Die Besteuerung der als US-LLP organisierten Anwaltssozietät

Nach Art. 14 Abs. 1 DBA-USA 1989 können Einkünfte, die eine in einem Vertragsstaat ansässige natürliche Person aus selbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass die Arbeit im anderen Vertragsstaat ausgeübt wird und die Einkünfte einer festen Einrichtung zuzurechnen sind, die der natürlichen Person im anderen Staat für die Ausübung ihrer Tätigkeit gewöhnlich zur Verfügung steht. Die hiernach bestimmte Besteuerungszuweisung ist auch bei einer Freiberufler-Personengesellschaft (hier einer als US-LLP organisierten Anwaltssozietät) personenbezogen zu verstehen (sog. Ausübungsmodell). Der jeweilige Gesellschafter muss „seine“ Tätigkeit im anderen Vertragsstaat persönlich ausüben und es muss ihm für die Ausübung „seiner“ Tätigkeit gewöhnlich eine feste Einrichtung zur Verfügung stehen. Eine wechselseitige (Tätigkeits-)Zurechnung zwischen den Gesellschaftern kommt nicht in Betracht.

Die Besteuerung der als US-LLP organisierten Anwaltssozietät

Nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO a.F.[1] werden die steuerpflichtigen Einkünfte und mit ihnen in Zusammenhang stehende andere Besteuerungsgrundlagen gesondert festgestellt, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind. Diese Voraussetzung liegt u.a. dann vor, wenn es um Einkünfte geht, die im Rahmen einer Personengesellschaft erzielt werden. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die Personengesellschaft nach inländischem oder nach ausländischem Recht errichtet worden ist und ob sich ihre Geschäftsleitung im Inland oder im Ausland befindet[2].

Eine US-amerikanische Personengesellschaft, an der mehrere im Inland steuerpflichtige Personen beteiligt sind, die Einkünfte als Mitunternehmer im Rahmen einer freiberuflichen Mitunternehmerschaft erzielt haben (vgl. § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AO a.F.), ist eine Mitunternehmerschaft, die Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.S. der § 18 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Satz 2, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002 erzielt hat.

Rechtlich von den Feststellungen nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO a.F. zu trennen sind die Feststellungen nach § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO a.F., die sich auf Einkünfte beziehen, die nach einem Doppelbesteuerungsabkommen von der Bemessungsgrundlage auszunehmen, aber im Rahmen des Progressionsvorbehaltes von Bedeutung sind[3]. Die Feststellung der steuerfreien, aber für den Progressionsvorbehalt bedeutsamen Gewinnanteile der in Deutschland tätigen Gesellschafter konnte und musste daher auf dieser Grundlage erfolgen.

In der Erhöhung der Feststellungen im Rahmen des § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO a.F. durch das Finanzgericht ist dabei kein Verstoß gegen das finanzprozessuale sog. Verböserungsverbot zu sehen.

Hat bei einer Klage gegen eine gesonderte und einheitliche Feststellung die dem Klagebegehren eines Beteiligten entsprechende Beurteilung eines Geschäftsvorfalls zwangsläufige Auswirkungen auf eine andere, rechtlich verselbständigte Besteuerungsgrundlage, so ist diese im Urteil zu ändern, ohne dass -wenn auch diese Besteuerungsgrundlage Gegenstand des Klagebegehrens ist, die Feststellung insoweit aber zum Nachteil des Klägers geändert wird- gegen das sog. Verböserungsverbot verstoßen würde[4]. Diese Grundsätze gelten jedenfalls dann auch im Hinblick auf das Verhältnis von § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO a.F., wenn -wie im Streitfall- beide Feststellungen in einem Bescheid miteinander verbunden wurden.

Bei der vorliegend streitgegenständlichen Frage nach der Reichweite der Steuerfreistellung liegt der insofern erforderliche Zusammenhang zwischen der -von der US-LLP mitbeantragten- Änderung der Feststellungen nach § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO a.F. und der Feststellung der steuerpflichtigen Einkünfte nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO a.F. vor, weil je nach Beurteilung der Steuerbefreiung aufgrund des Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung entweder eine Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO a.F. oder (wegen § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG 2002) nach § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO a.F. zu treffen ist.

