Hochseefähren vor deutschen Arbeitsgerichten

Nach Art. 91 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982[1] ist der Arbeitsort „Seeschiff“ dem Staat zugehörig, dessen Flagge zu führen das Schiff berechtigt ist.

Hochseefähren vor deutschen Arbeitsgerichten

Die Wahrnehmung eines Gütetermins vor den Arbeitsgerichten stellt keine zuständigkeitsbegründende Einlassung des Beklagten auf das Verfahren im Sinne des Art. 24 EuGVVO dar.

Dies entschied jetzt das Bundesarbeitsgerichts auf mehrere Kündigungsschutzklagen, bei denen die Kläger auf dem Fährschiff „Superfast VIII“ angestellt waren, das auf der Ostsee als Fähre zwischen Rostock und Finnland eingesetzt wurde und unter griechischer Flagge fuhr.

Mangels internationaler Zuständigkeit wies das Bundesarbeitsgericht die vor den deutschen Arbeitsgerichten erhobenen Klagen als unzulässig ab:

Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat angenommen, die internationale Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Rostock für die gegen die Beklagten gerichtete Klage ergebe sich aus Art. 19 Nr. 2 Buchst. a EuGVVO, weil Rostock als der Ort anzusehen sei, an dem der Kläger gewöhnlich seine Arbeit zu verrichten hatte. In der Regel habe der Kläger von hier aus seine Arbeit angetreten und sei nach deren Verrichtung von Rostock aus in die Freizeit gegangen. Zumindest bei Fährschiffen auf festen Routen müsse der regelmäßige Ort der Ein- und Ausschiffung als gewöhnlicher Arbeitsort gelten. Die herrschende Meinung, die für das internationale Seearbeitsrecht an das Recht der Flagge anknüpfe, treffe nur auf Seeleute zu, die auf Schiffen im internationalen Verkehr anheuern, ohne dass diese feste Routen führen. Es entspreche dem Schutzgedanken des Art. 19 Nr. 2 Buchst. a EuGVVO, als Ort der gewöhnlichen Verrichtung der Arbeit bei einem Arbeitnehmer, der die Verpflichtung aus seinem Arbeitsvertrag in verschiedenen Mitgliedstaaten erfülle, den Ort anzunehmen, an dem oder von dem aus er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls den wesentlichen Teil seiner Verpflichtung gegenüber seinem Arbeitgeber tatsächlich erfülle.

Selbst wenn Rostock nicht als gewöhnlicher Arbeitsort im Sinne des Art. 19 Nr. 2 Buchst. a EuGVVO anzusehen sei, ergebe sich die internationale Zuständigkeit aus Art. 19 Nr. 2 Buchst. b EuGVVO, denn die einstellende Niederlassung befände sich in Rostock. Für den Begriff der einstellenden Niederlassung in Art. 19 Nr. 2 Buchst. b EuGVVO bedürfe es weder einer Niederlassung im handelsregisterrechtlichen Sinn, noch eines ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetriebes oder einer geschäftlichen Tätigkeit im Rahmen des Betriebszwecks. Ausreichend sei eine Struktur, wie sie der Arbeitgeber zur Rekrutierung und Führung von Personal geschaffen habe.

Dieser Argumentation folgte das Bundesarbeitsgerichts jedoch nicht. Das Landesarbeitsgericht hat, so das Bundesarbeitsgericht, im Ergebnis zu Unrecht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte angenommen.

Anwendbarkeit der EuGVVO

Die internationale Gerichtszuständigkeit bestimmt sich in derartigen Fällen nach der EuGVVO. Die EuGVVO ist seit ihrem Inkrafttreten am 1. März 2002 in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat der EU (Art. 249 Abs. 2 EG). Die Verordnung geht nationalem Recht im Rang vor. Soweit ihr nationale Bestimmungen widersprechen, werden sie durch die EuGVVO verdrängt[2].

Nach Art. 1 Abs. 1 EuGVVO ist diese sachlich gegenüber den beklagten Arbeitgebern anzuwenden, da sie eine zivilrechtliche Streitigkeit führen, wozu auch arbeitsrechtliche Streitigkeiten gehören[3].

In dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall war die EuGVVO auf eine der beiden Beklagten deshalb räumlich anwendbar, weil sie ihren satzungsmäßigen Sitz im EU-Mitgliedstaat Griechenland hat. Nach Art. 60 Abs. 1 EuGVVO haben Gesellschaften und juristische Personen ihren Wohnsitz an dem Ort, an dem sich ihr satzungsmäßiger Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung befindet. Da diese Beklagte somit ihren „Wohnsitz“ in einem EU-Mitgliedstaat hat, ist nach Art. 2 Abs. 1 die EuGVVO auf sie anwendbar. Dies gilt unabhängig davon, ob im Streitfall der Gerichtsstand nach den Vorschriften über die Zuständigkeit für individuelle Arbeitsverträge gem. Art. 18 ff. EuGVVO oder nach den Vorschriften für allgemeine zivilrechtliche Zuständigkeiten gem. Art. 2 ff. EuGVVO zu bestimmen ist[4].

Die zweite Beklagte war zwar eine nach dem Recht des Staates Liberia errichtete Aktiengesellschaft, also außerhalb der EU. Sie unterhält aber in Athen/Griechenland eine Niederlassung, welche als Hauptniederlassung im Sinne des Art. 60 Abs. 1 Buchst. c EuGVVO anzusehen ist. Damit hat sie ebenfalls innerhalb der EU einen „Wohnsitz“ im Sinne des Art. 60 Abs. 1 EuGVVO und fällt in deren räumlichen Anwendungsbereich. Diese liberianische Aktiengesellschaft hat ausschließlich im europäischen Raum Fährlinien betrieben. Die Gehaltszahlungen an die Arbeitnehmer wurden über die Niederlassung in Athen abgewickelt. Zur Existenz weiterer Niederlassungen wurde ebenso wenig etwas vorgetragen, wie Anhaltspunkte dafür ersichtlich wären, dass die sie an irgendeinem anderen Ort (innerhalb oder außerhalb Europas) ihren unternehmensexternen Geschäftsverkehr abgewickelt hat. Daher ist davon auszugehen, dass die Niederlassung der Beklagten in Athen ihre Hauptniederlassung ist.

Keine Zuständigkeit aufgrund rügeloser Einlassung im Gütetermin

Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für den vorliegenden Rechtsstreit ergibt sich nicht nach Art. 24 EuGVVO. Danach wird das Gericht eines Vertragsstaats jedenfalls dann zuständig, wenn die beklagte Partei sich vor ihm auf das Verfahren eingelassen hat.

Eine Einlassung in diesem Sinne ist nicht in der Rüge mangelnder Zuständigkeit zu sehen. Ebenso wenig stellen Handlungen, die dem eigentlichen Verfahren vorgelagert und nicht unmittelbar auf Abweisung der Klage gerichtet sind, wie etwa die Anzeige der Verteidigungsbereitschaft nach § 276 Abs. 1 ZPO, eine Einlassung auf das Verfahren im Sinne von Art. 24 EuGVVO dar. Anders als nach § 39 ZPO braucht es aber keiner Einlassung zur Hauptsache, so dass auch Einwände oder Einreden, die das Verfahren betreffen, die Zuständigkeit begründen können. Eine Rüge der internationalen Zuständigkeit ist dann verspätet, wenn sie erst „nach Abgabe derjenigen Stellungnahme erhoben wird, die nach dem innerstaatlichen Prozessrecht als das erste Verteidigungsvorbringen vor dem angerufenen Gericht anzusehen ist“[5].

Die einheitliche Vertretung beider Beklagten in den Güteterminen vor den Arbeitsgerichten stellt kein erstes Verteidigungsvorbringen im Sinne des Art. 24 EuGVVO dar. Nach § 54 Abs. 2 Satz 3 ArbGG sind im Verfahren vor dem Arbeitsgericht § 39 Satz 1 und § 282 Abs. 3 Satz 1 ZPO nicht anzuwenden. Daher kann erst eine rügelose Einlassung im Kammertermin die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte begründen[6]. Äußerungen der Parteien oder ihrer Prozessbevollmächtigten im Gütetermin sollen der Streitbeilegung dienen aber nicht bezwecken, das Gericht zu einer Entscheidung im Rechtsstreit zu bewegen. Die streitige Verhandlung beginnt erst nach dem Abschluss des Güteverfahrens, § 54 Abs. 4, §§ 56 f. ArbGG. Erörterungen im Gütetermin können daher keine Zuständigkeit durch rügelose Einlassung begründen[7]. Vorliegend haben beide Beklagten durch ihren Prozessbevollmächtigten mit dem ersten eingereichten Schriftsatz zur Rechtsverteidigung die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte rügen lassen.

