Pauschales Betriebsausgaben-Abzugsverbot bei Drittstaatenbeteiligungen

Das pauschale Betriebsausgaben-Abzugsverbot des § 8b Abs. 7 KStG 1999 (i.d.F. des StBereinG 1999) verstößt gegen die unionsrechtliche Grundfreiheit des freien Kapitalverkehrs nach Art. 56 EG (jetzt Art. 63 AEUV) und bleibt deswegen auch bei Drittstaatenbeteiligungen unanwendbar.

Pauschales Betriebsausgaben-Abzugsverbot bei Drittstaatenbeteiligungen

§ 8b Abs. 7 KStG 1999 (i.d.F. des StBereinG 1999) verlangt -i.V.m. Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 und 3 DBA-Indien 1995 als maßgebende Bezugsnorm- eine unmittelbare Beteiligung an einer in Indien ansässigen Gesellschaft von mindestens 10 v.H. der stimmberechtigten Anteile und damit eine Mindestbeteiligung, welche bei typisierender Betrachtung nicht geeignet ist, nach der Spruchpraxis des EuGH „einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der Beteiligungsgesellschaft zu ermöglichen“[1].

Nach § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG 1999 n.F. bleiben Dividenden i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1997, die eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG 1999 n.F. von einer unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft erhält, bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz, soweit dafür der Teilbetrag i.S. des § 30 Abs. 2 Nr. 1 KStG 1999 a.F. als verwendet gilt. Die Verwendung des Teilbetrages muss durch eine Steuerbescheinigung nach § 44 oder § 45 KStG 1999 n.F. nachgewiesen werden (§ 8b Abs. 1 Satz 2 KStG 1999 n.F.). Teilbeträge i.S. des § 30 Abs. 2 Nr. 1 KStG 1999 a.F. -das sog. EK 01- sind Vermögensmehrungen, die der Körperschaftsteuer nicht unterliegen und hierbei Eigenkapitalteile, die in nach dem 31.12 1976 abgelaufenen Wirtschaftsjahren aus ausländischen Einkünften entstanden sind, sowie die nach § 8b Abs. 1 KStG 1999 n.F. bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleibenden Beträge. Es handelt sich sonach um steuerfreie ausländische Einkünfte, deren steuerfreie Weiterausschüttung durch § 8b KStG 1999 n.F. ermöglicht wird.

Einkünfte aus Dividenden sind nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 und 3 i.V.m. Art. 10 Abs. 3 DBA-Indien 1995 aus der Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer auszunehmen, soweit es sich hierbei um nach dem Recht Indiens steuerpflichtige Gewinnausschüttungen auf Anteile an Kapitalgesellschaften handelt, die von einer in Indien ansässigen Gesellschaft an eine in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Gesellschaft gezahlt werden, deren Kapital zu mindestens 10 v.H. unmittelbar der deutschen Gesellschaft gehört. Das korrespondiert, was die Mindestbeteiligungsquote von 10 v.H. anbelangt, mit § 8b Abs. 5 KStG 1999 n.F., wonach die abkommensrechtliche Steuerbefreiung für Gewinnanteile, die von einer ausländischen Gesellschaft ausgeschüttet werden, ungeachtet der im Abkommen vereinbarten Mindestbeteiligung auch dann gilt, wenn die Beteiligung mindestens ein Zehntel beträgt.

Die Voraussetzungen des hiernach gewährten sog. Schachtelprivilegs sind für die im Streitjahr von der SNI Indien an die Gesellschafterin ausgeschütteten Beträge erfüllt. Insbesondere ist die Ausschüttung in Indien nach Art. 10 Abs. 2 DBA-Indien 1995 steuerpflichtig und die Gesellschafterin hält mit 25, 17 v.H. unmittelbar mindestens 10 v.H. der Anteile an der SNI Indien als einer in Indien ansässigen Gesellschaft. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

Im Ergebnis ebenfalls zutreffend hat das Finanzgericht davon abgesehen, 5 v.H. der vereinnahmten Dividende der SNI Indien nach § 8b Abs. 7 KStG 1999 n.F. als fiktive nichtabzugsfähige Betriebsausgaben anzusetzen.