Der angefochtenen Änderung dieser Feststellungen durch das Finanzamt standen weder dessen Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 AO a.F. im Anschluss an die Außenprüfung noch § 173 Abs. 2 AO a.F. entgegen. Das Finanzamt konnte die Änderung ohne Änderungssperre aufgrund des auch nach der Außenprüfung fortbestehenden Vorbehalts der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1, § 181 Abs. 1 Satz 1 AO a.F.) vornehmen. Die Vorinstanz stützt ihre Entscheidung insoweit maßgebend und zutreffend auf die Ausführungen des BFH im Urteil vom 18.08.2009 – X R 8/09[5]. Da die Beteiligten diesen Punkt im Revisionsverfahren nicht mehr beanstanden, sieht der Bundesfinanzhof von weiteren Ausführungen ab.

In der Sache kann der Bundesfinanzhof nicht abschließend darüber entscheiden, inwieweit die von den in Deutschland tätigen Gesellschafter bezogenen GP in die Feststellungen nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO a.F. oder nach § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO a.F. einzubeziehen sind. Es fehlt an dafür notwendiger tatrichterlicher Sachaufklärung.

Im Fall einer Freiberufler-Personengesellschaft ist unter „steuerpflichtigen“ Einkünften i.S. des § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO a.F. die Summe der Gewinnanteile i.S. der § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 18 Abs. 4 Satz 2 EStG 2002 zu verstehen, die in der Person der Mitunternehmer der Personengesellschaft in Deutschland zu versteuern sind. Aus dem Gewinn der Personengesellschaft sind deshalb sowohl die in Deutschland nicht steuerbaren als auch die hier steuerfreien Einkünfte auszuscheiden[6]. Die Frage, ob ein Teil des von der Personengesellschaft erzielten Gewinns nicht steuerbar ist, ist dabei aus der Sicht des einzelnen an der Personengesellschaft beteiligten Mitunternehmers zu beurteilen[7].

Die in Deutschland tätigen Gesellschafter sind sämtlich i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG 2002 unbeschränkt und mithin mit ihrem gesamten mitunternehmerischen Gewinnanteil i.S. der § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 18 Abs. 4 Satz 2 EStG 2002 einkommensteuerpflichtig (Welteinkommensprinzip). Darunter fallen auch die von den in Deutschland tätigen Gesellschafter bezogenen GP, die diese im Rahmen ihrer mitunternehmerischen Beteiligung an der US-LLP bezogen haben und die aus national-rechtlicher Sicht unbeschadet dessen in die Feststellungen einzubeziehen sind, ob man sie -wie das Finanzgericht- als regulären Gewinnanteil oder als Sondervergütung qualifiziert.

In welchem Umfang der Steuerpflicht der von den in Deutschland tätigen Gesellschafter bezogenen GP im Streitfall indessen die abkommensrechtliche Freistellungsanordnung in Art. 23 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA 1989 entgegensteht, lässt sich anhand der tatrichterlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilen.

Für in Deutschland ansässige natürliche Personen sieht Art. 23 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA 1989 vor, dass -unter dem sich im Streitfall nicht aktualisierenden Vorbehalt von Art. 23 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Satz 3 sowie Buchst. b DBA-USA 1989- von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer u.a. die Einkünfte aus Quellen in den Vereinigten Staaten ausgenommen werden, die nach diesem Abkommen in den Vereinigten Staaten besteuert werden können. Für diesen Fall darf Deutschland den Progressionsvorbehalt anwenden, was eine Feststellung der Einkunftsteile (nur) im Rahmen des § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO a.F. rechtfertigen würde (vgl. § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG 2002).

Ein solches Besteuerungsrecht der USA ergibt sich im Streitfall dem Grunde nach aus Art. 14 Abs. 1 DBA-USA 1989, wonach Einkünfte, die eine in einem Vertragsstaat ansässige natürliche Person aus selbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden können, es sei denn, dass die Arbeit im anderen Vertragsstaat ausgeübt wird und die Einkünfte einer festen Einrichtung zuzurechnen sind, die der natürlichen Person im anderen Staat für die Ausübung ihrer Tätigkeit gewöhnlich zur Verfügung steht.