Internationale Zuständigkeit nach Artt. 18-21 EuGVVO

Da Gegenstand des Verfahrens Ansprüche sind, die aus einem individuellen Arbeitsvertrag abgeleitet werden, bestimmt sich die internationale Zuständigkeit nach dem Abschn. 5 der EuGVVO, also nach deren Art. 18 bis 21.

Grundsätzlich schaffen die Art. 18 bis 21 EuGVVO ein abschließendes Regime für Streitigkeiten aus Individualverträgen mit Verdrängungswirkung zu Lasten aller anderen Gerichtsstände mit Ausnahme der ausdrücklich zugelassenen Gerichtsstände nach Art. 4, Art. 5 Nr. 5 und Art. 6 Nr. 3 EuGVVO[8]. Unter dem Begriff des individuellen Arbeitsvertrages ist in verordnungsautonomer Interpretation eine Vereinbarung zu verstehen, die eine abhängige, weisungsgebundene Tätigkeit während einer bestimmten Zeit zum Gegenstand hat, bei der der Arbeitnehmer regelmäßig in einer bestimmten Weise in den Betrieb des Arbeitgebers eingebunden ist und für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält[9].

Zwischen dem Kläger und den Beklagten hat unstreitig ein Arbeitsverhältnis bestanden, der Streit um die Wirksamkeit einer Kündigung stellt einen Streit um Ansprüche aus einem individuellen Arbeitsvertrag im Sinne des Art. 18 EuGVVO dar. Dies genügt im Rahmen der Bestimmung der internationalen Zuständigkeit nach Art. 18 ff. EuGVVO für die sachliche Anwendung der Europäischen Rechtsverordnung zur internationalen Gerichtszuständigkeit. Nach der Lehre von den doppelt relevanten Tatsachen muss der Kläger die zuständigkeitsbegründenden Tatsachen nur schlüssig behaupten. Er muss für sie im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung auch dann nicht vollen Beweis erbringen, wenn die beklagte Partei ihr Vorliegen bestreitet. Gründe des materiellen Rechts sollen nicht in die Zuständigkeit durchschlagen, der Beklagte soll nicht durch bloße Gegenbehauptungen den vom Kläger bezeichneten Gerichtsstand nehmen können[10].

Keine Zuständigkeit nach Art. 19 EuGVVO als gewöhnlicher Arbeitsort

Da die Beklagteb ihren Sitz nicht in Deutschland haben, ergibt sich die Zuständigkeit deutscher Gerichte nicht nach Art. 19 Nr. 1 EuGVVO.

Die deutschen Arbeitsgerichte sind auch nicht nach Art. 19 Nr. 2 Buchst. a EuGVVO zuständig. Nach dieser Bestimmung kann ein Arbeitgeber, der seinen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat hat, auch an dem Ort in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden, an dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet.

Der Begriff des gewöhnlichen Arbeitsortes im Sinne der EuGVVO ist autonom ohne Rückgriff auf Begriffsbildungen in den nationalen Rechtsordnungen auszulegen[11]. Dahinter steht der Gedanke, dass der Arbeitnehmer einen Ort haben soll, mit dem er verbunden ist und an dem er mit den relativ geringsten Kosten seine Rechte wahrnehmen kann[12].

Der gewöhnliche Arbeitsort ist der Ort, den der Arbeitnehmer zum tatsächlichen Mittelpunkt seiner Berufstätigkeit gemacht hat. Dabei verbringt er im Zweifel den größten Teil seiner Arbeitszeit in dem Mitgliedstaat, in dem er ein Büro hat, von dem er seine Tätigkeit organisiert und in das er zurückkehrt. Verfügt er dagegen nicht über ein Büro, das den tatsächlichen Mittelpunkt seiner Berufstätigkeit bildet und von dem aus er den wesentlichen Teil seiner Verpflichtungen gegenüber seinem Arbeitgeber hauptsächlich erfüllt, ist maßgeblich der Ort, an dem oder von dem aus der Arbeitnehmer den wesentlichen Teil seiner Verpflichtungen gegenüber dem Arbeitgeber tatsächlich erfüllt[13].

