Nur ein qualifiziertes Verschulden des Verfrachters selbst führt zum Wegfall der Haftungsbeschränkung nach § 660 I HGB. Der Anspruchsteller hat auch im Rahmen des § 660 III HGB Anhaltspunkte für das Vorliegen eines qualifizierten Verschuldens darzulegen. Allein aus dem Umstand, dass der Schadenshergang im Dunkeln liegt und die Beklagte nichts zum Schadenshergang oder zu Sicherheitsvorkehrungen vorträgt, kann nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart auf solches nicht geschlossen werden, da auch Schadensursachen in Betracht kommen, für die der Verfrachter nicht unbeschränkt gemäß § 660 III HGB einzustehen hat.

Der Umfang des von einem Verfrachter zu leistenden Schadensersatzes bestimmt sich nach § 249 BGB[1]. Der gemäß § 249 BGB zu berechnende Schadensersatz wird durch die Regelungen in § 660 Abs. 1 S. 1 HGB begrenzt.
Gemäß § 660 Abs. 3 HGB verliert der Verfrachter allerdings sein Recht auf Haftungsbeschränkung nach Abs. 1, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Verfrachter in der Absicht, einen Schaden herbeizuführen, oder leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen hat, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eingetreten wäre. Entsprechend dem Wortlaut des § 660 Abs. 3 HGB, in dem nur von dem „Verfrachter“ und nicht auch – wie etwa in § 435 HGB – von den in § 428 HGB genannten Personen die Rede ist, führt nur ein qualifiziertes Verschulden des Verfrachters selbst zum Wegfall der Haftungsbeschränkung nach § 660 Abs. 1 HGB[2].
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für den Bereich der ADSp-Haftung und CMR-Haftung trägt grundsätzlich der Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast für ein grob fahrlässiges Verhalten des Anspruchsgegners. Die im obliegende Darlegungslast erfüllt er aber bereits dann, wenn sein Klagevortrag nach den Umständen des Falles ein grob fahrlässiges Verschulden mit gewisser Wahrscheinlichkeit nahelegt und allein der Fixkostenspediteur zur Aufklärung des in seinem Bereich entstandenen Schadens zumutbarerweise beitragen kann. In diesem Fall darf sich der Anspruchsgegner nicht darauf beschränken, den Sachvortrag schlicht zu bestreiten. Er ist vielmehr gehalten, das Informationsdefizit des Anspruchstellers durch detaillierten Sachvortrag zum Ablauf des Betriebes und zu den ergriffenen Sicherungsmaßnahmen auszugleichen[3]. Kommt er dem nicht nach, kann daraus je nach den Umständen des Einzelfalls der Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden gerechtfertigt sein[4]. Liegt der Schadenshergang völlig im Dunkeln und weigert sich der Anspruchsgegner auch nur ansatzweise zu den von ihr gegen den Verlust von Transportgut ergriffenen Sicherheitsvorkehrungen vorzutragen, begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, deswegen ungenügende Sicherheitsstandards anzunehmen, die den Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden des Anspruchsgegners rechtfertigen[5].
Diese Grundsätze gelten auch im Rahmen des § 660 Abs. 3 HGB[6]. Voraussetzung ist aber auch im Rahmen des § 660 Abs. 3 HGB, dass der Anspruchsteller Anhaltspunkte für das Vorliegen eines qualifizierten Verschuldens darlegt, die sich insbesondere aus der Art und dem Ausmaß des Schadens ergeben können[7].
Oberlandesgericht Stuttgart – Urteil vom 17. März 2010 – 3 U 120/09
- vgl. Rabe a.a.O., § 606 HGB Rn. 44[↩]
- BGH, Urteil vom 18.06.2009 – I ZR 140/06; BGH, Urteil vom 29.07.2009 – I ZR 212/06, m.w.N.[↩]
- st. Rspr. vgl. BGHZ 127, 275, 283; 129, 345, 349; TransportR 2003, 467, 469; BGHReport 2005, 711; 712; TransportR 2006, 35[↩]
- BGH TransportR 2003, 467, 469; BGHReport 2005, 711, 712[↩]
- BGH TransportR 2003, 467, 470[↩]
- BGH TransportR 2006, 35, 37; BGH, Urteil vom 29.07.2009 – I ZR 212/06[↩]
- BGHZ 174, 244, Tz. 25[↩]