Auskunftserteilung an lettische Finanzbehörden

Die deutsche Finanzverwaltung ist zur Auskunftserteilung an lettische Finanzbehörden über deutsche Zulieferer und Preise berechtigt. Dabei erkennt das Finanzgericht Köln insbesondere an, dass es zur Bekämpfung der Hinterziehung von Umsatzsteuer durch sog. grenzüberschreitende „Karussellgeschäfte“ geeignet sein kann, die Lieferbeziehungen sämtlicher in diese Geschäfte eingeschalteter Unternehmer zu prüfen.

Auskunftserteilung  an lettische Finanzbehörden

Nach der höchstrichterlichen Finanzrechtsprechung – welcher sich das Finanzgericht Köln im hier entschiedenen Fall anschließt – ist als Grundlage für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch gegen die Auskunftserteilung einer Finanzbehörde § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB – in analoger Anwendung – i.V.m. § 30 AO anerkannt[1]. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind vorliegend jedoch nicht erfüllt.

Die Antragstellerin hat es jedoch, so das Finanzgericht Köln, analog § 1004 Abs. 2 BGB zu dulden, dass sich die Finanzbehörde an die ausländische Steuerbehörde wendet. Denn die Antragstellerin kann sich gegenüber dieser Mitteilung nicht auf das Steuergeheimnis nach § 30 AO berufen, weil nach § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO die durch Gesetz ausdrücklich zugelassene Befugnis zur Offenbarung besteht. Eine ausdrückliche gesetzliche Zulassung in diesem Sinne enthält § 117 Abs. 2 AO, wonach die Finanzbehörden auf Grund innerstaatlich anwendbarer völkerrechtlicher Vereinbarungen, innerstaatlich anwendbarer Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften sowie des EG-Amtshilfe-Gesetzes Amtshilfe leisten können. Durch eine Maßnahme, die sich in diesem Rahmen hält, wird deshalb das Steuergeheimnis nicht verletzt[2].

Im hier vom Finanzgericht Köln entschiedenen Streitfall leitet die Finanzbehörde ihre Befugnis zur Erteilung der beabsichtigten Auskünfte hiernach zu Recht aus der Verordnung (EG) Nr. 1798/2003 des Rates vom 07.10.2003 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 218/92[3] her.

Nach Art. 5 Abs. 1 Zusammenarbeits-VO erteilt die ersuchte Behörde (Art. 2 Nr. 6 Zusammenarbeits-VO) auf Antrag der ersuchenden Behörde (Art. 2 Nr. 5 Zusammenarbeits-VO) die in Art. 1 Zusammenarbeits-VO genannten Auskünfte, einschließlich solcher, die konkrete Einzelfälle betreffen. Gemäß Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Zusammenarbeits-VO regelt die Verordnung die Modalitäten, nach denen die in den Mitgliedsstaaten mit der Anwendung der Vorschriften auf dem Gebiet der MWSt. auf Warenlieferungen und Dienstleistungen, den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen und die Einfuhr von Waren beauftragten Verwaltungsbehörden untereinander und mit der Kommission zusammenarbeiten, um die Einhaltung der genannten Vorschriften zu gewährleisten. Zu diesem Zweck werden in dieser Verordnung Regeln und Verfahren festgelegt, nach denen die zuständigen Behörden der Mitgliedsstaaten untereinander zusammenarbeiten und einander Auskünfte erteilen, die für die korrekte Festsetzung der MWSt. geeignet sind (Art. 1 Abs. 1 Satz 2 Zusammenarbeits-VO). Auf Antrag der ersuchenden Behörde übermittelt die ersuchte Behörde dabei in Form von Berichten, Bescheinigungen und anderen Schriftstücken oder beglaubigten Kopien von Schriftstücken alle sachdienlichen Informationen, über die sie verfügt oder die sie sich beschafft, sowie die Ergebnisse der behördlichen Ermittlungen (Art. 7 i.V.m. Art. 5 Abs. 2 und 4 Zusammenarbeits-VO).

Diese tatbestandlichen Voraussetzungen für die Auskunftserteilung sind nach Ansicht des Finanzgerichts Köln im Streitfall erfüllt.