Von den Dividenden aus Anteilen an einer ausländischen Gesellschaft, die (u.a.) nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung oder nach § 8b Abs. 5 KStG 1999 n.F. von der Körperschaftsteuer befreit sind, gelten nach § 8b Abs. 7 KStG 1999 n.F. 5 v.H. als Betriebsausgaben, die mit den Dividenden in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Daraus folgt nach Auffassung der Verwaltung[2], dass der hieraus zu errechnende Betrag gemäß § 3c EStG 1997 (i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1999 a.F.) nicht abgezogen werden darf; die Fiktion ist danach nicht davon abhängig, ob und in welcher Höhe der Obergesellschaft tatsächlich Betriebsausgaben entstanden sind[3]. Die Gegenmeinung vermisst, um diese Rechtswirkung eines Abzugsverbots auslösen zu können, die ausdrückliche tatbestandliche Bezugnahme auf § 3c EStG 1997 und den darin angeordneten Abzugsausschluss für die betreffenden Betriebsausgaben, wie sie noch in der vorherigen Fassung des § 8b Abs. 7 KStG 1999 a.F. enthalten war; mittels des bloßen Hinweises auf den „unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang“ mit den betreffenden steuerfreien Einnahmen lasse sich dieses Manko nicht substituieren[4]. Dem ist indes nicht zu folgen. Bei verständiger Auslegung ist die Betriebsausgabenfiktion in § 8b Abs. 7 KStG 1999 n.F. in den Kontext zu § 3c EStG 1997 zu stellen; beide Vorschriften sind deshalb im Zusammenhang zu lesen. Es genügt die gesetzliche Festlegung, dass die mit 5 v.H. quantifizierten fiktiven Betriebsausgaben solche sind, die „in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang“ mit den steuerfreien Einnahmen stehen; sowohl Rechtsvoraussetzung als auch Rechtsfolge von § 3c EStG 1997 werden damit tatbestandlich mit hinreichender Deutlichkeit aufgegriffen[5].

Die vorgenannte Fiktion und das daraus abzuleitende Abzugsverbot sind jedoch auf den im Streitfall zu beurteilenden Sachverhalt nicht anzuwenden. Die Fiktion ebenso wie die Nichtabziehbarkeit von Betriebsausgaben gemäß § 8b Abs. 7 KStG 1999 n.F. verstoßen im Zusammenwirken gegen die gemeinschaftsrechtliche Grundfreiheit des freien Kapitalverkehrs nach Art. 56 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft i.d.F. des Vertrags von Amsterdam zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte -EG-[6], jetzt Art. 63 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union i.d.F. des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft -AEUV-[7], und damit gegen primäres Gemeinschaftsrecht.

Die Regelung des § 8b Abs. 7 KStG 1999 n.F. ist am Maßstab des Primärrechts, insbesondere also auch an den Grundfreiheiten, zu messen.

Dies wäre allenfalls dann zu verneinen, wenn die Regelung zu einem Bereich gehören würde, der auf Unionsebene abschließend harmonisiert worden ist. Denn nach ständiger Rechtsprechung des EuGH wäre sie in einem solchen Fall nicht anhand der Bestimmungen des Primärrechts zu beurteilen, sondern nur anhand der Harmonisierungsmaßnahme[8].

Die Regelung des § 8b Abs. 7 KStG 1999 n.F. beruht auf der Umsetzung von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom 23.07.1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten -Mutter/Tochter-Richtlinie-[9]. Daher ist es erforderlich zu bestimmen, ob durch Art. 4 Abs. 2 der Mutter/Tochter-Richtlinie eine solche Harmonisierung bewirkt worden ist.

Dies ist jedoch nach der Rechtsprechung des EuGH zu verneinen, da Art. 4 Abs. 2 der Mutter/Tochter-Richtlinie bereits nach seinem Wortlaut den Mitgliedstaaten „nur eine Möglichkeit“ einräumt, die nicht abzusetzenden Verwaltungskosten pauschal mit bis zu 5 v.H. anzusetzen. Es steht somit im Ermessen der Mitgliedstaaten, ob und in welchem Umfang -von 0 v.H. bis zu 5 v.H.- die nicht abzusetzenden Verwaltungskosten pauschal angesetzt werden. Wie der EuGH ferner bereits entschieden hat, dürfen die Mitgliedstaaten von den -durch Art. 4 Abs. 2 der Mutter/Tochter-Richtlinie gegebenen- Möglichkeiten, die ihnen die Richtlinie einräumt, nur unter Beachtung der grundlegenden Bestimmungen des Vertrags Gebrauch machen und sind insbesondere an die Grundfreiheiten gebunden[10].