Die in Deutschland tätigen Gesellschafter haben die streitigen Einkünfte im abkommensrechtlichen Sinn aus selbständiger Arbeit erzielt, die nach Art. 14 Abs. 2 DBA-USA 1989 u.a. die selbständige Tätigkeit der Rechtsanwälte umfasst, wie sie die in Deutschland tätigen Gesellschafter im Streitjahr ausgeübt haben. Art. 14 Abs. 1 DBA-USA 1989 ist zudem unbeschadet dessen auf die in Deutschland tätigen Gesellschafter anzuwenden, dass sie ihre Gewinnanteile im Rahmen einer Personengesellschaft bezogen haben[8]. Denn die in Deutschland steuerlich transparente US-LLP ist -in Bezug auf die in Deutschland tätigen Gesellschafter (vgl. Art. 4 Abs. 1 Halbsatz 2 Buchst. b DBA-USA 1989)[9]– mangels abkommensrechtlicher Ansässigkeit nicht selbst abkommensberechtigt und Art. 14 Abs. 1 DBA-USA 1989 adressiert zudem ausdrücklich nur natürliche Personen.

Die Interpretation des aus Art. 14 Abs. 1 DBA-USA 1989 abzuleitenden Quellensteuerrechts im Fall einer selbständigen Tätigkeit im Rahmen von Personengesellschaften ist indessen kontrovers.

Die Vorschrift wird -ebenso wie der im Wortlaut abweichende Art. 14 Abs. 1 des Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD) zur Vermeidung der Doppelbesteuerung des Einkommens und des Vermögens (OECD-MustAbk) 1995 sowie die hierauf basierenden deutschen Doppelbesteuerungsabkommen- zum Teil parallel zu Art. 7 DBA-USA 1989 (bzw. Art. 7 OECD-MustAbk 1995) i.S. eines „Betriebsstättenmodells“ verstanden, infolge dessen ohne Rücksicht auf die tatsächliche Arbeitsausübung der einzelnen Gesellschafter eine Zurechnung aller festen Einrichtungen der Personengesellschaft zu allen Gesellschaftern gleichermaßen erfolgt und die Arbeitsausübung der einzelnen Gesellschafter diesen wechselseitig zugerechnet wird (daher zum Teil auch „Zurechnungsmodell“)[10]. Dem wird entgegengehalten, dass diese Sichtweise den in Art. 14 Abs. 1 DBA-USA 1989 angelegten Tätigkeitsbezug des Quellensteuerrechts außer Acht lasse (sog. Ausübungsmodell)[11]. Letzterem pflichtet der Bundesfinanzhof bei.

