Kostenschuldner für die vorübergehende Verwahrung gestellter Postsendungen

Schuldner der Gebühren, die für die vorübergehende Verwahrung von Postsendungen entstanden sind, die vom Postdienstleistenden beim Zollamt gestellt, vom angegebenen Empfänger jedoch nicht angenommen und nicht zu einem Zollverfahren angemeldet worden sind, ist der Postdienstleistende. Erfüllt auch der Empfänger der Postsendung die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme als Kostenschuldner, liegt die Auswahlentscheidung im pflichtgemäßen Ermessen der Zollbehörde.
Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG ist zur Zahlung der Kosten verpflichtet, wer die Amtshandlung veranlasst oder zu wessen Gunsten sie vorgenommen wird. Gebührenrechtlicher Veranlasser ist, wer die kostenverursachende Amtshandlung willentlich herbeigeführt hat oder derjenige, in dessen Pflichtenkreis sie erfolgt[1]. Danach kann als Kostenschuldner herangezogen werden, wer einen ihm zurechenbaren Tatbestand verwirklicht, an den das Gesetz eine behördliche, kostenpflichtige Handlung knüpft, m.a.W. wer durch sein willentliches Handeln eine kostenpflichtige Amtshandlung in Gang setzt[2].

Kostenschuldner für die vorübergehende Verwahrung gestellter Postsendungen

Diejenigen auf dem Postweg in die Union versandten Nichtgemeinschaftswaren, die dem Empfänger nicht ohne Zollanmeldung unmittelbar zugesandt und auch nicht von dem Postdienstleister aufgrund seiner gesetzlichen Vertretungsmacht (§ 5 Abs. 2 ZollVG) im Namen des Empfängers zu einem Zollverfahren angemeldet werden können, werden gemäß Art. 91 Abs. 2 Buchst. f ZK im externen Versandverfahren von den sog. Auswechslungsstellen zu der für den Empfänger zuständigen Zollstelle befördert. Als Inhaber dieses Versandverfahrens hat der Postdienstleister nach Art. 92 Abs. 1 ZK die in diesem Verfahren befindlichen Waren der Bestimmungszollstelle zu gestellen. Sobald dies geschehen ist, haben die gestellten Waren nach Art. 55 i.V.m. Art. 50 ZK die Rechtsstellung von Waren in vorübergehender Verwahrung bis zum Erhalt einer zollrechtlichen Bestimmung. Damit wird durch die (seitens des Postdienstleisters zweifellos willentliche) Gestellung der Waren deren anschließende vorübergehende Verwahrung „in Gang gesetzt“ und damit –sofern die Ware nicht ihrem Besitzer (dem Postdienstleister) in Verwahrung gegeben wird– eine kostenverursachende Amtshandlung herbeigeführt, deren Veranlasser i.S. des § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG somit die Post ist.

Dabei besteht auch ein rechtlicher Zusammenhang zwischen dem Realakt der Gestellung und der vorübergehenden Verwahrung, da mit der Gestellung der im Versandverfahren beförderten Nichtgemeinschaftswaren deren Rechtsstellung als Waren in vorübergehender Verwahrung unmittelbar begründet wird, ohne dass dies eines gesonderten Antrags des Gestellenden bedarf. Es fällt zwar nicht in den Pflichtenkreis des Postunternehmens, die Waren durch eine Zollanmeldung einer zollrechtlichen Bestimmung zuzuführen, zumal sie in Fällen der vorliegenden Art an der Abgabe einer Zollanmeldung in fremdem Namen gehindert ist. Die Gestellung der Nichtgemeinschaftswaren, durch welche die vorübergehende Verwahrung „in Gang gesetzt“ wird, gehört aber nach Art. 92 Abs. 1 ZK durchaus zu ihrem Pflichtenkreis.

Daher kann auch nicht der Ansicht gefolgt werden, die Post gestelle die Waren als Vertreter des jeweiligen Empfängers gemäß ihrer nach § 5 Abs. 2 ZollVG bestehenden gesetzlichen Vertretungsmacht. Insoweit geht das Finanzgericht zwar zutreffend davon aus, als Kostenschuldner i.S. des § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG komme nicht nur der unmittelbar Veranlassende, sondern auch derjenige in Betracht, in dessen Auftrag eine kostenpflichtige Amtshandlung veranlasst wird. Die Gestellung der Nichtgemeinschaftswaren ist jedoch nicht Sache des Empfängers der Postsendung, sondern eine der Post (und nur ihr) als Inhaber des jeweiligen externen Versandverfahrens obliegende Pflicht. Auch wenn solche externen Versandverfahren zur Bestimmungszollstelle am Ort des Empfängers der Postsendung (in der Regel auch) in dessen Interesse liegen, so werden sie doch durch die Post in erster Linie zur Erfüllung ihrer Verpflichtung eröffnet, aus dem Ausland übernommene Postsendungen zu befördern. Dass sich diese Beförderungspflicht –wie die Post betont– aus dem Weltpostvertrag ergibt, führt bei ihr zu keinen anderen Rechtsfolgen als bei anderen Kurierdiensten oder Transporteuren, deren Verpflichtung zur Beförderung und Lieferung der Einfuhrsendung auf privatrechtlichen Vereinbarungen beruht. Befinden sich Nichtgemeinschaftswaren in einem externen Versandverfahren, obliegt die Pflicht, sie der Bestimmungszollstelle zu gestellen, stets dem Inhaber des Verfahrens (Hauptverpflichteter) als eigene und nicht als Vertreter des Warenempfängers zu erfüllende Pflicht, auch wenn die Warenbeförderung in dessen Interesse liegt.