Die Regelung des § 8b Abs. 7 KStG 1999 n.F. fällt in den Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 56 EG (jetzt Art. 63 AEUV) und nicht in denjenigen der Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 EG (jetzt Art. 49 AEUV).

Für die Frage, ob eine nationale Regelung unter die eine oder die andere Verkehrsfreiheit fällt, ist auf den Gegenstand der betreffenden Regelung abzustellen[11]. Eine nationale Regelung, die nur auf Beteiligungen anwendbar ist, die es ermöglichen, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen einer Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen, fällt in den Anwendungsbereich von Art. 43 EG (jetzt Art. 49 AEUV) über die Niederlassungsfreiheit. Hingegen sind nationale Regelungen über Beteiligungen, die in der alleinigen Absicht der Geldanlage erfolgen, ohne dass auf die Verwaltung und Kontrolle des Unternehmens Einfluss genommen werden soll, ausschließlich im Hinblick auf den freien Kapitalverkehr zu prüfen[12].

Der Bundesfinanzhof hat zu den Regelungen des § 8b Abs. 7 KStG 1999 n.F. und § 8b Abs. 2 KStG 1999 n.F. entschieden, dass eine unmittelbare Beteiligung an den stimmberechtigten Anteilen einer Tochtergesellschaft von mindestens 10 v.H. bei der gebotenen typisierenden Betrachtung einen hinreichend „sicheren Einfluss“ ermöglicht und damit vorrangig die Niederlassungsfreiheit anwendbar sei[13]. An dieser Rechtsprechung wird unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung des EuGH nicht mehr festgehalten.

Nach der Rechtsprechung des EuGH ermöglicht es eine Beteiligung von mindestens 10 v.H. zwar, diejenigen Investitionen vom Geltungsbereich der Befreiung auszuschließen, die in der alleinigen Absicht der Geldanlage getätigt werden, ohne dass auf die Verwaltung und Kontrolle des Unternehmens Einfluss genommen werden soll. Jedoch bewirkt eine solche Anteilsquote für sich allein nicht, dass die Befreiung nur auf Beteiligungen anwendbar wäre, die es ermöglichen, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen einer Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen. Eine Beteiligung in dieser Höhe lässt nicht zwangsläufig den Schluss zu, dass die Gesellschaft, die sie hält, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der die Dividenden ausschüttenden Gesellschaft ausübt[14]. Demgemäß ist die Regelung des § 8b Abs. 7 KStG 1999 n.F. nicht nur auf Dividenden anwendbar, die eine gebietsansässige Gesellschaft auf Grundlage einer Beteiligung hält, die einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der ausschüttenden Gesellschaft verleiht und es ermöglicht, deren Tätigkeiten zu bestimmen, sondern auch auf Dividenden, die auf der Grundlage einer Beteiligung bezogen werden, die keinen solchen Einfluss verleiht.

Im Hinblick auf Rechtsvorschriften, deren Gegenstand es nicht ermöglicht, zu bestimmen, ob sie vorwiegend unter Art. 43 EG (jetzt Art. 49 AEUV) oder unter Art. 56 EG (jetzt Art. 63 AEUV) fallen, ist nach der Rechtsprechung des EuGH zu differenzieren[15]. Handelt es sich um Dividenden mit Ursprung in einem Mitgliedstaat, sind die tatsächlichen Gegebenheiten des konkreten Falles zu berücksichtigen, um zu klären, ob die zugrunde liegende Situation von Art. 43 EG (jetzt Art. 49 AEUV) oder von Art. 56 EG (jetzt Art. 63 AEUV) erfasst wird. Handelt es sich demgegenüber -wie vorliegend- um Dividenden mit Ursprung in einem Drittstaat, kann sich die in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft unabhängig vom Umfang der Beteiligung im konkreten Fall allein auf Art. 56 EG (jetzt Art. 63 AEUV) berufen[16]. Insofern bleibt die Höhe der konkreten Beteiligung unberücksichtigt[17]. Auch die Gesellschafterin kann sich somit -unabhängig von ihrer tatsächlichen Beteiligung in Höhe von 25, 17 v.H. an der SNI Indien- auf die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 56 EG (jetzt Art. 63 AEUV) berufen.

