Lizenzzahlungen in der Zollprüfung

Die Zollbehörden können die Geschäftsunterlagen geschäftlich mittelbar an einer Einfuhr beteiligter Personen prüfen, um sich von der Richtigkeit der Angaben in der Zollanmeldung zu überzeugen oder die für eine zutreffende rechtliche Behandlung des Einfuhrgeschäfts erforderlichen Angaben zu ermitteln.

Lizenzzahlungen in der Zollprüfung

Mittelbar beteiligt ist ein Dritter, der eingeführte Waren (hier: Musik-CDs) von dem Importeur (oder einem zwischengeschalteten Dritten) erwirbt. Die Zollbehörden können bei ihm prüfen, ob er aufgrund entsprechender vertraglicher Vereinbarungen mit dem Exporteur (oder einem zwischengeschalteten Dritten) verpflichtet ist, für die Nutzung in der Ware verkörperter Urheberrechte an diesen Lizenzgebühren zu zahlen. Als Prüfungsanlass reicht dafür aus, dass nach der Lebenserfahrung für die Nutzung solcher Rechte ein Entgelt gefordert und seine Entrichtung ggf. mit Auswirkung auf den Zollwert der Ware gesichert zu werden pflegt.

Wie sich aus Art. 78 Abs. 1, Abs. 2 Sätze 1 und 2 ZK klar ergibt, können die Zollbehörden die Geschäftsunterlagen geschäftlich mittelbar an einer Einfuhr beteiligter Personen prüfen, um sich von der Richtigkeit der Angaben in der Zollanmeldung zu überzeugen. Das schließt selbstredend die Befugnis ein, eine solche Überprüfung mit dem Ziel durchzuführen, ggf. die für eine zutreffende rechtliche Behandlung des Einfuhrgeschäfts erforderlichen Angaben, sofern sie sich nicht aus der Zollanmeldung ergeben, zu ermitteln.

Der ; und vom 27.02.2007[1] entschieden, dass Lizentzahlungen bei der Zollwertermittlung zu berücksichtigen sind. Das bedarf hier keiner ins Einzelne gehenden Wiederholung. Es kommt nicht nur in Betracht, wenn das Einfuhrgeschäft unter einer entsprechenden Bedingung steht, sondern auch z.B. in dem Fall, dass dem Hersteller der CD das von ihm auf das betreffende Medium zu speichernde Tonmaterial als digital gespeicherte Daten unentgeltlich beigestellt wird, so dass der Wert einer solchen Beistellung dem Preis hinzuzurechnen ist. Es ist für die Notwendigkeit, die Höhe und die nähere Gestaltung der Verpflichtung zur Zahlung von Lizenzgebühren zu ermitteln, belanglos, ob bei den einzelnen Einfuhrgeschäften das eine oder das andere der Fall ist, weshalb es auch nicht etwa vorab durch eine Prüfung – bei einem Dritten C – aufgeklärt werden musste.

Sofern der Gedankengang des Finanzgericht dahin zu deuten sein sollte, dass es Zweifel hatte, ob überhaupt Lizenzgebühren für die CDs unter Umständen zu zahlen waren und gezahlt worden sind, die sich auf den Zollwert der CDs auswirken, wären auch diese verfehlt; denn eben dies sollte und durfte bei der Klägerin geprüft werden. Abgesehen davon wäre es wenig lebensnah, in Betracht zu ziehen, die Musikproduzenten und Inhaber der entsprechenden Urheberrechte hätten möglicherweise darauf verzichtet, dafür Sorge zu tragen, dass sie für die Verwertung ihrer urheberrechtlich geschützten Produkte ein Entgelt erhalten, was sie, wie auch dem Bundesfinanzhof bekannt ist, wenn nicht üblicherweise, so zumindest nicht selten durch die Verpflichtung zur Lizenzzahlung des im Unionsgebiet tätigen Vertriebsunternehmens und die rechtliche Verankerung dieser Verpflichtung auch in vorgeschalteten Geschäften sichern. Warum das bei den hier in Rede stehenden Geschäften -aus der Sicht der Zollverwaltung- hätte ausgeschlossen werden müssen, vermag der Bundesfinanzhof nicht zu erkennen. Es bedurfte deshalb auch -anders als die Klägerin meint- keiner vorgängigen Feststellungen bei C, dass die von dieser geschlossenen Verträge die Durchsetzung des Entgeltanspruchs des Urheberrechtsinhabers sichern. Jedenfalls stünde die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Prüfungsanordnung selbst dann nicht in Frage, wenn sich -wie die Klägerin offenbar geltend machen will- erweisen sollte, dass etwaige Zahlungen der Klägerin an die fraglichen Musikproduzenten auf Rechtsgründen beruhen, die es nicht -auch nicht im Wege einer pauschalierenden Durchschnittsberechnung und Schätzung- zulassen, sie Einfuhrwaren zollwertrechtlich zuzuordnen.