Dabei ist grundsätzlich forumeröffnend der Ort, an welchem der Arbeitnehmer den größten Teil seiner Arbeitszeit für den Arbeitgeber tätig war[14].

Die Anknüpfung an den gewöhnlichen Arbeitsort im Sinne des Art. 19 Nr. 2 Buchst. a EuGVVO liegt, wie auch das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern gesehen hat, bei Arbeitsverhältnissen von Seeleuten im internationalen Seeverkehr nicht auf der Hand. Der Kläger hat gewöhnlich seine Arbeit auf dem Fährschiff „Superfast VIII“ verrichtet. Der Arbeitsort des Klägers, ein Schiff, liegt im Wortsinne nicht fest. Dies kann aber entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht dazu führen, den gewöhnlichen Arbeitsort „an Land“ zu verlegen. Auch bei einem Fährschiff im festen Linienverkehr ist der Anteil der Arbeitsleistung von Seeleuten, der im Ausgangs- oder im Zielhafen zu erbringen ist, von untergeordneter Bedeutung, ganz abgesehen davon, dass solche Arbeiten gleichermaßen im Ausgangs- wie im Zielhafen anfallen und hier daher nur hälftig in Deutschland, zur anderen Hälfte in Finnland erbracht werden. Auch kann die Fahrtroute, wie dies etwa bei einem Binnenschiff der Fall sein könnte, nicht ganz oder überwiegend einem EU-Mitgliedstaat zugeordnet werden, weil die Fähre im internationalen Seeverkehr zwischen Finnland und Deutschland betrieben wurde und dabei die Hoheitsgewässer mehrerer EU-Mitgliedstaaten durchfahren hat (neben Deutschland und Finnland auch Dänemark und sodann entweder Schweden oder Polen und die drei baltischen Staaten).

Diese Schwierigkeiten berechtigen aber nicht dazu, von dem gewöhnlichen Arbeitsort eines Seemanns, seinem Schiff, abzusehen und diesen in dem Fährhafen anzunehmen, in dem der Seemann gewöhnlich an und von Bord geht – was gerade noch keine Arbeitsleistung darstellt. Auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist der gewöhnliche Arbeitsort mangels anderer Kriterien der Ort, an dem der Arbeitnehmer den größten Teil seiner Arbeitszeit geleistet hat[15]. Damit kann entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts der gewöhnliche Arbeitsort für Arbeitnehmer auf „beweglichen Geräten (Busse, Lkw, Flugzeuge, Schiffe)“ nicht der Ort des Arbeitsbeginns sein.

Auch die Überlegung des Landesarbeitsgerichts, am Arbeitsort könnte sich der Arbeitnehmer mit dem geringsten Kostenaufwand an die Gerichte wenden, überzeugt das Bundesarbeitsgericht nicht. Zwar soll nach der Erwägung Nr. 13 zur EuGVVO auch bei Arbeitssachen die schwächere Partei durch Zuständigkeitsvorschriften geschützt werden, die für sie günstiger sind als die allgemeine Regelung. Dem trägt jedoch die EuGVVO durch die Bestimmungen des Abschn. 5 Rechnung. Diese Vorschrift erlaubt jedoch nicht, den Arbeitsort dorthin zu verlegen, wo der Arbeitnehmer am einfachsten klagen kann. Die EuGVVO knüpft an den gewöhnlichen Arbeitsort im Sinne des Arbeitnehmerschutzes an, weil an ihm der Arbeitnehmer den wesentlichen Teil seiner Verpflichtungen gegenüber seinem Arbeitgeber erbringt[16].

