Tonnagebesteuerung bei Handelsschiffen

§ 5a EStG setzt die Absicht des Steuerpflichtigen zum langfristigen Betrieb von Handelsschiffen voraus. Die Veräußerung eines Schiffs mit dem Ziel, aus dem Erlös erst das i.S. des § 5a EStG betriebene Schiff zu erwerben, ist kein Hilfsgeschäft nach § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG.

Tonnagebesteuerung bei Handelsschiffen

Gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 EStG ist bei einem Gewerbebetrieb mit Geschäftsleitung im Inland der Gewinn, soweit er auf den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr entfällt, auf unwiderruflichen Antrag des Steuerpflichtigen nach der in seinem Betrieb geführten Tonnage zu ermitteln, wenn die Bereederung dieser Handelsschiffe im Inland durchgeführt wird. Nach § 5a Abs. 4a Satz 1 EStG tritt bei Gesellschaften i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG für die Zwecke des § 5a EStG an die Stelle des Steuerpflichtigen die Gesellschaft. Als Gewinnermittlungsvorschrift knüpft § 5a EStG an die Ermittlung des dem Steuerrechtssubjekt zuzurechnenden Gewinns an, d.h. im Fall einer Personengesellschaft an deren Gewinnermittlung und nicht, wie die Klägerin offenbar meint, an die konsolidierte Ermittlung des Gewinns für eine übergeordnete Gesellschaftsstruktur wie etwa eine Gruppe von Schiffsgesellschaften, deren Schiffe eine Flotte bilden.

Handelsschiffe werden nach der Legaldefinition des § 5a Abs. 2 Satz 1 EStG im internationalen Verkehr betrieben, wenn eigene oder gecharterte Seeschiffe, die im Wirtschaftsjahr überwiegend in einem inländischen Seeschiffsregister eingetragen sind, in diesem Wirtschaftsjahr überwiegend zur Beförderung von Personen oder Gütern im Verkehr mit oder zwischen ausländischen Häfen, innerhalb eines ausländischen Hafens oder zwischen einem ausländischen Hafen und der Hohen See eingesetzt werden.

§ 5a EStG setzt die Absicht des Steuerpflichtigen zum langfristigen Betrieb von Handelsschiffen voraus. Die Vorschrift sieht zwar keine bestimmte Mindestzeit für den Betrieb von Handelsschiffen vor. Aus dem Sinn und Zweck der Regelung ergibt sich jedoch, dass nur der langfristig angelegte Betrieb von Handelsschiffen begünstigt werden soll.

Mit der Einführung des § 5a EStG als Lenkungsnorm mit Subventionscharakter wollte der Gesetzgeber den Schifffahrtsstandort Deutschland sichern und stärken. Die in dieser Vorschrift vorgesehene pauschale Gewinnermittlung nach der Tonnage bewirkt eine effektive Steuerentlastung der Unternehmer, verlangt dafür aber, wie es bereits in der Begründung des Gesetzentwurfs heißt, eine langfristige Bindung des aktiven Schifffahrtsbetriebs an den Standort Deutschland[1]. Die demnach mit § 5a EStG bezweckte langfristige Bindung des aktiven Schifffahrtsbetriebs zur Sicherung des Schifffahrtstandorts Deutschland bildet die Rechtfertigung für die in ihren Wirkungen grundsätzlich gleichheitswidrige Steuerbegünstigung[2].

Die demnach vom Gesetzgeber gewollte und im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Vorschrift auch erforderliche langfristige Bindung des Schifffahrtsbetriebs an den Standort Deutschland kommt im Gesetz selbst in der in § 5a Abs. 3 EStG enthaltenen Bindungsfrist hinreichend zum Ausdruck. Danach hat der Steuerpflichtige zwar die Wahl, ob er zur Gewinnermittlung nach der Tonnage optieren oder seinen Gewinn aus dem Betrieb von Handelsschiffen nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG ermitteln will. Er ist aber an seine Entscheidung für einen Zeitraum von zehn Jahren gebunden. Der Gesetzgeber geht also davon aus, dass ein Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr eine gewisse Langfristigkeit erfordert. Begünstigt werden soll danach nur der langfristig angelegte, nicht aber der lediglich vorübergehende Betrieb von Handelsschiffen, der etwa erfolgt, wenn eine Einschiffsgesellschaft ihr Schiff kurzfristig zur Beförderung von Gütern oder Personen einsetzt, um es bis zu seiner von vornherein beabsichtigten Veräußerung wirtschaftlich sinnvoll zu nutzen.

Für diese Auslegung des § 5a EStG spricht auch § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG. Danach gehören zum Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr auch die unmittelbar mit ihrem Einsatz oder ihrer Vercharterung zusammenhängenden Neben- und Hilfsgeschäfte einschließlich der Veräußerung der Handelsschiffe. Wie sich bereits aus dem Wortlaut dieser Regelung ergibt, gehört die Veräußerung nur dann zum Betrieb eines Handelsschiffs, wenn dieser das Hauptgeschäft des Steuerpflichtigen darstellt und es sich bei der Veräußerung um ein Hilfsgeschäft zu diesem Hauptgeschäft handelt.

