Veräußerung eines Mitunternehmeranteils durch einen belgischen Unternehmer

Veräußert ein in Belgien ansässiger Mitunternehmer einer Schiffbetriebs-KG mit Sitz in Deutschland seinen Mitunternehmeranteil und wird ihm aus diesem Anlass anteilig der auf ihn entfallende Unterschiedsbetrag nach § 5a Abs. 4 EStG 2002 zugerechnet, steht Deutschland im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht des Mitunternehmers das Besteuerungsrecht unabhängig davon zu, ob der Gewinn als laufender oder als Veräußerungsgewinn zu qualifizieren ist.

Veräußerung eines Mitunternehmeranteils durch einen belgischen Unternehmer

Zwar ist eine nach deutschem Recht errichtete KG nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 und 4 DBA-Belgien in der Tat selbst Gesellschaft im Abkommenssinne und gilt sie selbst als eine ansässige und damit abkommensberechtigte Person i.S. von Art. 4 Abs. 1 zweiter Satzteil DBA-Belgien; auf die Ansässigkeit der Gesellschafter kommt es dafür nicht an[1]. Doch betrifft diese Ansässigkeitsfiktion, wie die Vorinstanz richtig ausführt, nur die Besteuerungszuordnung der von der Beigeladenen erwirtschafteten Gewinne; die Besteuerungszuordnung der vom Gesellschafter erwirtschafteten Gewinne bleibt davon hingegen unberührt.

Das entspricht zum einen der Rechtsprechung des BFHs zu der vergleichbaren Abkommenslage nach Maßgabe des DBA-Italien 1989[2]. Auch danach ist die Personengesellschaft abkommensberechtigt, wenn sie wie eine juristische Person behandelt wird. Das betrifft dort allerdings nur in Italien ansässige Personengesellschaften, während nach dem DBA-Belgien aus Gründen der Gleichbehandlung[3] generell auch deutsche Personengesellschaften einbezogen und Personengesellschaften danach in beiden Vertragsstaaten übereinstimmend qualifiziert werden. Doch ändert das nichts daran, dass die Abkommensberechtigung der Personengesellschaft und die Abkommensberechtigung des daran beteiligten Gesellschafters strikt auseinanderzuhalten sind.

Die Richtigkeit dieser Unterscheidung wird zum anderen indirekt durch Abs. 12 Nr. 2 Buchst. a des Schlussprotokolls zu Art. 23 Abs. 1 Nr. 1 und 2 DBA-Belgien belegt, wonach die Bestimmungen des Art. 23 Abs. 1 Nr. 1 und 2 DBA-Belgien –also die Vermeidung der Doppelbesteuerung bei in Deutschland ansässigen Personen für aus Belgien stammende Einkünfte– für die Gesellschafter gelten, falls die in Deutschland ansässige Person u.a. eine KG ist, und zwar gleichviel, ob die Gesellschafter in Deutschland ansässig sind oder nicht, soweit in diesem Staat die Einkünfte, die die Gesellschafter durch die Gesellschaft beziehen, bei diesen Gesellschaftern besteuert werden können. Die in Art. 23 Abs. 1 Nr. 1 und 2 DBA-Belgien angeordneten Abkommensvergünstigungen werden infolge der Transparenzbehandlung der KG nach deutschem Steuerrecht also ungeachtet der Abkommensberechtigung der KG dem Gesellschafter gewährt.

In Einklang damit ist es für die Besteuerungszuordnung generell einerlei, in welchem der beiden Vertragsstaaten der Gesellschafter ansässig ist. Denn weder ist dessen Ansässigkeitsstaat –hier Belgien– im Rahmen der bei ihm bestehenden unbeschränkten Steuerpflicht insoweit an das nationale Steuerrecht des Quellenstaates gebunden, noch ist umgekehrt für den Quellenstaat –hier Deutschland– im Rahmen der bei diesem bestehenden beschränkten Steuerpflicht des Gesellschafters das nationale Steuerrecht des Ansässigkeitsstaates verbindlich. Vielmehr ist für die Einkommenszurechnung hier wie dort die Sichtweise des jeweiligen Anwenderstaates maßgeblich und besteht für die von der Klägerin befürwortete für die jeweilige Konstellation voneinander abweichende Handhabung kein Anlass[4]. Einer etwaigen infolge des anwenderstaatsorientierten Verständnisses ausgelösten Doppelbesteuerung –von der im Streitfall nach Lage der Dinge jedoch nicht auszugehen ist– wäre mittels Steueranrechnung zu begegnen, in der Regel im Ansässigkeitsstaat, ggf. aber auch im Quellenstaat (vgl. § 50 Abs. 6 i.V.m. § 34c Abs. 1 EStG 2002). Sie lässt sich ohne entsprechenden unilateralen oder bilateralen Regelungsbefehl aber nicht durch eine „übergeordnete“ Anwendungsbindung an das nationale Recht des jeweils anderen Staates verhindern. Art. 4 Abs. 1 DBA-Belgien, der die Abkommensberechtigung der Personengesellschaft bestimmt, genügt dafür nicht, auch nicht im Hinblick darauf, dass ein völkerrechtlicher Vertrag nach den Grundsätzen zur Auslegung von Verträgen nach Art. 31 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23.05.1969[5], in innerstaatliches Recht transformiert seit Inkrafttreten des Zustimmungsgesetzes vom 03.08.1985[6] am 20.08.1987[7], nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seiner Bestimmung in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen ist.