Anträge der lettischen Behörde auf Erteilung der Auskünfte liegen vor. Die Anträge umfassen insbesondere auch die mit dem vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung angegriffenen beabsichtigten Auskünfte, von welchen Firmen und zu welchen Preisen die Antragstellerin die an die lettischen Firmen gelieferten Waren zuvor erworben hat.

Entgegen der Rechtsansicht der Antragstellerin ist auch die Weitergabe der strittigen Auskünfte über die Bezugsquellen und die Bezugspreise der Antragstellerin durch die Regelungen der Zusammenarbeits-VO gedeckt.

Die Möglichkeiten einer rechtmäßigen Auskunftserteilung nach der Zusammenarbeits-VO sind sehr umfassend[4]. Dies zeigt zum einen bereits der Wortlaut der Regelungen in Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 2 Zusammenarbeits-VO, denn danach sind alle Auskünfte zu erteilen, die für die korrekte Festsetzung der MwSt. geeignet sind. Zum anderen zeigen auch die Begründungserwägungen der Zusammenarbeits-VO, dass der Verordnungsgeber innerhalb der Europäischen Gemeinschaft sehr weitreichende Möglichkeiten zur Auskunftserteilung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer schaffen wollte. So wird in der ersten Begründungserwägung ausgeführt, dass Steuerhinterziehung und Steuerumgehung über die Grenzen der Mitgliedsstaaten hinweg zu Einnahmeverlusten führen, das Prinzip der Steuergerechtigkeit verletzen und Verzerrungen des Kapitalverkehrs und des Wettbewerbs verursachen können. Sie beeinträchtigten folglich das Funktionieren des Binnenmarktes. Die Bekämpfung der MehrwertsteuerHinterziehung erfordert daher – so die zweite Begründungserwägung – eine enge Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden, die in den einzelnen Mitgliedsstaaten mit der Durchführung der einschlägigen Vorschriften betraut sind. Zu den Steuerharmonisierungsmaßnahmen, die im Hinblick auf die Vollendung des Binnenmarktes eingeleitet werden, sollte daher nach der dritten Begründungserwägung die Einrichtung eines gemeinsamen Systems für die Informationserteilung zwischen den Mitgliedsstaaten gehören, bei dem die Verwaltungsbehörden der Mitgliedsstaaten einander Amtshilfe gewähren und mit der Kommission zusammenarbeiten, um eine ordnungsgemäße Anwendung der Mehrwertsteuer auf Warenlieferungen und Dienstleistungen, den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen und auf die Einfuhr von Waren zu gewährleisten.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund vertritt die Finanzbehörde nach Überzeugung des Finanzgerichts Köln zutreffend die Auffassung, dass die angefragten Auskünfte, einschließlich der streitigen Informationen über die Lieferanten und Einkaufspreise der Antragstellerin, für die korrekte Festsetzung der Umsatzsteuer geeignet sind.

Hinsichtlich der Warenlieferungen an die lettische Firma B ergibt sich diese Schlussfolgerung schon aus einem Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin vom 08.05.2008 an das Finanzamt C. Die Antragstellerin räumt hier selbst ein, dass es sich bei mehreren von ihr abgerechneten Lieferungen an die Firma B nicht wie ursprünglich angenommen um innergemeinschaftliche Lieferungen von Deutschland nach Lettland, sondern um innergemeinschaftliche Lieferungen von Schweden bzw. Belgien nach Lettland gehandelt hat. Durch die beabsichtigen Auskünfte wird damit der lettischen Finanzbehörde dieser für die Umsatzbesteuerung in Lettland erhebliche Sachverhalt mitgeteilt. Insbesondere wird die lettische Finanzbehörde in diesem Zusammenhang auch über den umsatzsteuerrechtlich erheblichen Gesichtspunkt informiert, dass die Firma B innergemeinschaftliche Erwerbe von bestimmten Lieferanten aus Schweden und Belgien getätigt hat.