Abs. 1 DBA-USA 1989 ist in seiner Interpretation als abkommensrechtlicher Vorschrift einer statischen und keiner dynamischen Auslegung unterworfen[12]. Eine etwaige Verwaltungspraxis, welche sich bei dem einen oder dem anderen Vertragsstaat oder in beiden Vertragsstaaten erst nach Inkrafttreten eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bildet, kann auf die Auslegung des Abkommens deswegen prinzipiell ebenso wenig zurückwirken, wie Verlautbarungen der OECD in Richtung eines „Betriebsstättenmodells“. Ausschlaggebend ist vielmehr stets der Abkommenswortlaut, und dieser ordnet im Fall des Art. 14 Abs. 1 DBA-USA 1989 eine individualistische Sichtweise an, und das unbeschadet dessen, ob es um einen Einzelpraktizierenden geht oder ob die Tätigkeit, wie im Streitfall, im Rahmen einer Personengesellschaft erfolgt. Der abkommensrechtliche Blick ist ausdrücklich auf die jeweilige natürliche Person und der von dieser ausgeübten Tätigkeit, für die sie die betreffenden Einkünfte bezieht, verengt. Infolge dieser isolierten Betrachtung bezieht jeder Gesellschafter seinen Gewinnanteil ohne Rücksicht auf die gemeinschaftliche Erwirtschaftung des Gesellschaftsgewinns aus der Ausübung seiner selbständigen Tätigkeit. Das Quellensteuerrecht nach Art. 14 Abs. 1 DBA-USA 1989 erfordert, dass der jeweilige Gesellschafter (höchst-)persönlich „seine“ Tätigkeit im Quellenstaat ausübt und ihm für die Ausübung „seiner“ Tätigkeit gewöhnlich eine feste Einrichtung zur Verfügung steht. Eine wechselseitige (Tätigkeits-)Zurechnung sieht die Vorschrift nicht vor -ggf. abweichend von Art. 14 Abs. 1 (und auch von Art. 21 Abs. 2) OECD-MustAbK 1995 und womöglich auch abweichend von Art. 21 DBA-USA 1989 für solche (anderen) Einkünfte, die in den vorstehenden Artikeln des Abkommens nicht behandelt werden und nach dessen Absatz 2 es bei dem strikten Ausübungserfordernis verbleibt, wenn der Einkünfteempfänger im anderen Vertragsstaat eine selbständige Arbeit „durch“ eine dort gelegene feste Einrichtung ausübt-, und derartiges lässt sich auch nicht unter Rückgriff auf das internrechtliche Konzept einer Mitunternehmerschaft begründen. Darauf kann im Rahmen der abkommensautonomen Auslegung nicht zurückgegriffen werden; die sog. lex fori-Klausel des Art. 3 Abs. 2 DBA-USA 1989 ist nicht einschlägig, weil der Abkommenszusammenhang es anders erfordert.

Dem BFH-Urteil vom 26.02.2014[13], das ausführt, eine von einer Freiberuflergesellschaft unterhaltene feste Einrichtung werde den Gesellschaftern wie deren feste Einrichtung zugerechnet, ist insoweit nichts Abweichendes zu entnehmen. Die Entscheidung ist zu Art. 14 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Arabischen Emiraten zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen; und vom Vermögen und zur Belebung der wirtschaftlichen Beziehungen vom 09.04.1995[14] ergangen, dessen -Art. 14 OECD-MustAbk 1995 entsprechende- Fassung mit dem hier streitigen Art. 14 DBA-USA 1989 nicht übereinstimmt.

Ein anderes Verständnis von Art. 14 Abs. 1 DBA-USA 1989 ist der Entscheidung des Streitfalls nicht aufgrund der vom Finanzamt unter dem 9.06.2004 erteilten verbindlichen Auskunft zugrunde zu legen, weil die darin aufgestellten Voraussetzungen für eine Bindungswirkung nicht erfüllt sind.

Eine verbindliche Auskunft ist als behördliche Erklärung vom Revisionsgericht in eigener Zuständigkeit entsprechend §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auszulegen[15].

Nach dem danach maßgeblichen Empfängerhorizont enthält die der US-LLP -anlässlich der Neuaufnahme der in Deutschland tätigen Gesellschafter zu 2. bis 4.- erteilte Auskunft zwar die von ihr gewünschte Auslegung von Art. 14 Abs. 1 DBA-USA 1989 i.S. des dargelegten „Betriebsstättenmodells“. Die Auskunft steht aber unter der im Streitfall nicht erfüllten „Prämisse“, dass die in Deutschland tätigen Gesellschafter in den USA nach dem Betriebsstättenprinzip besteuert werden. Diese „Prämisse“ konnte ein verständiger Empfänger nur so verstehen, dass es dem Finanzamt darauf ankam, zwischen der deutschen und der US-amerikanischen Besteuerung eine „Entscheidungsharmonie“ herzustellen, und zwar -anders als die US-LLP meint- nicht lediglich hinsichtlich der abkommensrechtlichen Einschätzung in den USA, sondern auch hinsichtlich der internrechtlichen Beurteilung und der tatsächlichen Besteuerung der US-LLP bzw. der betroffenen in Deutschland tätigen Gesellschafter. Infolgedessen genügt es nicht, dass die Finanzverwaltung der USA, wie das Finanzgericht festgestellt hat, Art. 14 Abs. 1 DBA-USA 1989 i.S. eines „Betriebsstättenmodells“ verstanden hat. Vielmehr ist maßgebend, dass die in Deutschland tätigen Gesellschafter, wie das Finanzgericht ebenfalls festgehalten hat, aufgrund der besonderen internrechtlichen Vorschriften für nicht in den USA ansässige Partner von Personengesellschaften, die GP bezogen haben, tatsächlich nicht i.S. des „Betriebsstättenmodells“ besteuert worden sind, weil die USA insofern entscheidend auf die dortigen Ausübungstage der betreffenden Partner abstellen.

