Die befristete Auslandsentsendung – und das anwendbare Arbeitsrecht

Im Zeitraum einer befristeten Auslandsentsendung ist auf das Arbeitsverhältnis gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Verordnung (EG) Nr. 593/2008 (im Folgenden Rom I-VO) deutsches Recht anzuwenden.

Die befristete Auslandsentsendung – und das anwendbare Arbeitsrecht

So auch in dem hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall:

Das anzuwendende Recht bestimmt sich nach der Rom I-VO. Diese findet ausweislich Art. 28 Rom I-VO auf Verträge Anwendung, die nach dem 17.12.2009 geschlossen wurden. Mit dem Entsendungsvertrag vom 05.11.2015 haben die Parteien für die Zeit der Entsendung eine so umfangreiche Vertragsänderung vereinbart, dass diese der Sache nach im streitgegenständlichen Zeitraum zu einer Ersetzung der bisherigen, vor dem 17.12.2009 geschlossenen vertraglichen Vereinbarungen geführt hat[1].

Die Parteien haben in Nr. 10 Abs. 5 des Entsendungsvertrags eine wirksame Rechtswahl iSv. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 iVm. Art. 8 Abs. 1 Satz 1 Rom I-VO getroffen. Die Wahl des deutschen Rechts war nicht gemäß Art. 8 Abs. 1 Satz 2 Rom I-VO ausgeschlossen. Hiernach darf die Rechtswahl nicht dazu führen, dass dem Arbeitnehmer der Schutz entzogen wird, der ihm durch zwingende Bestimmungen des Rechts gewährt wird, das ohne Rechtswahl anzuwenden wäre. Auch ohne Rechtswahl wäre auf das Arbeitsverhältnis während der Zeit der Entsendung gemäß Art. 8 Abs. 2 Satz 1 Rom I-VO deutsches Recht anzuwenden gewesen.

Gemäß Art. 8 Abs. 2 Satz 1 Rom I-VO unterliegt der Arbeitsvertrag dem Recht des Staates, in dem oder andernfalls von dem aus der Arbeitnehmer in Erfüllung des Vertrags gewöhnlich seine Arbeit verrichtet. Dabei wechselt der Staat, in dem die Arbeit gewöhnlich verrichtet wird, nach Art. 8 Abs. 2 Satz 2 Rom I-VO nicht, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeit vorübergehend in einem anderen Staat verrichtet. Im Erwägungsgrund 36 Satz 1 der Rom I-VO hat der Unionsgesetzgeber ausgeführt, dass die Erbringung der Arbeitsleistung in einem anderen Staat als vorübergehend gelten solle, wenn von dem Arbeitnehmer erwartet werde, dass er nach seinem Arbeitseinsatz im Ausland seine Arbeit im Herkunftsstaat wieder aufnehme. Eine zeitliche Höchstgrenze ist dafür nicht vorgesehen[2].

Die Regelungen des Entsendungsvertrags sprechen eindeutig dafür, dass die Parteien davon ausgingen, die Arbeitgeberin werde den Arbeitnehmer nach dem Einsatz in T wieder in Hamburg beschäftigen. Nr. 1 des Entsendungsvertrags regelt eine Befristung der Entsendung, Nr. 3 sieht für etwaige Verlängerungen eine Höchstfrist von fünf Jahren vor und in Nr. 8 werden Regelungen zur Beschäftigung und zu einer etwaigen Verlängerung der Kündigungsfrist nach der Rückkehr des Arbeitnehmers getroffen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass er seine Tätigkeit in Hamburg nicht wieder aufnehmen wollte oder sollte. Vielmehr wurde er auch wie vorgesehen nach dem Ende der Entsendung dort wieder beschäftigt.

Engere Verbindungen zu einem anderen Staat iSv. Art. 8 Abs. 4 Rom I-VO weist das Arbeitsverhältnis im vorliegenden Fall nicht auf.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 7. September 2022 – 5 AZR 502/21

  1. vgl. EuGH 18.10.2016 – C-135/15 – [Nikiforidis] Rn. 35 ff.[]
  2. Deinert Internationales Arbeitsrecht § 9 Rn. 102; Staudinger/Magnus [2021] ROM I Art. 8 Rn. 109; MünchKomm-BGB/Martiny 8. Aufl. Rom I-VO Art. 8 Rn. 66; Ferrari IntVertragsR/Staudinger 3. Aufl. VO (EG) 593/2008 Art. 8 Rn. 22[]