Im Hinblick auf die sonstigen beabsichtigten Auskünfte weist die Finanzbehörde zu Recht darauf hin, dass es zur Bekämpfung der Hinterziehung von Umsatzsteuer durch sog. grenzüberschreitende „Karussellgeschäfte“[5] geeignet sein kann, die Lieferbeziehungen sämtlicher in diese Geschäfte eingeschalteter Unternehmer zu prüfen. Denn nur durch einen umfassenden Informationsaustausch zwischen den zuständigen Finanzbehörden der von den „Karussellgeschäften“ betroffenen Mitgliedsstaaten können in verdächtigen Fallgestaltungen sog. „Missing Trader“, die in betrügerischer Absicht Waren erwerben und weiterveräußern, ohne die aus dem Veräußerungsvorgang geschuldete Umsatzsteuer abzuführen, frühzeitig erkannt werden. Das Finanzgericht Köln teilt in diesem Zusammenhang die Auffassung der Finanzbehörde, dass gerade die Überprüfung der einzelnen Liefergeschäfte innerhalb eine möglichen „Karussells“ zur wirksamen Bekämpfung der daraus resultierenden Steuerhinterziehung geeignet sein kann.

Im Streitfall besteht aufgrund der von der lettischen Finanzbehörde mitgeteilten außergewöhnlichen Sachverhalte zumindest der weiter aufklärungsbedürftige Anfangsverdacht, dass die von der Antragstellerin an die lettischen Firmen gelieferten „Stahlbleche“ (nach der englischen Bezeichnung im Auskunftsersuchen der lettischen Finanzbehörde soll es sich um „scrap metal“, d.h. übersetzt „Altmetall, Metallabfälle, Metallschrott“ gehandelt haben) Gegenstand eines grenzüberschreitenden „Karussellgeschäfts“ waren. Hinsichtlich der Lieferungen an die Firma A ergibt sich dieser Verdacht schon aufgrund der mitgeteilten außergewöhnlichen Tatsache, dass die gelieferten „Stahlbleche“ von der Firma A ohne weitere Verarbeitung an verschiedene Händler weiterveräußert und von diesen wiederum nach Deutschland zurückgeliefert worden sein sollen. Im Hinblick auf die Lieferungen an die Firma B resultiert die Möglichkeit von „Karussellgeschäften“ auch aus dem weiteren Umstand, dass die innergemeinschaftlichen Lieferungen in mehreren der von der lettischen Finanzbehörde als aufklärungsbedürftig angesehenen Fällen von Schweden aus nach Lettland durch ein schwedische Unternehmen erfolgten, die Rechnungen für diese Lieferungen jedoch von der Antragstellerin erstellt wurden. Auch dieser außergewöhnliche Sachverhalt begründet den Anfangsverdacht, dass zumindest diese Lieferungen Teil eines grenzüberschreitenden „Karussellgeschäfts“ gewesen sein könnten.

Den Anfangsverdacht, dass die fraglichen Lieferungen möglicherweise Gegenstand eines „Karussellgeschäfts“ waren, hat die Antragstellerin auch nicht entkräftet.

Allein die von der Antragstellerin behaupteten Gesichtspunkte hinsichtlich der Ungeeignetheit der fraglichen Lieferungen für „Karussellgeschäfte“ reichen für eine Entkräftung des oben geschilderten Anfangsverdachts nicht aus. Weder die Größe und Schwere der Lieferungen noch der Umstand, dass die „Stahlbleche“ sehr genau markiert gewesen sein sollen, um Verwechslungen oder Fehllieferungen zu vermeiden, schließen es per se aus, dass solche Waren eine Lieferkette im Rahmen eines „Karussellgeschäfts“ durchlaufen können.

Auch der von der Antragstellerin behauptete Umstand, die bei ihr durchgeführte UmsatzsteuerSonderprüfung des Finanzamtes C sei im Ergebnis ohne Beanstandung geblieben, spricht nicht gegen die Möglichkeit eines „Umsatzsteuerkarussells“. Insoweit wäre es durchaus denkbar, dass die Antragstellerin als gutgläubiger Unternehmer mit in die Lieferkette des „Karussellgeschäft“ einbezogen war, ohne selbst an dem Umsatzsteuerbetrug teilzunehmen.

Entgegen der Rechtsansicht der Antragstellerin verstößt die beabsichtigte Weitergabe der angeforderten Auskünfte auch nicht gegen Art. 40 Abs. 4 Zusammenarbeits-VO.

Nach Art. 40 Abs. 4 Zusammenarbeits-VO kann die Übermittlung von Informationen abgelehnt werden, wenn sie zur Preisgabe eines Geschäfts, Industrie- oder Berufsgeheimnisses oder eines Geschäftsverfahrens führen oder wenn die Verbreitung der betreffenden Information gegen die öffentliche Ordnung verstoßen würde.