Das Seerechtsübereinkommen

Diese Rechtsauffassung entspricht mittlerweile sowohl dem internationalen wie dem europäischen Recht. Mit Zustimmungsgesetz vom 2. September 1994 ist die Bundesrepublik Deutschland dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (SRÜ) beigetreten[1]. Art. 91 des SRÜ (oder UNCLOS von „United Nations Convention on the Law of the Sea”) lautet:

„Staatszugehörigkeit der Schiffe
(1) Jeder Staat legt die Bedingungen fest, zu denen er Schiffen seine Staatszugehörigkeit gewährt, sie in seinem Hoheitsgebiet in das Schiffsregister einträgt und ihnen das Recht einräumt, seine Flagge zu führen. Schiffe besitzen die Staatszugehörigkeit des Staates, dessen Flagge zu führen sie berechtigt sind. Zwischen dem Staat und dem Schiff muss eine echte Verbindung bestehen.
(2) Jeder Staat stellt den Schiffen, denen er das Recht einräumt, seine Flagge zu führen, entsprechende Dokumente aus.“

Auch Griechenland und Finnland sind Mitte der 90er Jahre dem UNCLOS beigetreten, ebenso wie zuvor schon eine Mehrzahl der EU-Mitgliedstaaten. Dies hat dazu geführt, dass 1998 auch die Europäische Gemeinschaft selbst dem Seerechtsübereinkommen beigetreten ist.

Damit „liegt“ der gewöhnliche Arbeitsort des Klägers, die Fähre „Superfast VIII“, die unter griechischer Flagge fuhr, jedenfalls nicht im Sinne des Art. 19 Nr. 2 Buchst. a EuGVVO im Zuständigkeitsbereich der deutschen Gerichte.

Keine Gerichtsstandsbestimmung nach Art. 19 EuGVVO

Da der gewöhnliche Arbeitsort des Klägers nach Art. 19 Nr. 2 Buchst. a EuGVVO und gem. Art. 91 SRÜ ein und demselben Staat, Griechenland, zuzuordnen ist, kommt entgegen der Hilfsüberlegung des Landesarbeitsgerichts eine Gerichtsstandsbestimmung nach Art. 19 Nr. 2 Buchst. b EuGVVO nicht in Betracht. Nach dem insoweit klaren Wortlaut der EuGVVO kommt die Zuständigkeit des Orts der einstellenden Niederlassung dann nicht in Betracht, wenn ein Gerichtsstand nach Art. 19 Nr. 2 Buchst. a EuGVVO bestimmt werden kann. Die Gerichtsstände nach Art. 19 Nr. 2 Buchst. a und Art. 19 Nr. 2 Buchst. b EuGVVO bestehen alternativ, nicht kumulativ[17].

Bundesarbeitsgericht, Urteile vom 24. September 2009 – 8 AZR 306/08, 305/08 und 304/08

