Verzinsung eines Erstattungsanspruchs

Die Verzinsung von Einfuhrabgaben, die infolge einer Änderung der KN erstattet werden, ist nicht gemäß Art. 241 Satz 1 ZK ausgeschlossen.

Verzinsung eines Erstattungsanspruchs

Die Frage nach einer Verzinsung des Erstattungsbetrags ist durch die EuGH-Rechtsprechung geklärt: Mit Urteil Wortmann[1] hat der Gerichtshof der Europäischen Union im Zusammenhang mit der Erstattung von Antidumpingzoll aufgrund der teilweisen Nichtigkeit der der Erhebung zugrunde liegenden Verordnung entschieden, dass Art. 241 ZK in diesem Fall keine Anwendung findet. Diese Vorschrift betrifft den Fall, dass es sich nach der Überlassung der betreffenden Waren durch die Zollbehörde erweist, dass die ursprüngliche Festsetzung der Einfuhrabgaben nach unten angepasst werden muss und daher die entrichteten Einfuhrabgaben ganz oder teilweise zu erstatten sind. Der Vorschrift liegt die Überlegung zugrunde, dass die Zollbehörden die Zollanmeldungen in den meisten Fällen erst nachträglich prüfen, so dass durchaus die Möglichkeit besteht, dass diese Prüfung zur Erstattung bereits entrichteter Einfuhrabgaben führt.

Davon ausgehend scheidet eine Verzinsung aus, wenn die Zollanmeldung vor ihrer Annahme nicht überprüft wurde und die Unrichtigkeit der Abgabenfestsetzung der Schnelligkeit des Abfertigungsgeschehens geschuldet ist. Art. 241 ZK steht einer Verzinsung allerdings dann nicht entgegen, wenn die Erstattung der Einfuhrabgaben aufgrund eines Wegfalls der Rechtsgrundlage für deren Festsetzung erfolgt. Dies ist auch dann der Fall, wenn -wie im Streitfall- nach der Annahme der Zollanmeldung die KN geändert wird, aus der sich der für die Abgabenberechnung maßgebliche Zollsatz ergibt.

Gleichermaßen stellt auch eine vZTA i.S. des Art. 12 Abs. 1 ZK eine solche Rechtsgrundlage dar, weil sich der Einführer auf sie in der Zollanmeldung berufen kann und die Zollbehörden gemäß Art. 12 Abs. 2 ZK hinsichtlich der zolltariflichen Einreihung der Waren daran gebunden sind. Dem steht nicht entgegen, dass der Zollanmelder unter Geltung des ZK nicht verpflichtet war, sich in der Zollanmeldung auf die vZTA zu berufen. Denn jedenfalls war ein Zollanmelder berechtigt, sich auf eine für die eingeführten Waren erteilte vZTA zu berufen. Stellt sich später heraus, dass diese -wie im Streitfall- aufgrund einer Änderung der KN letztlich materiell-rechtlich nicht richtig gewesen ist, ist auch dies ein Fall der fehlenden Rechtsgrundlage, so dass Art. 241 Satz 1 ZK einer Verzinsung nicht entgegensteht.

Die Rechtssache hat auch nicht deshalb grundsätzliche Bedeutung, weil die Abhilfe im Streitfall im außergerichtlichen Verfahren erfolgt ist, während dem EuGH, Urteil Wortmann[1] ein Fall zugrunde lag, in dem der EuGH die Antidumpingverordnung teilweise für nichtig erklärt hatte. Denn auch dann, wenn eine vZTA aufgrund einer Änderung der KN gemäß Art. 12 Abs. 5 Buchst. a Ziff. i ZK ungültig geworden ist, entfällt die gesicherte Rechtsposition des Zollanmelders und somit auch die Rechtsgrundlage für die in der Zollanmeldung vorgenommene Einreihung der Waren. Soweit die KN durch die VO 953/2013 geändert worden ist, gilt dies gemäß Art. 288 AEUV unmittelbar in jedem Mitgliedstaat und bedarf keiner gerichtlichen Entscheidung, um Rechtswirkung zu entfalten.

Die eine Verzinsung zusprechende Entscheidung des in der Vorinstanz hiermit befassten Finanzgerichts Düsseldorf[2] weicht nicht i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO von dem EuGH, Urteil Wortmann[1] ab. Denn im Streitfall beruht die Erstattung der Einfuhrabgaben nicht darauf, dass die Zollanmeldungen ungeprüft angenommen worden sind. Vielmehr hat die Klägerin die Einreihung entsprechend der ihr für die Waren erteilten vZTAe vorgenommen. Eine Anwendung des Art. 241 ZK und demzufolge einen Ausschluss der Verzinsung hat der EuGH in seinem Urteil Wortmann[1] jedoch nur für den Fall einer nachträglichen Prüfung der Zollanmeldung angenommen, während er die Verzinsung eines Erstattungsanspruchs aufgrund des Wegfalls der für die Abgabenfestsetzung maßgeblichen Rechtsgrundlage -ebenso wie das Finanzgericht- ausdrücklich nicht ausgeschlossen hat.

Soweit sich das Hauptzollamt auf ein Vorabentscheidungsersuchen des Finanzgericht Hamburg beruft, legt es keine Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO dar. Die Abweichung der Vorentscheidung von der in einem Vorabentscheidungsersuchen eines anderen nationalen Gerichts an den EuGH gemäß Art. 267 AEUV vertretenen Rechtsauffassung kann schon grundsätzlich die Zulassung der Revision nicht tragen[3]. Der Zulassungsgrund der Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO setzt in der Fallgruppe der Rechtsprechungsdivergenz die Abweichung des angefochtenen Urteils von einer anderen gerichtlichen Entscheidung über die nämliche Rechtsfrage voraus. Mit einem Vorabentscheidungsersuchen gemäß Art. 267 AEUV „entscheidet“ das vorlegende Gericht jedoch nicht über Rechtsfragen, was schon daraus zu ersehen ist, dass das Gericht in seinem späteren Urteil in dieser Sache nicht an die von ihm in dem Vorabentscheidungsersuchen vertretenen Rechtsansichten gebunden ist[4].

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 21. Januar 2021 – VII B 121/20

  1. EU:C:2017:19, ZfZ 2017, 42[][][][]
  2. FG Düsseldorf, Urteil vom 22.07.2020 – 4 K 1163/18 Z[]
  3. vgl. auch BFH, Beschluss vom 23.04.2009 – X B 229/08[]
  4. BFH, Beschluss vom 21.03.2018 – I B 63/17, BFH/NV 2018, 838, Rz 13[]