Am 10. Juni 2009 wurde die so genannte „Intra-EU-Rüstungsgüterrichtlinie“ (Richtlinie zur Vereinfachung der Bedingungen für die innergemeinschaftliche Verbringung von Verteidigungsgütern 2009/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009) im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Sie zielt auf eine Vereinfachung der Genehmigungsverfahren für Rüstungsgüter des Teils I Abschnitt A der Ausfuhrliste innerhalb der EU. Die neue Richtlinie wird am 30. Juni 2009 in Kraft treten. Sie gilt jedoch nicht unmittelbar, sondern bedarf zuvor der Umsetzung durch die Mitgliedstaaten in nationales Recht (AWG und AWV). Die Umsetzungsfrist endet am 30. Juni 2011.

Die in den einzelnen EU-Staaten bestehenden Beschränkungen für den innergemeinschaftlichen Verkehr mit Verteidigungsgütern lassen sich nicht vollständig abschaffen, indem die Grundsätze des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs gemäß dem Vertrag unmittelbar angewendet werden, da diese Beschränkungen im Einzelfall möglicherweise gemäß Artikel 30 oder 296 des Vertrags gerechtfertigt sind; diese Vorschriften bleiben für die Mitgliedstaaten weiterhin anwendbar, sofern ihre Voraussetzungen erfüllt sind. Mit der Intra-EU-Rüstungsgüterrichtlinie sollen jedoch die einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten so angeglichen werden, dass die innergemeinschaftliche Verbringung von Verteidigungsgütern vereinfacht und damit das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes sichergestellt wird. Diese Richtlinie betrifft lediglich die Vorschriften und Verfahren, soweit Verteidigungsgüter betroffen sind, und berührt folglich nicht die Politik der Mitgliedstaaten bezüglich der Verbringung von Verteidigungsgütern.
Die Intra-EU-Rüstungsgüterrichtlinie gilt für alle Verteidigungsgüter, einschließlich ihrer Teilsysteme und Technologien, gemäß der Gemeinsamen Militärgüterliste der Europäischen Union[1]. Sie gilt nicht für Verteidigungsgüter, die durch das Gebiet der Gemeinschaft lediglich durchgeführt werden, also Güter, die nicht einer anderen zollrechtlich zulässigen Behandlung oder Verwendung als dem externen Versandverfahren zugeführt werden oder die lediglich in eine Freizone oder ein Freilager verbracht werden, wo sie nicht in bewilligten Bestandsaufzeichnungen erfasst werden müssen.
Für jede innergemeinschaftliche Verbringung von Verteidigungsgütern sieht die neue Richtlinie vor, dass eine vorherige Erlaubnis in Form einer Allgemein-, Global- oder Einzelgenehmigung erforderlich ist, die der Mitgliedstaat, aus dessen Hoheitsgebiet der Lieferant Verteidigungsgüter verbringen will, erteilt oder veröffentlicht. Die Mitgliedstaaten sollen allerdings in der Lage sein, in spezifischen, in dieser Richtlinie aufgelisteten Fällen Verbringungen von Verteidigungsgütern von der Verpflichtung zur vorherigen Genehmigung auszunehmen.
Den Mitgliedstaaten soll es dabei frei stehen, eine vorherige Genehmigung abzulehnen oder zu gewähren. Gemäß den Grundsätzen des Binnenmarktes sollte die jeweilige Genehmigung in der gesamten Gemeinschaft gültig sein, und für die Durchfuhr durch andere Mitgliedstaaten oder den Zugang zum Hoheitsgebiet anderer Mitgliedstaaten sollten keine weiteren Genehmigungen erforderlich sein. Die Mitgliedstaaten sollen die geeignete Art von Genehmigungen für Verteidigungsgüter oder Gruppen von Verteidigungsgütern für jeden einzelnen Typ von Verbringung festlegen und bestimmen, mit welchen Bedingungen die jeweilige Genehmigung entsprechend der Sensitivität der Verbringung zu versehen ist.