Veräußert eine Einschiffsgesellschaft ihr Schiff, so gibt sie damit zu erkennen, dass sie das Schiff nicht (mehr) langfristig als Handelsschiff i.S. des § 5a EStG einsetzen will.

Wird der schuldrechtliche Vertrag über die Veräußerung schon innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt geschlossen, zu dem erstmals alle übrigen Voraussetzungen des § 5a EStG vorlagen (Jahresfrist), so spricht nach Ansicht des BFHs eine widerlegliche Vermutung dafür, dass die Einschiffsgesellschaft schon zu Beginn der Jahresfrist nicht die nach § 5a EStG zusätzlich erforderliche Absicht zum langfristigen Betrieb von Handelsschiffen hatte und der Einsatz des Schiffs daher nicht im Rahmen eines Betriebs von Handelsschiffen i.S. des § 5a EStG erfolgte, sondern um die Zeit bis zur von vornherein beabsichtigten Veräußerung des Schiffs wirtschaftlich sinnvoll zu nutzen. Die Veräußerung ist in diesem Fall kein Hilfsgeschäft zum Einsatz als Hauptgeschäft, so dass eine Ermittlung des Gewinns aus dem Betrieb des Schiffs einschließlich seiner Veräußerung nach § 5a EStG nicht in Betracht kommt.

Die Einschiffsgesellschaft kann diese Vermutung durch den Nachweis widerlegen, dass sie zu Beginn der Jahresfrist das Schiff noch in der Absicht eingesetzt hat, langfristig Handelsschiffe i.S. des § 5a EStG zu betreiben, und sie den Entschluss zur Veräußerung des Schiffs erst später gefasst hat.

Veräußert die Einschiffsgesellschaft ihr Schiff erst nach Ablauf der Jahresfrist, wird widerlegbar vermutet, dass sie das Schiff zunächst in der Absicht eingesetzt hat, langfristig Handelsschiffe i.S. des § 5a EStG zu betreiben, die Veräußerung also ein Hilfsgeschäft i.S. des § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG zum Betrieb als Hauptgeschäft darstellt. In diesem Fall obliegt es der Finanzbehörde, die Vermutung durch den Nachweis zu widerlegen, dass die Veräußerung des Schiffs schon bei Beginn der Jahresfrist beabsichtigt war.

Diese Vermutungsregel gilt allerdings nicht, wenn das Schiff bei Beginn der Jahresfrist schon veräußert ist oder wenn bei Beginn dieser Frist schon feststeht, dass das Schiff innerhalb der Frist veräußert werden soll und es auch innerhalb der Frist veräußert wird. In einem solchen Fall steht vielmehr bereits unwiderlegbar fest, dass die Einschiffsgesellschaft schon bei Beginn der Jahresfrist nicht die Absicht zum langfristigen Betrieb von Handelsschiffen i.S. des § 5a EStG hatte und der Einsatz des Schiffs daher nicht im Rahmen eines Betriebs von Handelsschiffen i.S. des § 5a EStG erfolgte.

Wie bereits dargelegt, gehören zum Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr nach § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG u.a. auch die unmittelbar mit ihrem Einsatz oder ihrer Vercharterung zusammenhängenden Neben- und Hilfsgeschäfte einschließlich der Veräußerung.

Nebengeschäfte sind dabei solche Geschäfte, die nicht den eigentlichen Zweck der unternehmerischen Betätigung ausmachen und sich auch nicht notwendig aus dem eigentlichen Geschäftsbetrieb ergeben, aber in seiner Folge vorkommen und nebenbei mit erledigt werden. Hilfsgeschäfte sind solche Geschäfte, die der Geschäftsbetrieb üblicherweise mit sich bringt und die die Aufnahme, Fortführung und Abwicklung der Haupttätigkeit erst ermöglichen. Während Nebengeschäfte regelmäßig bei Gelegenheit des Hauptgeschäfts, also zeitlich neben diesem vorkommen, ist es für Hilfsgeschäfte, die in einer funktionalen Beziehung zum Hauptgeschäft stehen, typisch, dass sie dem Hauptgeschäft auch zeitlich vor- oder nachgehen können[3].

Die Veräußerung eines Schiffs betrifft üblicherweise die Beendigung seines Einsatzes im Betrieb des Steuerpflichtigen. Sie erfolgt regelmäßig als letzter Akt im Anschluss an den Einsatz oder die Vercharterung des Schiffs. Ein Schiff zu erwerben und zu veräußern, um aus seinem Veräußerungserlös erst das Schiff zu erwerben, mit dem der Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr erfolgen soll, ist für einen solchen Geschäftsbetrieb nicht üblich. Eine entsprechende Veräußerung stellt daher kein Hilfsgeschäft i.S. des § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG dar.

