgesellschaft gleichermaßen einschlägig. Die Verluste der italienischen Tochterkapitalgesellschaften der Klägerin könnten hiernach selbst im Falle ihrer prinzipiellen Abzugsfähigkeit im Inland aufgrund unterstellter „faktischer“ Organschaftsverhältnisse frühestens in den jeweiligen „Finalitätsjahren“ –also frühestens nach Beendigung ihrer Geschäftstätigkeit oder ggf. einer Liquidation– berücksichtigt werden, zuvor –in den jeweiligen Verlustentstehungs- und damit hier in den Streitjahren 2002 bis 2005– jedoch nicht. Dass sie wirtschaftlich bereits in jenen Jahren entstanden und im Falle einer Organschaft im Sinne von §§ 14 ff. KStG 2002 bei der Klägerin verrechenbar gewesen sein mögen, ändert daran nichts, weil ein solches „gedachtes“ Organschaftsverhältnis tatsächlich nicht vereinbart und praktiziert wurde und das Besteuerungsrecht für die –dort unbeschränkt steuerpflichtigen (Art. 5 Abs. 6 des DBA-Italien[5][6])– Auslandsgesellschaften in Italien lag[7].

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 9. November 2010 – I R 16/10

  1. Anschluss an BFH, Urteil vom 09.06.2010 – I R 107/09, BFHE 230, 35[]
  2. BFH, Urteil vom 09.06.2010 – I R 107/09, BFHE 230, 35[]
  3. i.d.F. des Vertrages von Nizza zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte, ABl.EG 2002 Nr. C 325, 1[]
  4. Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union i.d.F. des Vertrages von Lissabon zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union und des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Amtsblatt der Europäischen Union 2007 Nr. C 306/01[]
  5. Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Italienischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Vermeidung der Steuerverkürzung vom 18.10.1989, BGBl II 1990, 743[]
  6. vgl. auch Art. 5 Abs. 7 des Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and Development[]
  7. anders Cordewener, IWB Fach 11 Gruppe 2, 983, 990; s. auch Roser, Die Unternehmensbesteuerung 2010, 30, 33; Röhrbein, IWB 2010, 286, 290[]