Geschäftsführervergütung bei einer luxemburgischen S.a.r.l. – und deren Tätigkeit in Deutschland

Ein in Luxemburg tätiger, aber in Deutschland wohnender Arbeitnehmer erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 EStG, für die das Besteuerungsrecht gemäß Art. 10 DBA-Luxemburg 1958/1973 Deutschland zusteht, soweit die Tätigkeit im Inland ausgeübt wurde. Bei der Frage, ob der Geschäftsführer einer luxemburgischen S.a.r.l. nach dem Gesamtbild der Verhältnisse als Arbeitnehmer anzusehen ist, ist zu berücksichtigen, ob und inwieweit er an dieser S.a.r.l. beteiligt ist.

Geschäftsführervergütung bei einer luxemburgischen S.a.r.l. – und deren Tätigkeit in Deutschland

Nach § 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 LStDV (i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG), die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs den Arbeitnehmerbegriff zutreffend auslegen, liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Angestellte (Beschäftigte) dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BFH, dass der Arbeitnehmerbegriff sich nicht durch Aufzählung feststehender Merkmale abschließend bestimmen lässt. Das Gesetz bedient sich nicht eines tatbestandlich scharf umrissenen Begriffs. Es handelt sich vielmehr um einen offenen Typusbegriff, der nur durch eine größere und unbestimmte Zahl von Merkmalen beschrieben werden kann. Die Frage, ob jemand eine Tätigkeit selbständig oder nichtselbständig ausübt, ist deshalb anhand einer Vielzahl in Betracht kommender Merkmale nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen. Diese Merkmale sind im konkreten Einzelfall zu gewichten und gegeneinander abzuwägen.

Beides obliegt in erster Linie den Finanzgerichten als Tatsacheninstanz. Die im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegende Beurteilung ist revisionsrechtlich nur begrenzt überprüfbar[1].

Nach diesen Grundsätzen konnte im hier entschiedenen Fall das angegriffene Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz[2] keinen Bestand haben. Das Finanzgericht durfte dem Umstand, dass der Geschäftsführer zugleich auch an der Firma D beteiligt war, nicht von vornherein jede rechtliche Relevanz absprechen. Vielmehr ist die Beteiligung des Steuerpflichtigen eines von vielen Indizien, die im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen sind. Als ein Einzelmerkmal von vielen kommt dem Umstand der Mehrheitsbeteiligung allerdings auch nicht die Bedeutung zu, dass bei einer Mehrheitsbeteiligung regelmäßig von einer selbständigen Tätigkeit des Geschäftsführers auszugehen wäre.

Im Unterschied zum Finanzgericht konnte der hier entscheidende I. Senats des Bundesfinanzhofs weder der Rechtsprechung des VI. Bundesfinanzhofs des Bundesfinanzhofs entnehmen, dass der Beteiligung des Geschäftsführers an der Gesellschaft keinerlei Indizwirkung zukommt. Noch versteht er das Urteil des VIII. Senats des Bundesfinanzhofs vom 20.10.2010[3] so, dass eine Mehrheitsbeteiligung regelmäßig -also das Ergebnis vorprägend- die Arbeitnehmereigenschaft ausschließt. Nach dieser Entscheidung „kann die Beteiligungsquote im Rahmen der steuerlichen Beurteilung zumindest als Indiz herangezogen werden“. Die weiteren Ausführungen („GmbH-Gesellschafter sind regelmäßig Selbständige, wenn sie zugleich Geschäftsführer der Gesellschaft sind und mindestens 50 v.H. des Stammkapitals innehaben.“) beziehen sich ausdrücklich auf das Sozialversicherungsrecht. Nach der Rechtsprechung des VI. Bundesfinanzhofs ist es für die Frage, ob ein Gesellschafter-Geschäftsführer als Arbeitnehmer zu beurteilen ist, -lediglich- „nicht entscheidend“, in welchem Verhältnis der Geschäftsführer an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist[4]. Beide Urteile stimmen damit darin überein, dass einer Mehrheitsbeteiligung keine ausschlaggebende, sondern lediglich eine indizielle Bedeutung zukommt. Im Übrigen kommen die zahlreichen anderen Kriterien zum Tragen, wie etwa die -trotz der Mehrheitsbeteiligung gegebene- Weisungsgebundenheit und eine -im konkreten Fall gegebene- Eingliederung in die betriebliche Organisation, die den Gesellschafter-Geschäftsführer regelmäßig zum Arbeitnehmer i.S. des § 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 LStDV machen[4].

Die Sache ist hiernach nicht spruchreif. Die erforderliche Gesamtwürdigung ist vom Finanzgericht vorzunehmen. Allerdings könnte sich eine solche Abwägung erübrigen, wenn, was das Finanzgericht im zweiten Rechtsgang gleichfalls zu prüfen haben wird, die streitigen Einkünfte als solche aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zu qualifizieren sein sollten. Nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen ist fraglich, ob die „vertraglichen Zahlungsgrundlagen“ zwischen dem Kläger als beherrschendem Gesellschafter und der Firma D steuerlich anzuerkennen sind, insbesondere, ob sie dem formellen Fremdvergleich genügen[5]. Sollten die „Gehaltszahlungen“ als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) zu erfassen sein, wäre weiter zu prüfen, ob und inwieweit Deutschland als Wohnsitzstaat das Besteuerungsrecht für die Zahlungen gemäß Art. 13 Abs. 1 DBA-Luxemburg 1958/1973 zusteht[6].

Bundesfinanzhof, Urteil vom 29. März 2017 – I R 48/16

  1. BFH, Urteil vom 23.04.2009 – VI R 81/06, BFHE 225, 33, BStBl II 2012, 262, m.w.N.[]
  2. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.06.2016 – 1 K 1944/13, EFG 2016, 1429[]
  3. BFH; vom 20.10.2010 – VIII R 34/08, BFH/NV 2011, 585[]
  4. BFH, Urteil in BFHE 225, 33, BStBl II 2012, 262[][]
  5. vgl. z.B. Gosch KStG, 3. Aufl., § 8 Rz 318 ff. und 796 ff.[]
  6. vgl. Siegers in Wassermeyer, Luxemburg Art. 13, Stand bis Ergänzungslieferung 124, Rz 45[]