Danach ist die Veräußerung des Handelsschiffs kein Hilfsgeschäft zu einem etwa mit dem nachfolgenden Einsatz eines anderen Handelsschiffs erfolgten Betrieb von Handelsschiffen i.S. des § 5a EStG. Vielmehr wird in einem solchen Fall erst frühestens durch den Einsatz des zweiten Handelsschiffs ein Handelsschiff i.S. des § 5a EStG betrieben. Dass der Erwerb dieses Schiffs teilweise aus dem Erlös der Veräußerung des ersten Schiffs finanziert wird, reicht nicht aus, um die Veräußerung des ersten Schiffs “ als Hilfsgeschäft i.S. des § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG zu qualifizieren.

Eine andere Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG ist nicht etwa deshalb geboten, weil für die Klägerin, die ihren Gewinn im Streitjahr demnach nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG zu ermitteln hatte, keine Möglichkeit zur Übertragung des Gewinns aus der Veräußerung der MS „A“ auf die Anschaffungskosten der MS „B“ nach § 6b EStG bestand. Anders als die Klägerin in der mündlichen Verhandlung geäußert hat, wurden Schiffe durch das Steuerentlastungsgesetz (StEntlG) 1999/2000/2002[4] nicht etwa deshalb mit Wirkung ab dem 1. Januar 1999 aus dem Katalog der nach § 6b EStG begünstigten Wirtschaftsgüter herausgenommen, weil zum gleichen Zeitpunkt die durch das Seeschiffahrtsanpassungsgesetz (SchAnpG)[5] in das EStG eingefügte Regelung des § 5a EStG in Kraft trat. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Begünstigungsausschluss sämtliche Schiffe und nicht nur Handelsschiffe i.S. des § 5a EStG betraf. Zudem enthielt § 5a EStG i.d.F. des SchAnpG in seinem Abs. 4 Satz 3 Buchst. b Halbsatz 2 zunächst eine sinngemäße Anwendung des § 6b EStG im Rahmen der Gewinnermittlung nach der Tonnage, die erst durch das Steuerbereinigungsgesetz 1999[6] mit Wirkung für nach dem 31. Dezember 1999 endende Wirtschaftsjahre gestrichen wurde. Der Gesetzgeber begründete diese Änderung des § 5a EStG damit, dass es sich um eine Folgeänderung zur Änderung des § 6b EStG durch Art. 1 Nr. 9 StEntlG 1999/2000/2002 handele[7]. Mit der Herausnahme der Schiffe aus dem Katalog der nach § 6b EStG begünstigten Wirtschaftsgüter wollte der Gesetzgeber also unabhängig von der Einführung der Gewinnermittlung nach der Tonnage nach § 5a EStG die Übertragung des Gewinns aus der Veräußerung von Schiffen insgesamt abschaffen.

Bei der demnach nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG vorzunehmenden Gewinnermittlung der gewerblichen Einkünfte ist der Gewinn aus der Veräußerung des ersten Schiffs nicht als steuerbegünstigten Veräußerungsgewinn nach §§ 16, 34 EStG zu behandeln.

Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. § 34 EStG sind Gewinne aus der Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs ermäßigt zu besteuern.

Eine Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebs setzt voraus, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang auf den Erwerber übertragen werden und gleichzeitig die bisher in dem Betrieb entfaltete gewerbliche Tätigkeit endet[8]. Danach liegt hier keine Betriebsveräußerung vor: Die Gesellschaft hat im vorliegenden Fall ihre gewerbliche Tätigkeit mit der Veräußerung des ersten Handelsschiffs nicht beendet. Vielmehr war ihre Tätigkeit nach der Veräußerung dieses Schiffs auf den Erwerb und den Betrieb eines neuen Seeschiffs gerichtet.

Die Veräußerung des ersten Schiffs ist auch nicht als Veräußerung eines Teilbetriebs i.S. des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG anzusehen. Denn ein Teilbetrieb setzt u.a. voraus, dass es neben diesem noch mindestens einen weiteren Teilbetrieb im Rahmen des Gesamtbetriebs gibt[9]. Daran fehlt es vorliegend, denn das mit dem ersten Schiff als einzigem Seeschiff betriebene Unternehmen bestand nicht aus mehreren Teilbetrieben.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 26. September 2013 – IV R 46/10

  1. vgl. BT-Drs. 13/8023, S. 27, BT-Drs. 13/10271, S. 7[]
  2. vgl. BFH, Urteil vom 19.07.2011 – IV R 42/10, BFHE 234, 226, BStBl II 2011, 878, unter B.II.3.b dd[]
  3. vgl. BFH, Urteil vom 24.11.1983 – IV R 74/80, BFHE 139, 569, BStBl II 1984, 155, zu § 34c Abs. 4 EStG a.F.[]
  4. vom 24.03.1999, BGBl I 1999, 402[]
  5. vom 09.09.1998, BGBl I 1998, 2860[]
  6. vom 22.12.1999, BGBl I 1999, 2601[]
  7. BR-Drs. 475/99, S. 57 f.[]
  8. z.B. BFH, Urteil vom 17.07.2008 – X R 40/07, BFHE 222, 433, BStBl II 2009, 43, unter II.2.[]
  9. vgl. BFH, Urteil vom 16.11.2005 – X R 17/03, BFH/NV 2006, 532[]