  1. BGBl. II 1994 S. 1798 ff.[][]
  2. BAG, 23.01.2008 – 5 AZR 60/07, AP ZPO § 38 Internationale Zuständigkeit Nr. 22 = EzA EG-Vertrag 1999 Verordnung 44/2001 Nr. 1; Geimer/Schütze EuZVR 2. Aufl. A.1 Einl. Rn. 49 ff.; Musielak/Stadler ZPO 7. Aufl. EG-Verordnungen Vorbemerkung Rn. 5; Rauscher/Staudinger EuZPR 2. Aufl. Bd. 1 Einl. Brüssel I-VO Rn. 27 ff.[]
  3. Geimer/Schütze A.1 Art. 1 Rn. 34; Mankowski AR-Blattei SD 160.5.5 Internationale Zuständigkeit Rn. 43[]
  4. BAG, 23.01.2008 – 5 AZR 60/07, AP ZPO § 38 Internationale Zuständigkeit Nr. 22 = EzA EG-Vertrag 1999 Verordnung 44/2001 Nr. 1; Geimer/Schütze Art. 18 Rn. 1; Mankowski Rn. 45[]
  5. EuGH, 24.06.1981 – 150/80; BAG, 02.06.2008 – 10 AZR 355/07, AP Verordnung Nr. 44/2001/EG Nr. 1 = EzA EG-Vertrag 1999 Verordnung 44/2001 Nr. 3; Geimer/Schütze Art. 24 Rn. 7[]
  6. BAG, 02.07.2008 – 10 AZR 355/07, AP Verordnung Nr. 44/2001/EG Nr. 1 = EzA EG-Vertrag 1999 Verordnung 44/2001 Nr. 3[]
  7. Schulte-Beckhausen, Internationale Zuständigkeit durch rügelose Einlassung im Europäischen Zivilprozessrecht S. 172/173; a.A. wohl: Rauscher/Staudinger Art. 24 Rn. 6/7[]
  8. Geimer/Schütze Art. 18 Rn. 5; Rauscher/Mankowski Art. 18 Rn. 5; Kropholler Art. 18 EuGVVO Rn. 1; Musielak/Stadler Art. 18 EuGVVO Rn. 1[]
  9. EuGH, 26.02.1992 – C-357/89 [Raulin ./. Minister van Onderwijs en Wetenschappen] Leitsatz 1, Slg. 1992, I-1027[]
  10. EuGH, 03.07.1997 – C-269/95 [Benincasa ./. Dentalkit] Slg. 1997, I-3767; Mankowski Rn. 68/69[]
  11. EuGH, 27.02.2002 – C-37/00 [Weber ./. Ogden] Slg. 2002, I-2013; 10.04.2003 – C-437/00 [Pugliese ./. Finmeccanica] Slg. 2003, I-3573; so auch die Literatur vgl. Rauscher/Mankowski Art. 19 Rn. 4; Mankowski Rn. 209; Geimer/Schütze Art. 18 Rn. 8[]
  12. EuGH, 13.07.1993 – C-125/92 [Mulox ./. Geels] Slg. 1993, I-4075; 10.04.2003 – C-437/00 – aaO; Geimer/Schütze Art. 18 Rn. 10[]
  13. EuGH, 27.02.2002 – C-37/00 [Weber ./. Ogden] Rn. 49, Slg. 2002, I-2013; Zöller/Geimer ZPO 27. Aufl. Anhang I Art. 19 EuGVVO Rn. 6; Geimer/Schütze Art. 18 Rn. 11/12[]
  14. EuGH, 27.02.2002 – C-37/00 [Weber ./. Ogden], aaO; Geimer/Schütze Art. 18 Rn. 13; Mankowski Rn. 215; Kropholler Art. 19 EuGVVO Rn. 5[]
  15. EuGH, 27.02.2002 – C-37/00 [Weber ./. Ogden] Rn. 58, Slg. 2002, I-2013[]
  16. EuGH, 27.02.2002 – C-37/00, aaO). Wenn die für den Arbeitnehmer kostengünstigste Rechtsverfolgung für den Verordnungsgeber das einzig maßgebliche Kriterium gewesen wäre, hätte er den Wohnort des Arbeitnehmers als Anknüpfungspunkt aufnehmen können, was er jedoch nicht getan hat. Zudem ergibt sich aus der Erwägung Nr. 15 zur EuGVVO, dass im Interesse einer abgestimmten Rechtspflege Parallelverfahren so weit wie möglich vermieden werden müssen, damit nicht in zwei Mitgliedstaaten miteinander unvereinbare Entscheidungen ergehen. Damit erweist sich die weitere Überlegung des Landesarbeitsgerichts, bei Fährschiffen im festen Linienverkehr müsse an eine Ausnahme gedacht werden, als nicht tragfähig: Bei einer Anknüpfung an die beiden Zielhäfen, zwischen denen die Fähre pendelt, ergäbe sich vorliegend sowohl eine Zuständigkeit der deutschen wie der finnischen Gerichtsbarkeit.

    Stellt das Schiff, und nicht ein Hafen, den gewöhnlichen Arbeitsort des Seemanns dar, so stellt im Fall des internationalen Seeverkehrs die überwiegende Literaturmeinung – in Anlehnung an Art. 30 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB – für die Zuordnung dieses gewöhnlichen Arbeitsortes auf die Flagge ab, unter der das Schiff fährt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Flagge nicht der einzige Anknüpfungspunkt zum Flaggenstaat ist ((Franzen IPRax 2003, 239, 240; KR/Weigand 9. Aufl. IPR Rn. 63; Rauscher/Mankowski Art. 19 Rn. 9; Mankowski Rn. 233; Cornelia Müller „Die internationale Zuständigkeit deutscher Arbeitsgerichte und das auf den Arbeitsvertrag anwendbare Recht“ 2004 S. 139 ff., jeweils mwN[]

  17. Musielak/Stadler Art. 19 EuGVVO Rn. 2; Zöller/Geimer Art. 19 EuGVVO Rn. 6; Mankowski Rn. 259[]