Art. 900 Abs. 1 Buchst. g der Zollkodex-Duchführungsverordnung, auf den sich die Post zur Stützung ihrer Auffassung, sie sei nicht Kostenschuldner, beruft, betrifft einen Einzelfall des Erlasses bzw. der Erstattung von Einfuhrabgaben. Zur Beantwortung der Frage, wer Schuldner von Verwaltungskosten ist, kann aus dieser Vorschrift nichts hergeleitet werden.

Veranlasser i.S. des § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG und damit Schuldner der Verwahrungsgebühren kann neben der Post aber auch der angegebene Empfänger der jeweiligen Postsendung sein. Ist dies der Fall, haften die Post und der Empfänger gemäß § 13 Abs. 2 VwKostG für die entstandenen Verwahrungsgebühren als Gesamtschuldner. Dann liegt die Frage, welcher von ihnen auf Zahlung in Anspruch genommen wird, im pflichtgemäßen Ermessen des Hauptzollamt, für das die allgemeinen Grundsätze des § 5 der Abgabenordnung gelten[3].

Hinsichtlich der Postsendungen, für die mit dem vorliegend angefochtenen Kostenbescheid Verwahrungsgebühren erhoben werden, ist bisher lediglich festgestellt worden, dass sie vom angegebenen Empfänger nicht abgeholt worden sind. Dieser Umstand allein ist nicht ausreichend, die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG als erfüllt anzusehen, denn es ist im Einzelfall denkbar und kann jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass es sich um eine nicht bestellte Sendung handelt. In einem solchen Fall ist die Annahme, der angegebene Empfänger habe die Verwahrung der Postsendung veranlasst bzw. sie sei zu seinen Gunsten vorgenommen worden, nicht gerechtfertigt. Ist somit dem Hauptzollamt nur bekannt, dass die verwahrte Sendung nicht abgeholt wurde, gibt es aus Sicht des Hauptzollamt neben der Post keinen weiteren in Anspruch zu nehmenden Kostenschuldner für die Verwahrungsgebühren und ist somit keine Auswahlentscheidung zu treffen.

Etwas anderes gilt in Fällen, in denen das Hauptzollamt Kenntnis hat, dass es sich bei der verwahrten Sendung um eine dem angegebenen Empfänger zuzurechnende Postsendung handelt, deren Versendung er veranlasst hat, die er aber (aus anderen denkbaren Gründen) nicht zu einem Zollverfahren anmeldet, sondern deren Annahme er ablehnt. In einem solchen Fall ließe sich das Vorliegen der Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG bejahen. Anders als in Abs. 46 Unterabs. 3 der Dienstvorschrift „Zollkosten“[4] geregelt, dürfte es somit nicht in jedem Fall einer verweigerten Annahme gerechtfertigt sein, allein die Post als Kostenschuldnerin anzusehen.

Eine gebührenrechtliche Veranlassung der vorübergehenden Verwahrung durch den angegebenen Empfänger ist darüber hinaus im Fall eines sog. Selbstverzollers zu bejahen, da dessen Entscheidung, die Zollanmeldung sämtlicher an ihn adressierter Einfuhrsendungen nicht der Post zu überlassen, zum externen Versandverfahren durch die Post zur Zollstelle seines Wohnorts und zur dortigen Gestellung der Postsendung führt. Außerdem ist davon auszugehen, dass die Verwahrung der Postsendung i.S. des § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG zu seinen Gunsten vorgenommen wird, denn sie gibt ihm Zeit und Gelegenheit, über die (ihm durch die Registrierung als Selbstverzoller vorbehaltene) Anmeldung der Ware zu einem Zollverfahren zu entscheiden.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 26. September 2012 – VII R 65/11

  1. BVerwG, Urteile vom 22.10.1992 – 3 C 2.90, BVerwGE 91, 109; und vom 14.06.2005 – 1 C 15.04, BVerwGE 124, 1[]
  2. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 15.04.2009 – 1 L 92/08; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 14.05.2009 – 2 L 78/08, Kommunale Steuerzeitschrift 2009, 137; Thüringer OVG, Urteil vom 26.11.2009 – 3 KO 749/07, ThüVBl. 2010, 130[]
  3. vgl. BFH, Urteile vom 02.12.2003 – VII R 17/03, BFHE 204, 380, ZfZ 2004, 162, und vom 20.07.2004 – VII R 20/02, BFHE 207, 565, ZfZ 2005, 86, jeweils m.w.N.[]
  4. Vorschriftensammlung Bundesfinanzverwaltung SV 22 01[]