Prozesskostensicherheit bei einem Kläger aus Antigua und Barbuda

Ein Kläger mit Wohnsitz in Antigua und Barbuda ist verpflichtet, wegen der Prozesskosten Sicherheit zu leisten. Art. 14 des deutsch-britischen Abkommens über den Rechtsverkehr vom 3. Dezember 1928[1] läuft im Hinblick auf § 110 ZPO in der Fassung seit dem 1. Oktober 1999 leer.

Prozesskostensicherheit bei einem Kläger aus Antigua und Barbuda

Der Ausnahmetatbestand des § 110 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, dass aufgrund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann, ist im Verhältnis zu Antigua und Barbuda nicht gegeben. Art. 14 des deutsch-britischen Abkommens über den Rechtsverkehr vom 3. Dezember 1928[1], das auch auf Antigua und Barbuda Anwendung findet[2], befreit von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung nur unter der hier nicht gegebenen Voraussetzung, dass der Kläger einen Wohnsitz im Inland hat[3], womit die Regelung des Art. 14 des deutsch-britischen Abkommens über den Rechtsverkehr vom 3. Dezember 1928 in Ansehung der „Sicherheit für Kosten irgendwelcher Art“ nach Neufassung des ursprünglich auf die Staatsangehörigkeit abstellenden § 110 ZPO (insoweit früher auch als „Ausländersicherheit“ bezeichnet), jedoch nunmehr an einen fehlenden gewöhnlichen Aufenthalt des Klägers in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum anknüpfend, leerläuft.

Völkerrechtliche Verträge, aufgrund derer eine Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an die Beklagten im Ausland vollstreckt würde (§ 110 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), bestehen mit Antigua und Barbuda nicht.

Der seit 1.11.1981 vom Vereinigten Königreich unabhängige Inselstaat Antigua und Barbuda ist insbesondere in die mit dem Vereinigten Königreich abgeschlossenen Vollstreckungsvereinbarungen nicht einbezogen worden.

Soweit das Brüsseler Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVÜ) nach Art. 68 Abs. 1 EuGVVO überhaupt Fortgeltung für (frühere) britische Überseegebiete beanspruchen würde, setzte dies – unabhängig vom zeitlichen Anwendungsbereich – eine entsprechende Erklärung des Vereinigten Königreichs nach Art. 60 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 EuGVVÜ voraus, die dieses nicht abgegeben hat[4].

Auch das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 14. Juli 1960[5] findet gemäß Art. I Abs. 1 lit. b keine Anwendung, weil das Vereinigte Königreich jedenfalls die dafür erforderliche Ausdehnungserklärung nach Art. XII des Abkommens (seinerzeit, also vor der Unabhängigkeit des Inselstaats Antigua und Barbuda) nicht abgegeben hat[6].

Landgericht Mannheim, Zwischenurteil vom 4. Mai 2012 – 7 O 523/11

  1. RGBl II 1928, 623[][]
  2. BGBl II 1960, 1518[]
  3. vgl. zu Art. 14 des deutsch-britischen Abkommens über den Rechtsverkehr vom 3. Dezember 1928 auch: BGH, ZIP 2004, 2013 (dort im Verhältnis zu Anguilla), OLG Karlsruhe, NJW-RR 2008, 944 (dort im Verhältnis zu Kanada), Kühnen, Hdb. Patentverletzung, 5. Aufl., Rz. 1142 (dort im Verhältnis zu Australien, Neuseeland, Singapur); a.A. entgegen dem Wortlaut des Abkommens: Schütze in Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Nr. 1007-5, Stand insoweit: 16. EL; ders. in: Rechtsverfolgung im Ausland, 3. Aufl. 2002, Rz. 163; unklar, da lediglich auf Anwendung des Abkommens abstellend: Geimer, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, Anh. V[]
  4. vgl. Auer, in: Bülow/Böckstiegel/Geimer/Schütze, Der Internationale Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Stand: November 2003, Nr. 606-9 Rdnr. 20; Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht, 6. Aufl., Art. 60 Rdnr. 11[]
  5. BGBl II 1961, 301[]
  6. vgl. Bülow/Böckstiegel/Geimer/Schütze, aaO, Nr. 702-38, Fn. 175 zu Art. XII des Abkommens[]