Vorzeitige Veräußerung von Übersiedlungsgut

Wird Übersiedlungsgut durch Anordnung der Zollstelle in den zollrechtlichen freien Verkehr zur besonderen Verwendung überführt und enthält die Anordnung den Hinweis auf die für die Abgabenfreiheit einzuhaltende Behaltensfrist, so führt die mangelnde Lesbarkeit der Frist nicht dazu, dass die gesetzlich vorgesehene Behaltensfrist unwirksam ist.

Vorzeitige Veräußerung von Übersiedlungsgut

Die rechtlichen Regelungen für die Behandlung von Übersiedlungsgut finden sich in der Zollbefreiungsverordnung[1].

Die gemäß Art. 2 ZollbefreiungsVO gewährte Befreiung von Eingangsabgaben für den PKW als Übersiedlungsgut erfolgt unter der Beschränkung des Art. 7 ZollbefreiungsVO, nach dem das Übersiedlungsgut vor Ablauf einer Frist von zwölf Monaten nach Annahme des Antrags auf Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr ohne vorherige Unterrichtung der zuständigen Behörden weder verliehen, verpfändet, vermietet, veräußert noch überlassen werden darf. Bei pflichtwidriger Verfügung über das Übersiedlungsgut entsteht die Einfuhrschuld gemäß Art. 203 oder Art. 204 Abs. Buchst a) ZK[2].

Die Beschränkung des Art. 7 ZollbefreiungsVO besteht von Gesetzes wegen und bedarf zu ihrer Wirksamkeit keiner behördlichen Regelung. Die Konkretisierung in einem Verwaltungsakt – hier gegebenenfalls auf dem Anmeldeformular unter Ziffer 8 des für Eintragungen der Zollverwaltung vorgesehenen Abschnitts – begründet die Beschränkung nicht, sondern teilt sie („deklaratorisch“) lediglich mit.

Im vorliegenden Fall war die Zollanmeldung des Klägers am 11. April 2008 bei der Zollstelle eingegangen, so dass die Frist nach Art. 7 ZollbefreiungsVO und damit die zollamtliche Überwachung bis zum 11. April 2009 andauerte, also vor dem 12. April 2009 über das Fahrzeug nicht ohne weiteres verfügt werden durfte. Durch die vorher erfolgte Veräußerung ist der PKW der zollamtlichen Überwachung entzogen und damit die Einfuhrschuld, die der Höhe nach auch vom Kläger nicht beanstandet wird, entstanden und rechtmäßig festgesetzt worden.

Welche Auswirkungen es haben kann, wenn die Zollstelle mit der Überlassung der Ware eine unzutreffende Mitteilung der Beschränkung oder ihres Inhalts vornimmt – z. B. durch falsche Angabe des Datums, bis zu dem ohne Unterrichtung des Zolls keine Verfügungen getroffen werden dürfen -, braucht an dieser Stelle nicht geklärt zu werden. Denn die Zollstelle hat keine unzutreffende Mitteilung, sondern nur eine aus sich heraus nicht eindeutige Mitteilung gemacht. Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass die Datumsangabe auf dem Formular nicht als eine das Jahr 2009 bezeichnende Angabe „09“ lesbar ist. Vielmehr ist das letzte Zeichen der Datumsangabe nur ein Krakel, in dem keine der Ziffern erkennbar ist. Damit kann dieses Zeichen allerdings genauso wenig als „8“ und damit als das Jahr 2008 bezeichnend gelesen werden.

Auch aus dem Zusammenhang konnte die Jahresangabe keinesfalls als „08“ verstanden werden. In diesem Fall wäre die Frist bereits am Tag der Anmeldung abgelaufen. Auch der handschriftliche Zusatz, der selbst auf der vom Kläger im Termin vorgelegten und in Augenschein genommenen Durchschrift noch hinreichend leserlich war, dass ein Umzug rechtzeitig anzuzeigen ist, wäre im Übrigen ohne Sinn gewesen.

Zusammenfassend kann nicht festgestellt werden, dass dem Kläger von den Zollbehörden mitgeteilt worden sei, die Behaltensfrist dauere nur bis zum 12. April 2008. Der Kläger hätte, sofern er denn die Mitteilung nicht eindeutig verstanden haben sollte, die Möglichkeit der klärenden Nachfrage gehabt. Ein Vertrauenstatbestand zugunsten des Klägers kann nicht erkannt werden. Keinesfalls kann die vom Kläger beanstandete Lesbarkeit dazu führen, dass – gegen den Inhalt der zugrundeliegenden Vorschriften – der für den Kläger denkbar günstigste Mitteilungsinhalt als verbindliche Regelung angesehen wird.

Es ist somit im Hinblick auf die Behaltensfrist auf jeden Fall bei der gesetzlichen Regel des Art. 7 ZollbefreiungsVO geblieben. Ob und warum der Kläger in der Vergangenheit Fahrzeuge eingeführt und kurzfristig veräußert hat ohne Einfuhrabgaben zu zahlen, ist für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts ohne rechtliche Bedeutung.

Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 22. Oktober 2010 – 4 K 110/10

  1. Verordnung (EWG) Nr. 918/83 des Rates vom 28. März 1983 über das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen vom 23.04.1983, ABl. L 105, S. 1 in der bei Anmeldung geltenden Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1671/2000 des Rates vom 20.07.2000, ABl. L 193 vom 29. Juli 2000, S. 11[]
  2. vgl. Möller in Dorsch, Zollrecht, A 3 – VO Zollbefreiungen Art. 7, Rdnr. 2[]