Die Regelung des § 8b Abs. 7 KStG 1999 n.F. stellt eine nicht gerechtfertigte Beschränkung des freien Kapitalverkehrs dar. Dies führt zur Nichtanwendbarkeit von § 8b Abs. 7 KStG 1999 n.F. Die Gründe hierfür ergeben sich aus den Urteilen des EuGH Keller Holding[18] sowie Bosal[19]. In dem zuerst genannten Urteil hat der EuGH auf das Vorabentscheidungsersuchen des Bundesfinanzhofs vom 14.07.2004 – I R 17/03[20] entschieden, Art. 52 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, später Art. 43 EG, jetzt Art. 49 AEUV, und damit das Beschränkungsverbot der freien Niederlassung, sei dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach der Finanzierungsaufwendungen einer in diesem Mitgliedstaat unbeschränkt steuerpflichtigen Muttergesellschaft für den Erwerb von Beteiligungen an einer Tochtergesellschaft steuerlich nicht abzugsfähig sind, soweit diese Aufwendungen auf Dividenden entfallen, die von der Steuer befreit sind, weil sie von einer in einem anderen Mitgliedstaat oder Vertragsstaat des genannten Abkommens ansässigen mittelbaren Tochtergesellschaft stammen, obwohl solche Aufwendungen dann abzugsfähig sind, wenn sie auf Dividenden entfallen, die von einer mittelbaren Tochtergesellschaft, die in demselben Mitgliedstaat wie dem Staat des Geschäftssitzes der Muttergesellschaft ansässig ist, ausgeschüttet werden und die faktisch ebenfalls von der Steuer entlastet sind. Auf die Gründe jener Entscheidung im Einzelnen wird, um Wiederholungen zu vermeiden, verwiesen. Die Konstellation, die der EuGH zu beurteilen hatte, stimmt mit jener, die im Streitfall in Rede steht, im Kern überein. Hier wie dort geht es um die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen einer Muttergesellschaft auf die Beteiligung an einer ausländischen Kapitalgesellschaft und auf die aus dieser Beteiligung erzielten, im Inland steuerbefreiten Dividenden. Ein Unterschied zu jener vom EuGH entschiedenen Konstellation besteht lediglich in zweierlei Hinsicht, was sich jedoch auf das Ergebnis -die Nichtanwendbarkeit von § 8b Abs. 7 KStG 1999 n.F. unter den Gegebenheiten des Streitfalls- jedoch nicht auswirkt.

Zum einen geht es im Streitfall nicht um den Abzug tatsächlich entstandener Beteiligungsaufwendungen. Solche werden kraft Gesetzes in Höhe von 5 v.H. der Dividenden pauschal fingiert. Die Höhe dieser Pauschalierung orientiert sich -wie erläutert- an Art. 4 Abs. 2 Satz 2 der Mutter/Tochter-Richtlinie. Wird eine solche Ermächtigung durch EG-Sekundärrecht -wie in § 8b Abs. 7 KStG 1999 n.F. geschehen- in der Weise umgesetzt, dass die Pauschalierung lediglich zu Lasten ausländischer Beteiligungsgesellschaften wirkt, verstößt sie gegen die Grundfreiheit des Art. 43 EG (jetzt Art. 49 AEUV). Die vom EuGH aufgestellten Rechtsgrundsätze sind mithin einschlägig[21].

Zum anderen unterscheiden sich die Sachverhalte darin, dass die vorliegend zu beurteilende Beteiligung von der Gesellschafterin an einer indischen Tochtergesellschaft gehalten wurde, es sich also um eine Drittstaaten- und nicht um eine Mitgliedstaatenbeteiligung handelt. Auch solche Beteiligungen in einem Drittstaat werden aber über die Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 56 EG (jetzt Art. 63 AEUV) geschützt. Dieser Schutz der Kapitalverkehrsfreiheit wird durch die pauschale Fiktion nichtabziehbarer Betriebsausgaben im Ergebnis verletzt; die Prüfungsmaßstäbe stimmen insoweit mit denjenigen der Niederlassungsfreiheit überein[22].