Schließlich lässt sich ein abweichendes Ergebnis auch nicht damit begründen, dass, wie die US-LLP vorträgt, alle übrigen Gesellschafter nach dem „Betriebsstättenmodell“ besteuert worden seien. Abgesehen davon, dass der angefochtene Bescheid auch insoweit der (Teil-)Bestandskraft fähig und nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, besteht keine Handhabe dafür, diese nach den obigen Darlegungen rechtswidrige Verwaltungspraxis auf die in Deutschland tätigen Gesellschafter zu erstrecken.

Die Sache ist nicht spruchreif. Das Finanzgericht ist in der angefochtenen Entscheidung von einem anderen abkommensrechtlichen Verständnis, namentlich dem sog. „Betriebsstättenmodell“, ausgegangen. Auf die tatsächliche Arbeitsausübung der in Deutschland tätigen Gesellschafter kam es ihm nicht an, sodass entsprechende tragfähige Feststellungen hierzu fehlen. Das Finanzgericht wird folglich im zweiten Rechtsgang anhand des dargelegten individualistischen Verständnisses von Art. 14 Abs. 1 DBA-USA 1989 für jeden in Deutschland tätigen Gesellschafter zu prüfen haben, inwieweit er „seine“ Arbeit in den USA ausgeübt hat und seine Einkünfte einer festen Einrichtung zuzurechnen sind, die ihm in den USA für die Ausübung „seiner“ Tätigkeit gewöhnlich zur Verfügung stand.

Zur Beantwortung sich daran etwaig anschließender Rechtsfragen, etwa betreffend das Verständnis von Art. 23 Abs. 2 Satz 2 DBA-USA 1989 oder die (rückwirkende) Anwendung von § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13.12 2006[16] besteht derzeit ebenso wenig Veranlassung, wie der Frage danach, ob die US-LLP ihren Gewinn durch Vermögensvergleich nach Maßgabe von § 4 Abs. 1, § 5 EStG 2002 zu ermitteln hat[17].