Die Antragstellerin weist zwar zutreffend darauf hin, dass es sich bei den Informationen über ihre Lieferanten und Einkaufspreise um Geschäftsgeheimnisse i.S. des Art. 40 Abs. 4 Zusammenarbeits-VO handelt.

Ein Geschäftsgeheimnis i.S. des Art. 40 Abs. 4 Zusammenarbeits-VO liegt nach Ansicht des Finanzgerichts Köln vor, wenn es sich um Tatsachen und Umstände handelt, die von großer wirtschaftlicher Bedeutung und praktischer Nutzbarkeit sind und deren unbefugte Nutzung zu beträchtlichen Schäden führen kann[6].

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Die Informationen über die Bezugsquellen der Antragstellerin einschließlich der Bezugspreise stellen Tatsachen dar, die für andere in dem entsprechenden Markt tätige Unternehmer von großer wirtschaftlicher Bedeutung und praktischer Nutzbarkeit sind. Verfügten die Kunden der Antragstellerin über diese Informationen, könnten sie entweder unter Ausschluss der Antragstellerin selbst die Waren bei den Lieferanten der Antragstellerin beziehen oder aber die Antragstellerin bei Preisverhandlungen stärker unter Druck setzen. Die Nutzung der Informationen über die Lieferbeziehungen der Antragstellerin könnte bei dieser damit zu einem beträchtlichen wirtschaftlichen Schaden führen.

Entgegen der Rechtsansicht der Antragstellerin hält sich die Finanzbehörde mit der beabsichtigten Weiterleitung der streitigen Auskünfte jedoch innerhalb des ihm nach Art. 40 Abs. 4 Zusammenarbeits-VO eingeräumten Ermessens.

Aus der in Art. 40 Abs. 4 Zusammenarbeits-VO enthaltenen Formulierung „kann“ folgt, dass die Übermittlung von Informationen, die ein Geschäftsgeheimnis betreffen, in das Ermessen der Finanzbehörde gestellt ist. Demnach können die Finanzgerichte die Ermessensentscheidung der Finanzbehörde nach § 102 FGO nur auf Ermessensüberschreitung, Ermessensmissbrauch und Ermessensfehlgebrauch hin prüfen.

Im Streitfall ist ein Ermessensfehler der Finanzbehörde nicht ersichtlich.

Art. 40 Abs. 4 Zusammenarbeits-VO enthält selbst keine ausdrücklichen rechtlichen Maßstäbe für die Ermessensausübung der Finanzbehörde. Wie jede hoheitliche Tätigkeit unterliegt die zwischenstaatliche Amtshilfe deutscher Finanzbehörden jedoch verfassungsrechtlichen Schranken, die bei der Ermessensausübung nach Art. 40 Abs. 4 Zusammenarbeits-VO zu beachten sind. Im Hinblick auf die Wahrung von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen ergeben sich Schranken vor allem aus dem durch Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz – GG – garantierten Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und aus dem durch Art. 2 Abs. 1 i.Vm. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleisteten Recht auf informationelle Selbstbestimmung, jeweils i.V.m. den Grundsätzen des Übermaßverbots. Die Entscheidung über die Weitergabe von Informationen, die Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse betreffen, ist daher im Einzelfall nur dann als ermessensfehlerfrei anzusehen, wenn eine Geheimhaltung durch die ausländischen Finanzbehörden rechtlich und tatsächlich gewährleistet ist. Außerdem darf dem inländischen Betroffenen durch die Auskunftserteilung kein unverhältnismäßiger oder unzumutbarer Schaden drohen[7].

Diese verfassungsrechtlichen Maßstäbe für die Ermessensausübung hat die Finanzbehörde beachtet.

Er hat zutreffend darauf abgestellt, dass die Geheimhaltung der zur Weitergabe bestimmten Informationen in Lettland in rechtlicher Hinsicht durch Art. 41 Abs. 1 Satz 1 Zusammenarbeits-VO gewährleistet wird.