Das schlägt dann auch auf die Zuweisung des Besteuerungsrechts nach Art. 13 Abs. 2 DBA-Belgien durch: Bei der veräußerten Beteiligung an der beigeladenen KG handelt es sich aus der insoweit maßgebenden Sicht des Anwenderstaates –hier also Deutschlands– infolge der danach anzustellenden Transparenzbetrachtung um ein bewegliches Wirtschaftsgut, welche der –der Klägerin als Unternehmerin i.S. von Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 und 5 DBA-Belgien durch die Beigeladene vermittelten– deutschen Betriebstätte (i.S. von Art. 5 Abs. 1 DBA-Belgien) zuzurechnen sind. Dass die Wirtschaftsgüter zum Betriebsvermögen der Betriebstätte einer Gesellschaft i.S. von Art. 3 Abs. 1 Nr. 4 (i.V.m. Nr. 3 und 5) DBA-Belgien gehören müssten, wird von Art. 13 Abs. 2 DBA-Belgien nicht verlangt; es ist dort nur von einem Unternehmen eines Vertragsstaates die Rede, und das kann auch eine natürliche Person –und damit auch die Klägerin– sein.

Dafür, dass die Klägerin in den Streitjahren über eine von der durch die KG vermittelten Betriebstätte ggf. zu unterscheidende sog. Mitunternehmerbetriebstätte in Belgien verfügt hätte, ist nichts ersichtlich. Und dass die beigeladene Personengesellschaft als solche abkommensberechtigt ist, wirkt sich aus den beschriebenen Gründen nicht aus; die Reichweite der fiktiven Abkommensberechtigung ist auch bezogen auf Art. 13 DBA-Belgien und dessen Tatbestandsvoraussetzungen auf die Abkommensberechtigung der Personengesellschaft beschränkt. Im Übrigen aber wird die transparente Betrachtung nicht ausgeblendet und bleibt es für Deutschland als Anwenderstaat ohne eine entsprechende (auch) für den Gesellschafter angeordnete abkommensrechtliche Qualifikationsverkettung dabei, dass Unternehmenszuordnungssubjekt nicht die Gesellschaft als solche ist, sondern dass die Gesellschafter diejenigen „in einem Vertragsstaat ansässigen Person(en)“ sind, die nach Art. 13 Abs. 2 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 und 5 DBA-Belgien in dem anderen Vertragsstaat eine Betriebstätte haben, und dass deshalb dem Gesellschafter der Gewinn aus der Veräußerung seines Mitunternehmeranteils zuzurechnen ist[8].

Mit der Abkommenslage des Art.20 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 i.V.m. Buchst. b Doppelbuchst. aa Satz 1 DBA-Frankreich a.F. (Art.20 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 und Buchst. b Satz 1 DBA-Frankreich n.F.), die den Bundesfinanzhof bewogen hat, auch einer KGaA das danach zu gewährende sog. Schachtelprivileg einzuräumen[9], hat das –entgegen Wassermeyer[10]— nichts zu tun, weil es dort (lediglich) darum ging, dass eine KGaA auch nach maßgebendem deutschem Recht als Kapitalgesellschaft zu qualifizieren ist[11].

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 13. November 2013 – I R 67/12

  1. vgl. Schwenke/Malinski in Wassermeyer, DBA-, Art. 3 Belgien Rz 20[]
  2. vgl. BFH, Urteil vom 17.10.2007 – I R 96/06, BFHE 219, 534, BStBl II 2008, 953[]
  3. s. Schwenke/Malinski in Wassermeyer, a.a.O., Art. 3 Belgien Rz 17[]
  4. vgl. dazu BFH, Urteil vom 25.05.2011 – I R 95/10, BFHE 234, 63, dort unter II.2.a bb, und allgemein z.B. Gosch in Kirchhof, EStG, 12. Aufl., § 50d Rz 10a; Dremel in Schönfeld/Ditz, DBA-, Art. 1 Rz 40 ff. und –speziell bezogen auf den Quellenstaat– Rz 56 ff., jeweils m.w.N.; s. auch in ähnlichem Zusammenhang Kempermann in Wassermeyer/Richter/Schnittker, Personengesellschaften im Internationalen Steuerrecht, Rz 3.9 und 3.15, dort jeweils unter Hinweis auf eine einschlägige Entscheidung des belgischen Kassationshofs[]
  5. BGBl II 1985, 927[]
  6. BGBl II 1985, 926[]
  7. BGBl II 1987, 757[]
  8. im Grundsatz ebenso z.B. Engel/Hilbert, Finanz-Rundschau 2012, 394, 397 f.; Gosch in Gosch/Kroppen/Grotherr, DBA-, Art. 13 OECD-MA Rz 63; Dremel in Schönfeld/Ditz, a.a.O., Art. 1 Rz 76; anders Piltz/Wassermeyer in Wassermeyer, a.a.O., Art. 7 MA Rz 67 a.E.; Wassermeyer, IStR 2010, 683, 684, sowie 2011, 85, 88, und dem wohl folgend Schwenke/Malinski in Wassermeyer, a.a.O., Art. 4 Belgien Rz 13[]
  9. BFH, Urteil vom 19.05.2010 – I R 62/09, BFHE 230, 18[]
  10. Wassermeyer, IStR 2011, 85[]
  11. s. auch Dremel in Schönfeld/Ditz, a.a.O., Art. 1 Rz 56[]