Bundesfinanzhof, Urteil vom 25. November 2015 – I R 50/14

  1. Abgabenordnung i.d.F. bis zu seiner Änderung durch das Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften -Zollkodexanpassungsgesetz [ZollkodexAnpG]- vom 22.12 2014, BGBl I 2014, 2417, BStBl I 2015, 58[]
  2. vgl. BFH, Urteile vom 24.08.2011 – I R 46/10, BFHE 234, 339, BStBl II 2014, 764; vom 24.04.2007 – I R 33/06, BFH/NV 2007, 2236[]
  3. vgl. BFH, Urteil vom 18.12 2002 – I R 92/01, BFHE 201, 447[]
  4. vgl. BFH, Urteil vom 20.01.2005 – IV R 22/03, BFHE 209, 108, BStBl II 2005, 559, m.w.N.[]
  5. BFH/NV 2010, 161; vgl. schon BFH, Urteil vom 29.04.1987 – I R 118/83, BFHE 149, 508, BStBl II 1988, 168[]
  6. vgl. BFH, Beschluss vom 13.05.2013 – I R 39/11, BFHE 241, 1, m.w.N.[]
  7. vgl. dazu BFH, Urteil in BFHE 201, 447[]
  8. Wolff in Wassermeyer, USA Art. 14 Rz 7, 25[]
  9. s. dazu BFH, Urteile vom 20.08.2008 – I R 39/07, BFHE 222, 509, BStBl II 2009, 234; und vom 20.08.2008 – I R 34/08, BFHE 222, 521, BStBl II 2009, 263[]
  10. vgl. etwa US-amerikanisches Revenue Ruling 2004-3 vom 17.02.2004, Internal Revenue Bulletin 2004-7; Handbook on the 1989 US-German Tax Convention, Art. 14 Rz 106; OECD, Issues Related to Art. 14 OECD Model Tax Convention in Issues in International Taxation 2000 No. 7, Tz. 44, und zu alledem und zur Entwicklung der Verwaltungspraxis Richter in Wassermeyer/Richter/Schnittker, Personengesellschaften im Internationalen Steuerrecht, 2. Aufl., Rz 7.59 ff.; Wassermeyer in Wassermeyer, MA Art. 14 Rz 50 f., 77, 81; Kempermann in Gocke/Gosch/Lang [Hrsg.], Körperschaftsteuer, Internationales Steuerrecht, Doppelbesteuerung, Festschrift für Franz Wassermeyer, 2005, S. 333, 339; Urtz in Gassner/Lang/Lechner, Die Betriebstätte im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, S. 170 ff.; Tcherveniachki in Schönfeld/Ditz, DBA, Art. 14 a.F. Rz 65; Breuninger, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht 2002/2003, 500, 507; Krabbe, FinanzRundschau 1995, 692, 693 f.; Rademacher-Gottwald, Besteuerungsprobleme der grenzüberschreitenden Sozietäten von Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern, 2001, S. 257; Haiß in Herrmann/Heuer/Raupach, § 49 EStG Rz 690; Rautenstrauch in Betriebsstätten-Besteuerung, 2. Aufl., Rz 1558 f.; Kramer, Internationale Wirtschaftsbriefe -IWB-, Fach 10 Gruppe 2, 1688; Mick/Dyckmans in Mössner u.a., Steuerrecht international tätiger Unternehmen, 4. Aufl., Rz 8.75 ff.; vgl. auch BMF, Schreiben betr. Grundsätze der Verwaltung für die Prüfung der Aufteilung der Einkünfte bei Betriebsstätten international tätiger Unternehmen [Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze] vom 24.12 1999, BStBl I 1999, 1076, Tz.06.1[]
  11. s. dazu z.B. Wolff in Wassermeyer, USA Art. 14 Rz 37, vgl. Rz 25; Thulfaut, Die Besteuerung international tätiger Anwaltssozietäten, 2005, passim; Jacob, Handkommentar DBA-USA, 1992, Art. 14 Rz 2; Hemmelrath in Vogel/Lehner, DBA, 6. Aufl., Art. 14 Rz 30; derselbe in Gestaltung und Analyse in der Rechts, Wirtschafts- und Steuerberatung von Unternehmen, 1998, 631 ff.; Bödefeld in Gosch/Kroppen/Grotherr, DBA, Art. 14 OECD-MustAbk Rz 102 ff.; Portner/Bödefeld, IWB Fach 3 Gruppe 3, 1037; Töben, IWB Fach 10 Gruppe 2, 1253; Seer, Die Besteuerung der Anwaltskanzlei, 2001, Rz 106; s.a. Endres in Endres/Jacob/Gohr/Klein, DBA Deutschland/USA, Art. 14 Rz 9 a.E.[]
  12. ständige BFH-Rechtsprechung, vgl. BFH, Urteil vom 10.06.2015 – I R 79/13, BFHE 250, 110, m.w.N.[]
  13. BFH, Urteil vom 26.02.2014 – I R 56/12, BFHE 245, 143, BStBl II 2014, 703[]
  14. BGBl II 1996, 518, BStBl I 1996, 588[]
  15. vgl. zuletzt BFH, Urteil vom 18.12 2014 – IV R 22/12, BFHE 248, 354, BStBl II 2015, 606[]
  16. BGBl I 2006, 2878, BStBl I 2007, 28[]
  17. vgl. dazu BFH, Urteile vom 25.06.2014 – I R 24/13, BFHE 246, 404, BStBl II 2015, 141; und vom 10.12 2014 – I R 3/13, BFH/NV 2015, 667[]