Weiterhin hat die Finanzbehörde substantiiert dargelegt, dass nach seinen bisher mit Lettland gemachten Erfahrungen die aus Art. 41 Abs. 1 Satz 1 Zusammenarbeits-VO resultierende rechtliche Verpflichtung zur Geheimhaltung von den lettischen Finanzbehörden auch in tatsächlicher Hinsicht beachtet wird. Obwohl jährlich ca. 150 bis 300 Auskünfte an lettische Finanzbehörden erteilt würden, habe die Finanzbehörde noch keinen konkreten Hinweis darüber bekommen, dass in Lettland gegen die Verpflichtung zur Geheimhaltung verstoßen worden sei.

Die Antragstellerin hat demgegenüber geltend gemacht, dass Lettland ein massives Korruptionsproblem habe und nach einer weltweiten Einstufung der Organisation „Transparency International“ lediglich Rang 51 aller untersuchten Staaten einnehme. Dieser Einwand kann jedoch schon deshalb nicht zur Rechtswidrigkeit der Ermessensentscheidung der Finanzbehörde führen, weil die ganz allgemeine Einstufung eines Landes in einer Liste der Korruptionsanfälligkeit nichts darüber aussagt, wie hoch tatsächlich die konkrete Gefahr einer Verletzung der Geheimhaltungsverpflichtung des Art. 41 Abs. 1 Satz 1 Zusammenarbeits-VO bei Auskünften auf der Grundlage der Zusammenarbeits-VO ist. Eine solche konkrete Gefährdung ist im Übrigen nach Ansicht des Finanzgerichts schon deshalb unwahrscheinlich, weil bei Verletzungen der Geheimhaltungsverpflichtung des Art. 41 Abs. 1 Satz 1 Zusammenarbeits-VO durch die zuständigen Finanzbehörden eines bestimmten Mitgliedsstaates der Europäischen Gemeinschaft, hier Lettland, dieser Mitgliedsstaat Gefahr liefe, vom Auskunftsaustausch innerhalb der Europäischen Gemeinschaft ausgeschlossen zu werden.

Auch der weitere Vortrag der Antragstellerin, sie habe in der Vergangenheit selbst die Erfahrung machen müssen, dass in Lettland Informationen über Zulieferer und Einkaufsbedingungen nach Auskunftsersuchen an Kunden weitergegeben worden seien, genügt nicht, um die Rechtswidrigkeit der Ermessensentscheidung der Finanzbehörde begründen zu können. Die Antragstellerin hat in diesem Zusammenhang nicht substantiiert darlegt und glaubhaft gemacht, wann und unter welchen Bedingungen der von ihr behauptete Verstoß gegen die Geheimhaltungsverpflichtung stattgefunden haben soll. Sie ist damit ihrer Verpflichtung zur schlüssigen Darlegung des Anordnungsgrundes und zur Glaubhaftmachung dessen tatsächlicher Voraussetzungen nicht nachgekommen (§ 155 FGO i.V.m. § 294 ZPO). Im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung konnte das Finanzgericht damit nicht zu der begründeten Annahme gelangen, dass der Antragstellerin durch die beabsichtigte Preisgabe ihrer Geschäftsgeheimnisse ein Schaden droht, der mit dem Zweck der Auskunftserteilung nicht zu vereinbaren wäre. Die Antragstellerin hat im Übrigen auch keinen Anspruch auf Akteneinsicht. Abgesehen davon, dass es sich um ein Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz handelt, war sie über alle tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen der Finanzbehörde informiert.

Finanzgericht Köln, Urteil vom 24. September 2008 – 2 V 2821/08

  1. BFH, Beschluss vom 29.04.1992 – I B 12/92, BFHE 167, 11; BStBl II 1992, 645[]
  2. BFH, Beschluss vom 29.04.1992 – I B 12/92, a.a.O.[]
  3. ABl.EG Nr. L 264, 1[]
  4. Leonard in Buntjes/Geist, UStG, § 18d Rz. 7[]
  5. vgl. zur Funktionsweise solcher „Karussellgeschäfte“: BFH, Beschluss vom 29.11.2004 – V B 78/04, BFHE 208, 93, BStBl II 2005, 535[]
  6. vgl. BFH, Urteil vom 20.02.1979 – VII R 16/78, BFHE 127, 104, BStBl II 1979, 268 zu Art. XII Abs. 3 Satz 2 des deutschschwedischen Rechtshilfevertrages; ausführlich auch Söhn, in Hüschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 117 AO, Rz. 113 ff.[]
  7. vgl. Söhn, in Hüschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 117 AO, Rz. 131[]