Im Fall von Bestandteilen sollen die Mitgliedstaaten so weit wie möglich von der Anordnung von Ausfuhrbeschränkungen zugunsten der Anerkennung von Erklärungen der Empfänger über die Verwendung absehen, wobei sie berücksichtigen, in welchem Ausmaß diese Bestandteile in die vom Empfänger hergestellten Güter integriert werden.
Die Mitgliedstaaten sollen die Empfänger von Genehmigungen für die Verbringung in nichtdiskriminierender Art und Weise festlegen, sofern nicht anderes zur Wahrung ihrer wesentlichen Sicherheitsinteressen erforderlich ist.
Damit die Verbringung von Verteidigungsgütern vereinfacht wird, sollten die Mitgliedstaaten Allgemeingenehmigungen veröffentlichen, mit denen jedem Unternehmen, das die in der jeweiligen Allgemeingenehmigung festgelegten Voraussetzungen und Bedingungen erfüllt, erlaubt wird, Verteidigungsgüter zu verbringen.
Für die Verbringung von Verteidigungsgütern an Streitkräfte soll ebenfalls eine Allgemeingenehmigung veröffentlicht werden, damit die Versorgungssicherheit für alle Mitgliedstaaten, die diese Güter innerhalb der Gemeinschaft beschaffen, erheblich verbessert wird. Desweiteren sind für die Verbringung von Bestandteilen an zertifizierte Unternehmen der europäischen Verteidigungsindustrie Allgemeingenehmigungen vorgesehen, damit die Zusammenarbeit zwischen diesen Unternehmen und deren Integration gefördert wird, indem insbesondere die Lieferkette optimiert und Wettbewerbsvorteile ermöglicht werden.
Mitgliedstaaten, die an einem Programm zur zwischenstaatlichen Zusammenarbeit teilnehmen, können Allgemeingenehmigungen für Verbringungen von Verteidigungsgütern an Empfänger in anderen teilnehmenden Mitgliedstaaten veröffentlichen, wenn die Verbringungen zur Durchführung dieses Programms erforderlich sind. Darüber hinaus sind die Mitgliedstaaten in der Lage, Allgemeingenehmigungen zu veröffentlichen, um Fälle zu berücksichtigen, in denen die Risiken für den Schutz der Menschenrechte, des Friedens, der Sicherheit und der Stabilität in Anbetracht der Eigenschaften der Güter und der Empfänger sehr gering sind.
Kann eine Allgemeingenehmigung nicht veröffentlicht werden, können die Mitgliedstaaten auf Antrag einzelnen Unternehmen, außer in den in dieser Richtlinie genannten Fällen, verlängerbare Globalgenehmigungen erteilen.
Die betroffenen Unternehmen haben die zuständigen Behörden über die Inanspruchnahme von Allgemeingenehmigungen zu informieren, um die Menschenrechte, den Frieden, die Sicherheit und die Stabilität zu gewährleisten und eine transparente Berichterstattung über die Verbringung von Verteidigungsgütern im Hinblick auf parlamentarische Kontrolle zu ermöglichen.
Da es im Ermessen der einzelnen Mitgliedstaaten liegt und auch künftig liegen soll, eine Ausfuhr zu genehmigen oder abzulehnen, soll sich die Zusammenarbeit nur auf eine freiwillige Koordinierung der Ausfuhrpolitik stützen.
Damit die schrittweise Ersetzung der vorherigen Kontrolle einzelner Lieferungen durch die nachfolgende Allgemeinkontrolle im Ursprungsmitgliedstaat der Verteidigungsgüter ausgeglichen wird, werden Voraussetzungen für gegenseitiges Vertrauen geschaffen, indem Garantien dafür vorgesehen werden, dass keine Verteidigungsgüter entgegen etwaigen Ausfuhrbeschränkungen in Drittländer ausgeführt werden. Dieser Grundsatz ist ebenfalls in den Fällen zu beachten, in denen Verteidigungsgüter Gegenstand mehrerer Verbringungen zwischen Mitgliedstaaten sind, ehe sie in ein Drittland ausgeführt werden.