Zwar berührt Art. 56 EG (jetzt Art. 63 AEUV) nach Art. 58 Abs. 1 Buchst. a EG (jetzt Art. 65 Abs. 1 Buchst. a AEUV) nicht das Recht der Mitgliedstaaten, die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrechts anzuwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort und Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln, doch dürfen derartige Maßnahmen und Verfahren nach Art. 58 Abs. 3 EG (jetzt Art. 65 Abs. 3 AEUV) weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs i.S. des Art. 56 EG (jetzt Art. 63 AEUV) darstellen. Das aber ist nach der ständigen Spruchpraxis des EuGH nur dann der Fall, wenn die steuerrechtlichen Unterscheidungen auf Situationen angewandt werden, die nicht objektiv vergleichbar sind oder durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses, insbesondere der Kohärenz der Steuerregelung, gerechtfertigt sind, mit der Folge, dass die Rechtfertigung von Behinderungen des freien Kapitalverkehrs im Ergebnis denselben Regeln unterworfen werden wie die Beschränkung anderer unionsrechtlich verbürgter Grundfreiheiten[23]. Beides ist für die vorliegende Differenzierung hinsichtlich der fingierten Beteiligungsaufwendungen bei Auslands- und Inlandsbeteiligungen nicht erkennbar: Inlands- und Auslandsbeteiligungen sind hinsichtlich der Beteiligungsaufwendungen objektiv in vollem Umfang vergleichbar. Die unterschiedliche steuerliche Behandlung in § 8b Abs. 7 KStG 1999 n.F. ist nicht durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Beides erweist sich nicht zuletzt daran, dass § 8b Abs. 5 KStG mittlerweile eine Gleichbehandlung beider Situationen sicherstellt[24].

Der Bundesfinanzhof erachtet die aufgezeigte Unionsrechtslage in Anbetracht des aktuellen Stands der Rechtsprechung des EuGH als eindeutig. Sie entspricht den Aussagen der zitierten EuGH, Urteile und war insoweit bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof. Einer Vorlage an den EuGH gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV bedurfte es deshalb nicht[25].

Die vorliegende Sache ist nach Ansicht des Bundesfinanzhofs auch entscheidungsreif. Insbesondere erübrigt es sich, auf die umstrittene Rechtsfrage einzugehen, ob § 3c Abs. 1 EStG 1997 i.V.m. § 8b Abs. 1 KStG 1999 n.F. bei Nichtanwendung von § 8b Abs. 7 KStG 1999 n.F. subsidiär anzuwenden wäre[26]. Denn solche Aufwendungen blieben unbeschadet dieser Frage abziehbar[27]. Auch die Gründe hierfür ergeben sich aus dem EuGH, Urteil Keller Holding[28].

