Im Vergütungsverfahren genügt der Antragsteller seiner Verpflichtung zur Vorlage der Rechnung in Kopie, wenn er innerhalb der Antragsfrist seinem Antrag ein Rechnungsdokument in Kopie beifügt, das den Mindestanforderungen entspricht, die an eine berichtigungsfähige Rechnung zu stellen sind[1].

Nach § 18 Abs. 9 Satz 2 UStG i.V.m. § 61 Abs. 2 Satz 3 UStDV sind dem Vergütungsantrag auf elektronischem Weg die Rechnungen und Einfuhrbelege in Kopie beizufügen, wenn das Entgelt für den Umsatz oder die Einfuhr mindestens 1.000 EUR, bei Rechnungen über den Bezug von Kraftstoffen mindestens 250 EUR beträgt.
Unionsrechtlich beruhte dies auf Art. 10 der Richtlinie 2008/9/EG. Danach kann der Mitgliedstaat der Erstattung unbeschadet der Informationsersuchen gemäß Art.20 verlangen, dass der Antragsteller zusammen mit dem Erstattungsantrag auf elektronischem Wege eine Kopie der Rechnung oder des Einfuhrdokuments einreicht, falls sich die Steuerbemessungsgrundlage auf einer Rechnung oder einem Einfuhrdokument auf mindestens 1.000 EUR oder den Gegenwert in der jeweiligen Landeswährung beläuft; bei einer Rechnung über Kraftstoff beträgt dieser Schwellenwert 250 EUR oder den Gegenwert in der jeweiligen Landeswährung.
Im Streitfall hat die Klägerin die danach erforderlichen Rechnungen zu den Antragspositionen 1 und 13 innerhalb der maßgeblichen Antragsfrist eingereicht und diese dann im Verfahren um weitere Dokumente ergänzt.
§ 18 Abs. 9 Satz 2 UStG i.V.m. § 61 Abs. 2 Satz 3 UStDV enthält keine eigenständige Definition der Rechnung, so dass dieser Begriff i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG zu verstehen ist.
Das Verfahren nach § 18 Abs. 9 UStG dient -vorbehaltlich hier nicht einschlägiger Sonderregelungen wie etwa für den Bezug von Kraftstoffen oder in Bezug auf Vergütungsmindestbeträgen- lediglich dazu, die Vergütung von Vorsteuerbeträgen -abweichend vom Regelbesteuerungsverfahren- einem besonderen Verfahren zu unterwerfen, ohne aber den Anspruch auf Vorsteuerabzug inhaltlich auszugestalten. Daher handelt es sich bei der in Kopie auf elektronischem Weg dem Antrag beizufügenden Rechnung um die für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG erforderlichen Rechnung.
Wie der Bundesfinanzhof unter Berücksichtigung unionsrechtlicher Erfordernisse[2] bereits ausdrücklich entschieden hat, liegt eine berichtigungsfähige Rechnung jedenfalls dann vor, wenn sie Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthält, so dass sie bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht berichtigt werden kann[3].
Im Hinblick auf die lediglich verfahrensrechtlichen Besonderheiten des Vergütungsverfahrens folgt hieraus für das Vergütungsverfahren, dass der Antragsteller seiner Verpflichtung zur Rechnungsvorlage in Kopie genügt, wenn er innerhalb der Antragsfrist seinem Antrag ein Rechnungsdokument in Kopie beifügt, das den Mindestanforderungen entspricht, die an eine berichtigungsfähige Rechnung nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs[4] zu stellen sind.
Denn berechtigt eine Rechnung, die jedenfalls diesen Mindestanforderungen entspricht, aufgrund einer nachträglichen Ergänzung oder Berichtigung rückwirkend auf den Zeitpunkt ihrer Erteilung zum Vorsteuerabzug, genügt die Vorlage einer derartigen Rechnung in Kopie mangels weiterer Besonderheiten im Vergütungsverfahren auch zur Wahrung der Antragsfrist im Vergütungsverfahren.
Hierfür spricht zudem, dass die Vorlage einer nur den Mindestanforderungen entsprechenden Rechnung dem mit der Vorlagepflicht verfolgten Informations- und Dokumentationszweck jedenfalls insoweit entspricht, als das BZSt vom Vorliegen des für Rechnungen erforderlichen Mindestinhalts Kenntnis nehmen kann und in der Lage ist, zusätzliche Informationen, wie etwa Berichtigungsdokumente, auf der Grundlage von Art.20 der Richtlinie 2008/9/EG (vgl. auch § 61 Abs. 6 UStDV) anzufordern, wenn es dies für erforderlich hält.
Schließlich verstößt eine Auslegung, nach der bereits jegliche Vorlagemängel innerhalb der Antragsfrist zu einem endgültigen Ausschluss von der Vorsteuervergütung führen würden, gegen den auch im Vergütungsverfahren zu beachtenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Danach müssen sich die Mitgliedstaaten der Mittel bedienen, die das fundamentale Prinzip des Rechts auf Vorsteuerabzug möglichst wenig beeinträchtigen[5]. Es ist für den Bundesfinanzhof nicht ersichtlich, dass sich die auf das Regelbesteuerungsverfahren beziehende Rechtsprechung bei Ausübung der für die Mitgliedstaaten nach Art. 10 der Richtlinie 2008/9/EG bestehende Ermächtigung ohne Bedeutung sein sollte.
Enthalten mithin die dem BZSt vorgelegten Rechnungskopien unter Berücksichtigung der Firmenbezeichnungen der Leistenden die erforderlichen Mindestangaben
- zum Rechnungsaussteller,
- zum Leistungsempfänger,
- zur Leistungsbeschreibung,
- zum Entgelt und
- zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer.
, kann die Antragstellerin die vollständigen Rechnungsdokumente mit Rückwirkung nachreichen.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 15. Oktober 2019 – V R 19/18
- Fortführung BFH, Urteil vom 20.10.2016 – V R 26/15, BFHE 255, 348[↩]
- vgl. hierzu Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union -EuGH- Bundesfinanzhofex vom 15.09.2016 – C-518/14, EU:C:2016:691[↩]
- BFH, Urteil vom 20.10.2016 – V R 26/15, BFHE 255, 348, Leitsätze 1 und 2[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 255, 348[↩]
- EuGH, Urteil EMS-Bulgaria Transport vom 12.07.2012 – C-284/11, EU:C:2012:458, Rz 69[↩]