Führt eine thermische Behandlung eines Naturphosphats allein nicht zur Herstellung des als Futtermittel verwendbaren Calciumphosphats, sondern bewirkt erst die Zuführung von Phosphorpentoxid und Natriumoxid die Veränderung der Kristallstruktur des Naturphosphats und damit die Entstehung des zu tarifierenden Endprodukts, so scheitert die Einreihung der Ware in die Pos. 3103 KN.

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union[1] und des Bundesfinanzhofs[2] ist das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln der KN festgelegt sind. Daneben stellen die vom Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens für das Harmonisierte System bzw. die von der Europäischen Kommission für die KN ausgearbeiteten Erläuterungen ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen dar.
Nach Anm. 3 Buchst. a Nr. 2 zu Kap. 31 KN gehören zu Pos. 3103 KN ausdrücklich nur natürliche Phosphate der Pos. 2510, die weitergehend thermisch behandelt wurden, als zum Entfernen von Verunreinigungen erforderlich. Die Pos. 2510 KN erfasst „Natürliche Calciumphosphate, natürliche Aluminiumcalciumphosphate und Phosphatkreiden“ und die dazu ergangenen Erläuterungen zum Harmonisierten System (ErlHS) zu Pos. 2510 KN präzisieren unter Rz 01.0 „Zu dieser Position gehören nur Apatit und andere natürliche Calciumphosphate …“. Nach der ErlHS zu Pos. 3103 KN Rz 08.0 erfasst diese Position nicht andere als die vorstehend aufgeführten Phosphaterzeugnisse (chemische oder andere).
Bei der Ware, die von der Klägerin zur Tarifierung gestellt wurde, handelt es sich weder um Apatit noch um ein anderes natürliches Calciumphosphat, das (lediglich) thermisch behandelt wurde. Laut Warenbeschreibung wird sie „aus Naturphosphat mit Apatitstruktur … unter Zusatz geringer Mengen Phosphorsäure und Soda hergestellt“. In der Revisionsbegründung erläutert die Klägerin, das Natriumphosphat werde in die Kristallstruktur des Apatit eingelagert, bei einer Glühtemperatur verbänden sich die Komponenten durch eine Festkörperreaktion. Und nach den Feststellungen des Finanzgericht, die –weil mit der Revision nicht angegriffen– für den BFH nach § 118 Abs. 2 FGO bindend sind, handelt es sich bei den in der Strukturformel des Hauptbestandteils der Ware CA5Na2(PO4)4 genannten Stoffen Phosphorpentoxid und Natriumoxid um Anteile am Endprodukt und nicht lediglich um bei der Herstellung eingesetzte Substanzen. Ob die Herstellung des Endprodukts auf eine chemische Reaktion oder eine thermische Behandlung zurückzuführen ist, ist demgegenüber nicht entscheidend. Denn der von der Klägerin eingehend beschriebene Prozess des (thermischen) Aufschlusses der Apatitstruktur ist untrennbar verbunden mit der Einlagerung von Natriumphosphat in diese Struktur und damit dem Entstehen der gewünschten, zur Verwendung als Futtermittel geeigneten nichtstöchiometrischen Verbindung. Das heißt, eine thermische Behandlung des Naturphosphats allein hat nicht zur Herstellung des zu tarifierenden Produkts geführt, sondern erst die Zuführung von Phosphorpentoxid und Natriumoxid hat die Veränderung der Kristallstruktur des Naturphosphats und damit die Entstehung des Endprodukts bewirkt. Daran scheitert die Einreihung der Ware in die Pos. 3103 KN. Denn es handelt sich um ein anderes als von der Beschreibung in Anm. 3 Buchst. a Nr. 2 zu Kap. 31 KN und in ErlHS zu Pos. 3103 Rz 05.0 erfasstes Phosphaterzeugnis und wird damit nach der ErlHS zu Pos. 3103 Rz 08.0 von der Pos. 3103 KN nicht erfasst. Die Auffassung der Klägerin, die in der Anm. 3 Buchst. a Nr. 2 zu Kap. 31 KN beschriebene „weitergehende thermische Behandlung“, welche zur Einreihung der natürlichen Phosphate in die Pos. 3103 KN führt, erfasse auch den Aufschluss der Apatitstruktur unter Einlagerung des Natriumphosphats, findet weder in der genannten Anmerkung noch in den ErlHS zu Pos. 3103 KN eine Stütze.
Da die Rechtmäßigkeit des Widerrufs der vZTA nicht davon abhängt, in welche Position der KN die Ware zutreffend einzureihen ist, lässt der Bundesfinanzhof im vorliegenden Verfahren offen, ob das zu tarifierende entfluorierte Calciumphosphat von der VO Nr. 2354/2000 erfasst wird und damit in die dort genannte Unterpos. 2309 90 97 KN, bzw. in die im Jahr 2007 geltende Unterpos. 2309 90 99 KN einzureihen ist.
Damit erübrigt sich auch eine Vorlage an den EuGH zur Prüfung der Vereinbarkeit der VO Nr. 2354/2000 mit den einschlägigen Positionen der KN.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 6. März 2013 – VII R 26/11