Bundesfinanzhof, Urteil vom 24. Juli 2018 – I R 75/16

  1. entgegen BFH, Urteile vom 06.03.2013 – I R 10/11, BFHE 241, 157, BStBl II 2013, 707; und vom 29.08.2012 – I R 7/12, BFHE 239, 45, BStBl II 2013, 89[]
  2. vgl. BMF, Schreiben vom 10.01.2000, BStBl I 2000, 71[]
  3. ebenso z.B. Krabbe, IStR 1999, 365; Berndt/Wiesch, BB 1999, 2325[]
  4. z.B. Scheipers, DStR 2000, 89, 92 unter Bezugnahme auf Füger/Rieger, IStR 1999, 257[]
  5. so bereits BFH, Urteil vom 29.08.2012 – I R 7/12, BFHE 239, 45, BStBl II 2013, 89[]
  6. ABl.EG 1997, Nr. C 340, 1[]
  7. ABl.EU 2008, Nr. C 115, 47[]
  8. EuGH, Urteile Deister Holding vom 20.12 2017 – C-504/16 und – C-613/16, EU:C:2017:1009, BFH/NV 2018, 319; Eqiom und Enka vom 07.09.2017 – C-6/16, EU:C:2017:641, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -HFR- 2018, 175; Euro Park Service vom 08.03.2017 – C-14/16, EU:C:2017:177, IStR 2017, 409; Visnapuu vom 12.11.2015 – C-198/14, EU:C:2015:751, ABl.EU 2016, Nr. C 16, 8; jeweils m.w.N.[]
  9. ABl.EG 1990, Nr. L 225, 6, ber. ABl.EG 1990, Nr. L 266, 20[]
  10. EuGH, Urteile Eqiom und Enka, EU:C:2017:641, HFR 2018, 175, Rz 17 f.; Euro Park Service, EU:C:2017:177, IStR 2017, 409, Rz 22 ff.; Groupe Steria vom 02.09.2015 – C-386/14, EU:C:2015:524, BFH/NV 2015, 1661, Rz 39; Gaz de France – Berliner Investissement vom 01.10.2009 – C-247/08, EU:C:2009:600, BFH/NV 2009, 1949, Rz 53; Test Claimants in the FII Group Litigation vom 12.12 2006 – C-446/04, EU:C:2006:774, BFH/NV 2007, 173, Rz 46; Keller Holding vom 23.02.2006 – C-471/04, EU:C:2006:143, BStBl II 2008, 834, Rz 45; Bosal vom 18.09.2003 – C-168/01, EU:C:2003:479, BFH/NV 2004, 13, Rz 26[]
  11. EuGH, Urteil Deister Holding, EU:C:2017:1009, BFH/NV 2018, 319, Rz 77, m.w.N.[]
  12. EuGH, Urteil Deister Holding, EU:C:2017:1009, BFH/NV 2018, 319, Rz 78, m.w.N.[]
  13. BFH, Urteile vom 06.03.2013 – I R 10/11, BFHE 241, 157, BStBl II 2013, 707; in BFHE 239, 45, BStBl II 2013, 89[]
  14. EuGH, Urteile – X vom 10.06.2015 – C-686/13, EU:C:2015:375, BFH/NV 2015, 1229, Rz 21; Kronos International vom 11.09.2014 – C-47/12, EU:C:2014:2200, BFH/NV 2014, 1869, Rz 34 ff.; Itelcar vom 03.10.2013 – C-282/12, EU:C:2013:629, IStR 2013, 871, Rz 22; ebenso keine „sichere Beteiligung“: EuGH, Urteile Deister Holding, EU:C:2017:1009, BFH/NV 2018, 319, Rz 79 f. bei einer Mindestbeteiligung von 15 v.H.; Eqiom und Enka, EU:C:2017:641, HFR 2018, 175, Rz 42 f. bei einer Mindestbeteiligung von 20 v.H.[]
  15. grundlegend EuGH, Urteil Test Claimants in the FII Group Litigation vom 13.11.2012 – C-35/11, EU:C:2012:707, IStR 2012, 924, Rz 93 ff.[]
  16. EuGH, Urteile SECIL vom 24.11.2016 – C-464/14, EU:C:2016:896, IStR 2017, 118, Rz 35; Kronos International, EU:C:2014:2200, BFH/NV 2014, 1869, Rz 38 f.; Test Claimants in the FII Group Litigation, EU:C:2012:707, IStR 2012, 924, Rz 99[]
  17. EuGH, Urteil Kronos International, EU:C:2014:2200, BFH/NV 2014, 1869, Rz 41; so zutreffend auch Finanzgericht Münster, EuGH-Vorlage vom 20.09.2016 9 K 3911/13 F, EFG 2017, 323; vgl. auch Watrin/Eberhardt, BB 2014, 2967, 2970[]
  18. EU:C:2006:143, BStBl II 2008, 834[]
  19. EU:C:2003:479, BFH/NV 2004, 13[]
  20. BFHE 207, 152, BStBl II 2005, 53[]
  21. vgl. BFH, Urteil vom 09.08.2006 – I R 95/05, BFHE 214, 504, BStBl II 2007, 279, m.w.N.[]
  22. BFH, Urteil in BFHE 214, 504, BStBl II 2007, 279, m.w.N.[]
  23. EuGH, Urteil SECIL, EU:C:2016:896, IStR 2017, 118, Rz 52 ff., m.w.N.[]
  24. so auch BFH, Urteil in BFHE 214, 504, BStBl II 2007, 279[]
  25. vgl. EuGH, Urteil CILFIT vom 06.10.1982 Rs. 283/81, EU:C:1982:335, Slg. 1982, 3415[]
  26. bejahend Finanzgericht München, Urteil vom 21.08.2015 7 K 3844/13, EFG 2015, 1978; FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 11.05.2011 1 K 224/07, EFG 2011, 1459; BMF, Schreiben vom 30.09.2008, BStBl I 2008, 940; Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8b Rz 88; Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8b KStG, Rz 373; ablehnend Frotscher in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 8b KStG Rz 515 ff.; Kraft/Gebhardt/Quilitzsch, Finanz-Rundschau 2011, 593, 599; wohl auch Friedrich/Nagler, DStR 2005, 403, 412[]
  27. vgl. BFH, Urteil vom 13.06.2006 – I R 78/04, BFHE 215, 82, BStBl II 2008, 821[]
  28. EU:C:2006:143, BStBl II 2008, 834; vgl. auch BFH, Urteil in BFHE 215, 82, BStBl II 2008, 821[]