Es stand von vornherein fest, dass Lizenzgebühren von C nicht bei der Zollwertanmeldung berücksichtigt worden sind; jedenfalls hatte das Finanzgericht keine Handhabe, dies zu bezweifeln, und wollte dies offenbar auch nicht bezweifeln. Die streitige Prüfung konnte und sollte mithin dazu beitragen, dass bei C gegebenenfalls Zoll in zutreffender Höhe nacherhoben werden kann. Dass dies von vornherein ausschied, weil der für die von dem Prüfungsergebnis möglicherweise betroffenen Einfuhren entstandene Zoll aus rechtlichen Gründen (wie z.B. Fristablauf) nicht nacherhoben werden kann, hat die Klägerin zwar behauptet, das Finanzgericht aber nicht festgestellt.

Dass die angegriffene Prüfungsanordnung, wie das Finanzgericht weiter anführt, nicht den Zollbeteiligten, sondern einen dritten, an dem Einfuhrgeschäft nur mittelbar Beteiligten betrifft, dürfte dem Hauptzollamt bei Erlass seiner Prüfungsanordnung schwerlich entgangen sein. Welche rechtlichen Folgerungen es daraus hätte ziehen müssen oder was es aufgrund dieses Umstands konkret hätte erwägen und bei seiner Entscheidung berücksichtigen müssen, um den Anforderungen des Finanzgericht an die Ermessensausübung gerecht zu werden, vermag der Bundesfinanzhof dem Urteil des Finanzgericht freilich nicht zu entnehmen oder sich sonst zu erschließen. Eine Prüfung bei dem Zollbeteiligten selbst konnte jedenfalls nicht in Betracht kommen, weil dieser erfahrungsgemäß die Lizenzvereinbarungen nicht kennt und die Klägerin offenbar und verständlicherweise auch Wert darauf legt, dass sie ihm nicht offenbart werden. Dass deren Offenbarung notwendige Folge der Prüfungsanordnung wäre, trifft nicht zu, weil C als Nichtbeteiligter kein Recht auf Einsicht in die Prüfungsakten hat. Wie dem Bundesfinanzhof überdies ebenfalls aus den vorgenannten Verfahren bekannt ist, werden dem Einführer die Prüfungsergebnisse auch lediglich in einer das Amtsgeheimnis des Art. 15 ZK wahrenden (weitgehend anonymisierten) Weise offenbart.

Warum der Prüfungszeitraum nicht auf die Frist beschränkt ist, innerhalb derer für Einfuhren von C Eingangsabgaben nachträglich erfasst werden können, hat die Revision überzeugend erläutert.

Schließlich ist die angefochtene Prüfungsanordnung auch nicht etwa deshalb zu beanstanden, weil sie, wie das Finanzgericht offenbar annimmt, der Ermittlung rein „statistisch“ bedeutsamer Daten diente. Dass und unter welchen näheren Voraussetzungen die Lizenzgebühren, die in der Regel erst lange nach dem Einfuhrvorgang anfallen, nicht für jede einzelne Ware konkret ermittelt werden müssen, sondern im Wege einer nur ungefähren Schätzung nach Durchschnittswerten angesetzt werden dürfen, hat der Bundesfinanzhof in den eingangs genannten Urteilen schon entschieden. Die Ermittlung solcher Durchschnittswerte wird dadurch freilich nicht zu einer Ermittlung „statistischer“ Werte, sondern dient der Festsetzung der Zollwerte für konkrete Einfuhrvorgänge. Deshalb liegt auch der Einwand der Klägerin neben der Sache, es habe zunächst festgestellt werden müssen, welche CDs C überhaupt eingeführt hat, um dann für diese konkreten Waren die Lizenzzahlungen festzustellen. Dass eine solche Vorgehensweise in der Regel nicht möglich und infolgedessen auch nicht rechtlich geboten ist, ergibt sich aus den benannten Urteilen des Bundesfinanzhofs.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 28. Januar 2014 – VII R 17/12

  1. BFH, Urteile vom 04.07.2013 – VII R 56/11, ZfZ 2013, 271; und vom 27.02.2007 – VII R 25/06, BFHE 216, 459, ZfZ 2007, 124[]