Die Lieferanten haben die Empfänger über etwaige mit einer Genehmigung zur Verbringung von Verteidigungsgütern verbundene Beschränkungen zu informieren, um auf beiden Seiten Vertrauen in die Fähigkeit der Empfänger zu schaffen, diese Beschränkungen nach der Verbringung einzuhalten, insbesondere bei einem Antrag auf Ausfuhr in ein Drittland.
Dabei ist es die Sache der Unternehmen, zu beurteilen, ob die Vorteile, die sich aus dem Bezug von Verteidigungsgütern im Rahmen einer Allgemeingenehmigung ergeben, einen Antrag auf Zertifizierung rechtfertigen. Für die Verbringung innerhalb einer Unternehmensgruppe sollte eine Allgemeingenehmigung möglich sein, wenn die Teile dieser Unternehmensgruppe in den jeweiligen Mitgliedstaaten der Niederlassung zertifiziert sind. Für die Zertifizierung sind gemeinsame Kriterien erforderlich, damit sich auf beiden Seiten Vertrauen aufbauen kann, insbesondere in die Fähigkeit der Empfänger, die Ausfuhrbeschränkungen für Verteidigungsgüter einzuhalten, die im Rahmen einer Genehmigung aus einem anderen Mitgliedstaat empfangen werden.
Gleichzeitig ist vorgesehen, dass die Empfänger von Verteidigungsgütern davon absehen sollen, diese auszuführen, sofern die Genehmigung Ausfuhrbeschränkungen vorsieht. Die Unternehmen sollen bei der Beantragung einer Ausfuhrgenehmigung für Drittländer den zuständigen Behörden mitteilen, ob sie etwaige Beschränkungen eingehalten haben, die für die Ausfuhr des Verteidigungsgutes gelten und vom Mitgliedstaat festgelegt wurden, der die Genehmigung zur Verbringung erteilt hat.
Die Unternehmen sollen desweiteren zum Zeitpunkt der Ausfuhr eines im Rahmen einer Genehmigung zur Verbringung empfangenen Verteidigungsgutes in ein Drittland gegenüber der zuständigen Zollbehörde an der gemeinsamen Außengrenze der Gemeinschaft einen Nachweis über die Ausfuhrgenehmigung erbringen.
Die Richtlinie enthält im Anhang eine Liste der Verteidigungsgüter, die jeweils in voller Übereinstimmung mit der Gemeinsamen Militärgüterliste der Europäischen Union aktualisiert werden soll, wobei die Kommission zur Änderung dieser Liste ermächtigt ist.
Schließlich werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, wirksame Maßnahmen einschließlich von Sanktionen festlegen, die die Durchsetzung der Bestimmungen dieser Richtlinie gewährleisten können, insbesondere der Bestimmungen darüber, dass die Unternehmen sich an die gemeinsamen Kriterien für die Zertifizierung und die Beschränkungen für die Weiterverwendung von Verteidigungsgütern nach der Verbringung halten müssen.
In Fällen, in denen bei einem Ursprungsmitgliedstaat begründete Zweifel darüber bestehen, ob ein zertifizierter Empfänger eine Beschränkung einer Allgemeingenehmigung dieses Mitgliedstaats einhalten wird, oder in denen ein die Genehmigung ausstellender Mitgliedstaat der Auffassung ist, dass die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder seine wesentlichen Sicherheitsinteressen beeinträchtigt werden könnten, soll dieser nicht nur die anderen Mitgliedstaaten und die Kommission unterrichten, sondern ist künftig auch in der Lage, die Gültigkeit der Genehmigung zur Verbringung in Bezug auf das betreffende Unternehmen vorläufig auszusetzen.
Die Anwendung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die die Mitgliedstaaten erlassen, um dieser Richtlinie nachzukommen, soll erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Hierdurch soll es ermöglicht werden, vor der Anwendung dieser Bestimmungen die Fortschritte auf der Grundlage eines Kommissionsberichts zu bewerten, der wiederum auf Informationen der Mitgliedstaaten über die ergriffenen Maßnahmen beruht.
- ABl. L 88 vom 29.3.2007, S. 58.[↩]