Bei Ausfuhrlieferungen (§ 6 UStG) muss der Unternehmer durch geeignete Belege nachweisen, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet befördert oder versendet hat (Ausfuhrnachweis). Die Voraussetzung muss sich, so bestimmt es § 8 Abs. 1 UStDV, aus den Belegen eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben.

Was aber, wenn diese eindeutige und leichte Nachprüfbarkeit so nicht gegeben ist? Bisher hat der Bundesgerichtshof in solchen Fällen den Straftatbestand der Steuerhinterziehung als erfüllt angesehen, und zwar selbst dann, wenn die Ausfuhr tatsächlich stattgefunden hat. Doch nun vollzieht der Bundesgerichtshof – wie zuvor bereits für die innergemeinschaftlichen Lieferungen[1] – auch bei der Ausfuhrlieferung für das Steuerstrafrecht eine Rechtsprechungsänderung nach, die der Bundesfinanzhof im Rahmen des materiellen Umsatzsteuerrechts bereits zuvor gegangen war[2].
Aufgrund des fehlenden materiell-rechtlichen Charakters der Nachweispflichten sind, so der BGH nunmehr ausdrücklich, sowohl innergemeinschaftliche Lieferungen[3] als auch Ausfuhrlieferungen im Sinne von § 6 UStG[4] trotz Nichterfüllung der Nachweispflichten grundsätzlich steuerfrei, wenn aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die Voraussetzungen von Ausfuhrlieferungen vorliegen. Danach kann eine Verurteilung wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer nicht allein darauf gestützt werden, dass der Unternehmer den ihm obliegenden Nachweispflichten nach §§ 8 ff. UStDV bzw. §§ 17a ff. UStDV nicht entsprochen hat[5].
Soweit in der bisherigen Rechtsprechung im Anschluss an die damalige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs[6] bei Ausfuhrlieferungen im Sinne von § 6 UStG auch in steuerstrafrechtlicher Hinsicht von anderen Grundsätzen ausgegangen wurde[7], hält der Bundesgerichtshof in Übereinstimmung mit der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs daran ausdrücklich nicht mehr fest.
Die Einhaltung der für Ausfuhrlieferungen im Sinne von § 6 UStG vorgesehenen Nachweispflichten (§§ 8 ff. UStDV) ist keine materiellrechtliche Voraussetzung der Umsatzsteuerbefreiung, die Nichteinhaltung begründet mithin keine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung. Dies entschied jetzt der Bundesgerichtshof und gab damit seine bisherige Rechtsprechung[8] auf.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19. August 2009 – 1 StR 206/09
- zum Steuerrecht: BFHE 219, 422, 469; zum Steuerstrafrecht: BGHSt 53, 45[↩]
- BFH DStR 2009, 1636[↩]
- vgl. insoweit BFHE 219, 422 und 469, siehe auch BGHSt 53, 45[↩]
- vgl. insoweit BFH DStR 2009, 1636[↩]
- vgl. hinsichtlich §§ 17a ff. UStDV bereits BGHSt 53, 45[↩]
- BFHE 130, 118; BFH/NV 1996, 184; BFH BStBl II 1995, 515; BFH/NV 2001, 212[↩]
- BGHSt 31, 248, BGH wistra 1989, 190[↩]
- BGHSt 31, 248[↩]





